In den rumänischen Karpaten schlagen Harvester seit Jahren Schneisen in jahrhundertealte Wälder – oft illegal, mitten in Schutzgebieten. Zum Start der UNO-Klimakonferenz in Belém zeigt eine neue ARD-Reportage, wie Umweltaktivisten diese Rodungen unter Lebensgefahr dokumentieren.
Rumänisches Holz landet, wie NGOs in den letzten Jahren vielfach dokumentiert haben, häufig in Sägewerken österreichischer Firmen – und wird quer durch die EU gehandelt. Umweltschützer kritisieren daher in einer neuen Aussendung die Haltung von Österreichs Landwirtschafts- und Umweltminister Norbert Totschnig (ÖVP) deutlich.
Während NGOs wie WWF, Greenpeace und Agent Green Alarm schlagen forderte Totschnig (ÖVP) beim jüngsten EU-Umweltrat am 4. November einen Anwendungsstopp der Entwaldungsverordnung für ein Jahr sowie die Einführung einer "Null-Risiko-Kategorie" für Länder wie Österreich.
„Die EU-Entwaldungsverordnung ist zwar gut gemeint, aber schlecht gemacht. Sie soll die Entwaldung in jenen Ländern verhindern, wo sie stattfindet. In Österreich nimmt die Waldfläche aber jährlich zu. In ihrer derzeitigen Form ist die EUDR für unsere Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetriebe und die Lebensmittel- und Holzindustrie ein Bürokratiemonster, das nicht die Entwaldung bekämpft, sondern massiv die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft schwächt.“Landwirtschafts- und Umweltminister Norbert Totschnig (ÖVP)4. November 2025
Konkret würde das bedeuten: keine verpflichtende Risikoanalyse, keine Herkunftskontrolle des Holzes mit GPS-Tracking und keine Nachweispflicht für Lieferketten.
So profitiert Österreich von illegalen Rodungen in osteuropäischen Schutzgebieten
Das lässt bei Umweltschützern die Alarmglocken läuten. Nicht nur, dass sich Österreichs Regierung von vornherein einen Persilschein ausstellen will, was den Zustand des Waldschutzes in Österreich betrifft. Die Einführung einer "Nullrisiko-Kategorie" wurde umgehend auch von anderen Ländern für sich beansprucht – darunter ausgerechnet Rumänien.
Dabei zeigt eine an diesem Sonntag ausgestrahlte Reportage im ARD-Europamagazin detailliert, wie mitten in Schutzgebieten wie den Făgăraș-Bergen weiter großflächig Holz geschlagen wird. In Rumänien gibt es noch richtige Urwälder, die flächenmäßig in etwa so groß wie das Burgenland sind. Ihr intakter Mischwald ist ein gigantischer CO2-Speicher und leistet einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel. Doch die Baumriesen sind bedroht, denn knapp ein Drittel des Urwaldes wurde bereits gerodet.
"Am Beispiel Rumäniens zeigt sich, wie absurd diese Debatte ist", erklärt dazu Umweltaktivist Matthias Schickhofer in einer "Heute" vorliegenden Presseaussendung. Österreichs Linie, Länder pauschal als risikolos einzustufen, öffne ein gefährliches Einfallstor.
Wie real die Bedrohung ist, zeigt die ARD-Reportage: Forstingenieur Dan Turiga und Biologe Ion Holban kontrollieren verdächtige Abholzungsflächen in den rumänischen Karpaten mit Drohnen und Fernrohren. Sie arbeiten unter Lebensgefahr, fahren in getrennten Autos – weil sie schon mehrfach bedroht wurden.
Auf Satellitenbildern entdeckten sie eine Schneise in einem bis zu 200 Jahre alten Waldstück – angeblich eine "Notfällung". Vor Ort sahen sie jedoch nur gesundes Holz, gestapelt zur Abholung. Ein Teil davon lande im heimischen Verbrauch, der Rest werde gewinnbringend innerhalb der EU verkauft.
Forstingenieur Turiga erklärt, wie das System der "Holzmafia" funktioniert: Bäume würden als kaputt, trocken, oder abgestorben deklariert, um sie fällen zu dürfen. Tatsächlich sei das jedoch ein Vorwand, um Millionen von Kubikmetern gesundes, grünes Holz zu schlagen, wird er vom ARD-Europamagazin zitiert.
Turiga, der früher selbst bei der staatlichen Forstbehörde angestellt war, spricht von der "Mafia der grünen Kragen" - für ihn ein Ausdruck dafür, dass auch staatliche Stellen in illegale Praktiken verstrickt seien, wie es im ARD-Bericht heißt. "Wer diese Machenschaften aufdeckt und öffentlich macht, lebt gefährlich", so ARD.
Noch drastischer ist das Schicksal von Gabriel Paun, Chef der NGO Agent Green: Er überlebte vor zehn Jahren einen Mordanschlag, lebt heute im Exil in Österreich – und reist nur noch heimlich für maximal 72 Stunden nach Rumänien. "Die größte Angst des organisierten Verbrechens" sei, "dass die Wahrheit ans Licht kommt", zitiert ihn das Europamagazin.
Auf Facebook wirft er der rumänischen Regierung vor, die EU bewusst belogen zu haben: Man habe in Brüssel behauptet, Rumänien sei ein Null-Risiko-Staat – während am selben Tag ein Schutzwald abgeholzt wurde, berichtet er im ARD-Europamagazin.
Während die Motorsägen in den Karpaten weiter laufen, kämpft die EU nicht mehr nur um den Wald – sondern um die Glaubwürdigkeit seiner eigenen Regeln. Turiga hat bei der EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Rumänien eingereicht, da die bestehenden Waldschutzbestimmungen der EU nicht eingehalten werden. Genau jene Bestimmungen, die Österreich nun abschwächen will.