Auch wenn "Hobby Dogging" bei vielen nur für Kopfschütteln, Spott und Skepsis sorgt: Für Tierfreunde bringt dieser neue Freizeittrend auch Vorteile. Keine Hundesteuer, keine teuren Rechnungen vom Tierarzt, keine haarigen Teppiche. Kein Gekläffe, kein Gesabber, kein Geknurre. Und vor allem: Keine Gackerl, die man ins Sackerl packen muss. Denn das Besondere an diesem schrägen Trend ist: Der Hund existiert nur in der Fantasie.
Nach "Hobby Horsing", wo Erwachsene mit Steckenpferden durch den Parcours galoppieren, gibt’s jetzt laut NTV "Hobby Dogging": Hundetraining ohne echten Hund. Klingt wie ein Schmäh aus der KI-Hölle, schaut aber erstaunlich echt aus – oder vielleicht echt erstaunlich. In Bad Friedrichshall bei Heilbronn kann man nun mit unsichtbaren Hunden Gassi gehen – und das sogar unter professioneller Anleitung.
Die Kommentare im Netz dazu lassen nicht lange auf sich warten. "Egal, was die geraucht haben – ich will das Gleiche", schreibt ein User. Manche nehmen’s mit Humor ("Ich habe dem Hund sein Geschirr ausgezogen, jetzt finde ich ihn nimmer."), andere reagieren mit Unglauben und Ablehnung ("Die Welt wird immer bekloppter").
Hundetrainerin Barbara Gerlinger nimmt den Spott gelassen. Sie meint es ernst und bietet für "Hobby Dogging" eigene Kurse an – mit Hütchen, Hindernissen und einer ordentlichen Portion Fantasie. "Hopp! Hopp! Hopp", ruft die 65-Jährige, während ihre Teilnehmer mit verstärkten Leinen über kleine Stangerl springen. "Und loben!", mahnt Gerlinger. Die Teilnehmer tätscheln die Luft zu ihren Füßen und greifen nach imaginären Leckerlis in die Tasche. "Feeeein! Guuuut gemacht!" Fast meint man, das Hecheln zu hören.
Die robusten Leinen hat Gerlinger selbst gebastelt. "Es ist ein bisschen verrückt", gibt sie zu. "Aber was ist nicht verrückt? Wir leben in einer verrückten Welt." Die Idee zum "Hobby Dogging" sei im Vereinsheim bei einem Achterl entstanden, erzählt sie. Ein Witz, ein schneller Lacher – aber der Gedanke ließ sie nimmer los. Ihre Philosophie: Das Problem ist nie der Hund, sondern immer das andere Ende der Leine. Es geht um mentales Training, um Konzentration.
„Es ist ganz schön anstrengend, sich mal 20 Minuten auf was zu konzentrieren, was nicht da ist“
Oft, so Gerlinger, hören die Kursteilnehmer ihr mit echten Hunden gar nicht richtig zu. Mit Fantasie-Hunden sei man weniger abgelenkt. Wer sich den Hund nur vorstellt, muss auf sich selbst achten – auf Haltung, Stimme, Körperspannung. Für Gerlinger ist das auch eine super Vorbereitung für Hundeführer, bevor der echte Vierbeiner in den Parcours darf.
Gerlinger und ihr Sohn stellten ein paar Videos ins Netz – und die gingen ordentlich viral. Einer der Clips hat fast fünf Millionen Aufrufe. Sogar in den USA und Japan hat sich ihre Geschichte schon herumgesprochen. "Die sind doch alle nicht mehr sauber", lacht sie und verteilt die hundelosen Leinen an die Teilnehmer. "Du hast einen Rottweiler, nimm ein größeres Geschirr", ruft sie.
"Gute Maus, bist mein Schatz", lobt Anette Hilkert ihre unsichtbare Chantal. Das Boxerweiberl hat gerade brav neben ihr "Platz" gemacht. "Ich red' ja nicht nur mit der Leine. Der unsichtbare Hund soll einen Namen haben", erklärt die 61-Jährige aus dem Kreis Heilbronn. Chantal hieß auch ihr verstorbener Hund. Dass sie jetzt mit leerer Leine und Geschirr übers Gelände geht, macht für Anette Hilkert absolut Sinn.
Denn mit Chantal kann sie Trockenübungen machen, bevor sie dann Mottchen, ihren echten Hund, an die Leine nimmt. Keine Fehler, kein Stress – nur die Leine und ein bisserl Fantasie. Mottchen wartet währenddessen brav ein paar Meter weiter im Kofferraum – ob er zustimmend mit dem Schwanz wedelt oder nur den Kopf schüttelt, bleibt offen.