GPS-Tracker versteckt

Holz aus Nationalpark landete bei Austro-Konzern

Eine Rodung unter dem Vorwand der Borkenkäferbekämpfung sorgt in der Slowakei für Aufregung. Das Holz landete bei einem österreichischen Holzkonzern.
Nick Wolfinger
08.08.2025, 07:36
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Seit Jahren sorgen großzügige Abholzungsgenehmigungen in Nationalparks für Ärger bei Naturfreunden und Umweltschützern in der Slowakei. Die Bürgerinitiative "My sme les" ("Wir sind der Wald") hat sich daher gemeinsam mit Journalisten der Investigativplattform Denník N auf Spurensuche begeben, wer davon profitiert – und haben im Juni dieses Jahres GPS-Tracker in einigen Holzstapeln im Nationalpark Hohe Tatra versteckt.

Der 1949 gegründete Nationalpark Hohe Tatra (TANAP) in der Slowakei ist der älteste des Landes und seit 1992 zusätzlich als UNESCO-Biosphärenreservat geschützt. Forstwirtschaft im herkömmlichen Sinn zu betreiben ist dort also verboten. Rodungen dürfen nur im Rahmen der Schädlingsbekämpfung (Borkenkäfer) erfolgen. Das Holz darf dann als sogenannte "Kalamitätsware" verkauft werden. Seit Jahren wird jedoch kritisiert, dass die Nationalparkverwaltung zu großzügig mit diesen Genehmigungen umgehe.

Gerodete Fläche im Nationalpark Hohe Tatra im Juni 2025.
Denník N

Spur führt in Sägewerk von österreichischer Firma

Die Aktion erforderte viel Geduld und einigen der Geräten war bereits der Akku ausgegangen, als das Rundholz schließlich abgeholt wurde. Umso größer war dann die Überraschung, als einer der Tracker Anfang August endlich seinen Zielort erreichte. Denn obwohl slowakische Sägewerke seit Jahren darüber klagen, nicht an genügend Holz zu kommen, landete die Lieferung im 600 Kilometer entfernten Sägewerk Reci in Rumänien. Dessen Eigentümer: Der österreichische Holzkonzern HS Timber. Der Fall sorgt in unserem Nachbarland für einiges an  Aufsehen.

Der österreichische Holzkonzern HS Timber war bis 2019 als Holzindustrie Schweighofer bekannt. 2015 und 2016 wurde dem Unternehmen von NGOs wie Greenpeace und dem WWF vorgeworfen, durch den Einkauf von Holz aus Urwäldern in Polen und in Rumänien von deren Zerstörung zu profitieren. Von 2017 bis 2021 war dem Unternehmen aufgrund der Untersuchungen das FSC-Zertifikat entzogen worden. HS Timber hat die Vorwürfe stets bestritten und sieht sich nun auf bestem Weg, bis 2030 ausschließlich Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft zu verarbeiten.

Nationalparkverwaltung in der Kritik

Zwar gab es eine Genehmigung für die Abholzung in dem slowakischen Nationalpark, die angeblich der Bekämpfung des Borkenkäfers diente, doch gehe die Verwaltung des Nationalparks Hohe Tatra viel zu großzügig damit um, kritisiert "my sme les".

Sie dokumentiert seit Jahren die ihrer Ansicht nach unnötigen und übertriebenen Abholzungen in geschützten Waldgebieten der Slowakei und hegt den Verdacht, dass auch gesunde Waldflächen unter dem Vorwand der Schädlingsbekämpfung kahlgeschlagen werden, um Geschäfte mit dem Holz zu machen.

Besonders im Nationalpark Hohe Tatra werden seit Jahren Missstände kritisiert. Erst am 31. Juli musste der bisherige Nationalparkdirektor, Peter Olexa, ein verurteilter Wilderer, nach einer Reihe von Verfehlungen zurücktreten. Unter anderem war ihm die übertrieben teure Renovierung seines Büros vorgeworfen worden. "Peter Olexa hätte niemals Direktor unseres ältesten Nationalparks werden dürfen", begrüßt "my sme les" den Rücktritt.

GPS-Tracker versteckt

Im nun dokumentierten Fall stamme das Holz aus einem Schutzgebiet für Auerhühner mitten im Nationalpark. Gemeinsam mit Reportern der Investigativplattform Denník N versteckte man mehrere GPS-Tracker in Holzstapeln in einem Tal nahe der Grenze zu Polen. Die dort aufgefundenen Holzstapel waren teilweise so groß, dass die Reporter "mehrere Minuten" brauchten, um sie zu umrunden, beschrieben die Reporter in ihrer Reportage.

Für die Recherche wurden GPS-Tracker in Holzstapeln im Nationalpark versteckt und ihre Route verfolgt.
Denník N

Abholzung gefährdet Auerhühner

Mit der Genehmigung der Rodung in diesem Gebiet habe die Nationalparkverwaltung gegen Urteile des Europäischen Gerichtshofes zum Schutz von Auerhühnern verstoßen, beschreibt die Bürgerinitiative die Problematik in einer Medieninformation vom 21. Juli 2025:

„Im Jänner 2025 genehmigte das Umweltministerium das Auerhuhn-Schutzprogramm, das festlegt, an welchen Standorten keine Eingriffe vorgenommen werden dürfen. Die Verwaltung des Tatra-Nationalparks missachtet dieses Dokument und setzt die Slowakei Sanktionen der Europäischen Kommission in Höhe von Hunderttausenden Euro aus.“
Medieninformation von "my sme les", 21. Juli 2025mysmeles.sk

Außerdem sei beim Abtransport mit schwerem Gerät gegen das Forstgesetz verstoßen worden, da ein ganzes Bachbett und ein Teil des Waldbodens zerstört worden sei. Im Bachbett war zudem noch Tage später ein Ölfilm auf der Wasseroberfläche bemerkbar, wie Fotos von einem Lokalaugenschein vor Ort zeigen, die uns von Denník N zur Verfügung gestellt wurden.

„Das Holz wurde durch das Bachbett abtransportiert, was laut Forstgesetz verboten ist. Bei einer Inspektion des Standorts stellten wir fest, dass Öl direkt in den Bach ausgelaufen war.“
Aus der Reportage von Denník N4. August 2025
Ölfilm in einem vom Abtransport des Holzes schwer beschädigten Bachbett im Nationalpark Hohe Tatra, Juni 2025.
Denník N

Konzernsprecher: Slowakei "Niedrigrisikoland"

Angesprochen auf diese Vorwürfe hieß es aus der Unternehmenszentrale der HS Timber Group in Wien gegenüber "Heute", dass sich die Unternehmensgruppe "uneingeschränkt" dazu verpflichte, "Holz ausschließlich aus legalen und nachhaltigen Quellen zu beziehen." Ein umfangreiches Due-Diligence-System, Lieferantenerklärungen und zum Teil auch ein GPS-Tracking-System sollen das sicherstellen.

Auf Holzlieferungen aus slowakischen Nationalparks werde aber nicht grundsätzlich verzichtet, da die Slowakei hinsichtlich illegaler Abholzungen unter anderem von der EU-Kommission als "Niedrigrisikoland" betrachtet werde (anders als die "Hochrisikoländer" Rumänien und die Ukraine, aus deren Nationalparks seit 2018 grundsätzlich kein Holz mehr angenommen wird).

Zerstörter Waldboden nach dem unsachgemäßen Abtransport des Holzes im Nationalpark Hohe Tatra, Juni 2025.
Denník N
„Von den im Artikel von Denník N vorgebrachten Sachverhalten haben wir selbst erst durch den genannten Bericht Kenntnis erlangt. Wir nehmen diesen Artikel ernst, und haben – entsprechend unseres Sorgfaltspflichtsytems – umgehend ein Vor-Ort Audit durch einen unabhängigen externen Prüfer beauftragt und werden nach Vorliegen des Prüfungsberichtes entsprechende Schritte setzen.“
Johannes BergmannHead of Group Communication, HS Timber Group

Vorfall soll geprüft werden

Grundsätzlich sehe man die "Verantwortung für die Einhaltung der Holzgewinnungsvorschriften, einschließlich der Einhaltung von Umwelt- und Forstgesetzen, bei den Waldbesitzern und Holzgewinnungsunternehmen", heißt es in der uns vorliegenden schriftlichen Stellungnahme. Dennoch nehme man die Recherchen von Denník N "ernst":

{title && {title} } NW, {title && {title} } Akt. 13.11.2025, 15:22, 08.08.2025, 07:36
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