Nur wenige Tage bevor sich das Parlament in die Sommerpause verabschiedet, kam es im Nationalrat zu hitzigen Debatten. Einerseits wurde die viel diskutierte Messengerüberwachung beschlossen – "Heute" berichtete – andererseits sorgte die FPÖ mit einem dringlichen Antrag zum WHO-Pandmievertrag für Aufregung.
Die Freiheitlichen befürchten nämlich einen Eingriff in die nationale Souveränität. Die Regierungsparteien und auch die Grünen würden den Vertrag mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aber todschweigen.
Die Corona-Pandemie habe Österreich massiv verändert, betonte Peter Wurm (FPÖ) in seiner Rede und führte unter anderem psychische Schäden bei Kindern und Jugendlichen an, die erste kürzlich durch die Anfragebeantwortung ans Licht kamen. Durch den WHO-Pandemievertrag werde das "Spiel international noch einmal hochgezogen". Wurm warf den vier anderen Parteien im Nationalrat vor, den dringlichen Antrag "mehr oder weniger" zu ignorieren und nichts aus der Pandemie gelernt zu haben.
Für Marie-Christine Giuliani-Sterrer (FPÖ) liegt der Grund, warum die Regierung der WHO weitere Befugnisse geben wolle, darin, dass die Gesundheitsministerin "keine Ahnung von Medizin" habe. Aus Sicht von Giuliani-Sterrer seien die Empfehlungen der WHO nur rechtlich Empfehlungen, faktisch aber verbindliche Handlungsanweisungen.
ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti erklärte hingegen, dass die WHO lediglich Vorschläge mache und Empfehlungen abgebe. "Was rechtsverbindlich ist in Österreich, entscheiden wir", so Marchetti. "Die Gespenster, die die FPÖ heraufbeschwört, gibt es nicht", entgegnete er der freiheitlichen Kritik. Darüber hinaus kritisierte er die zahlreichen Anfragen zum Thema Corona, die die Freiheitlichen eingebracht hatten – es handle sich dabei um eine "Copy-Paste-Politik" und eine "absolute Nicht-Leistung".
Laut Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) seien während der Pandemie sicher Fehler passiert. Der größte Fehler wäre aus ihrer Sicht aber gewesen, nichts zu tun. Um in Zukunft noch mehr richtig zu machen, brauche es internationale Kooperation. Die Souveränität Österreichs sei durch die Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO nicht beeinträchtigt, betonte sie. Die WHO könne nicht in innerstaatliche Entscheidungen eingreifen. "Es gibt kein WHO-Diktat", sagte Bogner-Strauß.
SPÖ-Abgeordnete Verena Nussbaum ward der FPÖ zudem vor, dass sie Krisen bewusst ausnutzen würden, um Unsicherheit und Angst zu schüren. Die Freiheitlichen würden seit Monaten "Angstkampagnen" gegen die Änderung der Internationalen Gesundheitsvorschriften führen, würden aber im eigenen Antrag nur von Anregungen und Empfehlungen der WHO schreiben.
SPÖ-Klubchef Philip Kucher teilte ebenfalls gegen die Blauen aus. Laut ihm würden sich bekannte Verschwörungstheorien mittlerweile im Programm der FPÖ wiederfinden.
Die "Corona-Platte" der FPÖ sei in den letzten Jahren ein "Kassenschlager bei Wahlen" gewesen, inzwischen reiche es damit aber langsam, meinte Yannick Shetty (NEOS) in Richtung der Freiheitlichen. Er sei der Letzte, der sage, dass die Vorgängerregierung keine Fehler gemacht habe, doch er unterstelle niemandem, dass diese vorsätzlich begangen wurden.
Von den Grünen brachte Ralph Schallmeiner (Grüne) ein Murmeltier mit ans Podium, denn "täglich grüßt das Murmeltier" bei der FPÖ und dem Thema Corona. Schallmeiner ortete ein "altbekanntes Schauspiel aus Falschbehauptungen, Panikmache und dem Schüren von Misstrauen". Die FPÖ wiederhole immer die gleichen Mythen und Scheinargumente, die alle bereits längst widerlegt seien. Die WHO könne nur Empfehlungen aussprechen, die Umsetzung liege in nationaler Hand, betonte auch Schallmeiner.