Polizisten müssen oft Nerven aus Stahl haben – und als Gesetzeshüter genau wissen, wo ihre Grenzen sind. Wer eine rote Linie überschreitet muss damit rechnen auf der Anklagebank zu landen. Genau dort fand sich nun ein Polizist (60) aus Wien-Josefstadt wieder, der seit 40 Jahren im Dienst ist.
Der Beamte soll am 29. September 2024 plötzlich rot gesehen haben. "Er hat einem Häftling zwei Ohrfeigen verpasst", so die Staatsanwältin. Die Anklage lautete auf Amtsmissbrauch.
Alles begann am Franz Josefs Bahnhof in Wien. Ein Verdächtiger pöbelte dort Passanten an, verhielt sich aggressiv. Polizisten nahmen den Mann fest. Im Arrestwagen soll er den Kopf an die Wand geschlagen und randaliert haben. Auf der Polizei-Dienststelle verhielt er sich dann aber laut Zeugen ruhig. Der angeklagte Polizist soll ihm dennoch die Kappe vom Kopf geschlagen und dem Mann zwei Ohrfeigen verpasst haben – obwohl seine Arme mit Handschellen am Rücken fixiert waren. "Nein, das stimmt nicht", so der 60-Jährige. "Ich wollte nur eine Verletzung dokumentieren." Er bekannte sich "nicht schuldig".
Doch zwei Beamte widersprachen ihrem langjährigen Kollegen. "Ich habe gesehen, wie er ihm zuerst eine Watsche gegeben hat – und wenig später dann noch eine Zweite", sagte ein Polizist im Zeugenstand aus. "Mir war das sehr unangenehm, deshalb schrieb ich einen Amtsvermerk." Eine Anzeige folgte, der Fall kam ins Rollen.
"Nach der Ohrfeige hat der Festgenommene fast geweint", so der Polizist im Zeugenstand. "Er war schockiert und nicht aggressiv." Ein weiterer ehemaliger Kollege bestätigte am Dienstag vor Gericht den Übergriff. "Er hat ihm zwei Mal eine Ohrfeige gegeben." Ein dritter Zeuge konnte sich nicht genau erinnern.
Der Fall bot auch einen Einblick in den harten Arbeitsalltag der Wiener Polizisten – geprägt von Personalmangel und chronischer Überlastung. "Ich war schon zwölf Stunden im Dienst", so der Angeklagte. "Und habe dann von 19 bis 7 Uhr früh noch einmal 12 Überstunden gemacht." In Summe war der Beamte 24 Stunden nonstop im Dienst.
Eine Diversion lehnte der 60-Jährige im Vorfeld ab, er bekannte sich "nicht schuldig". Der Angeklagte wurde Dienstag "im Zweifel" freigesprochen. Die ihm vorgeworfene Tat könne ihm nicht zu hundert Prozent nachgewiesen werden, so der Richter. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab – nicht rechtskräftig!