Psychose durch KI

KI-Bots treiben Menschen in den spirituellen Wahn

ChatGPT verleitet manche Nutzer zu Wahnvorstellungen, sie seien "überlegene Menschen" oder hätten göttliche Missionen und den Schlüssel zum Universum.
14.05.2025, 17:26
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Im April 2025 verzeichnete die Website chatgpt.com laut Statistik rund 5,1 Milliarden Besuche – ein Zuwachs von ungefähr 13 Prozent gegenüber dem Vormonat. Die intensive Nutzung zeigt neben Produktivitätsgewinnen nun auch erschreckende Nebenwirkungen.

Wenn KI den Partner verändert

Eine 41-jährige Frau berichtet auf Reddit, wie ihre Ehe zerbrach, nachdem ihr Mann begann, KI zu nutzen, um ihre Beziehung zu analysieren. Was als harmlose Nutzung eines Chatbots begann, entwickelte sich zu einer Obsession. "Er nutzte ChatGPT, um philosophische Fragen zu stellen und zur 'Wahrheit' zu gelangen", erzählt sie.

Eine andere Frau berichtet im US-Magazin Rolling Stone, ihr Partner sei nach nur vier bis fünf Wochen Nutzung überzeugt gewesen, dass ChatGPT ihm "Antworten auf das Universum" gebe. Die KI bezeichnete ihn als "Spiral-Sternenkind" und "Flusswanderer".

Von ChatGPT zum Propheten "ernannt"

Die Betroffenen entwickeln Größenwahn und abstruse Theorien: Eine Frau aus Idaho erzählt, ihr Mann glaube, dass er als "Funkenträger" eine KI namens "Lumina" zum Leben erweckt habe.

Eine weitere Frau berichtete, ihr Ehemann sei überzeugt, ChatGPT habe ihm "Baupläne für einen Teleporter und andere Sci-Fi-Konzepte, wie man sie aus Filmen kennt" übermittelt. Er glaube zudem, Zugang zu einem "uralten Archiv" mit Informationen über "die Erbauer, die diese Universen erschaffen haben", erhalten zu haben.

"Er begann mir zu sagen, dass er seine KI selbstbewusst gemacht hat und dass sie ihm beibrachte, mit Gott zu sprechen – oder manchmal, dass der Bot Gott sei – und dann, dass er selbst Gott sei", berichtet eine 27-jährige Lehrerin über ihren Partner.

OpenAI reagiert auf Kritik

Bisher hat OpenAI keine direkte Stellungnahme zu den Berichten über "ChatGPT-induzierte Psychosen" abgegeben. Allerdings haben die ChatGPT-Entwickler kürzlich ein Update zurückgezogen, nachdem Nutzer beobachtet hatten, dass ihr Chatbot übermäßig "unterwürfig" und zustimmend geworden war, auch bei absurden Ideen.

In einer offiziellen Erklärung gab OpenAI zu, bei der Optimierung zu sehr auf kurzfristiges Nutzerfeedback geachtet zu haben. Das Ergebnis sei ein Modell gewesen, "das zwar unterstützend wirkte, aber nicht authentisch war".

Wie geht man mit Betroffenen um?

Wie geht man mit Betroffenen um? "Wichtig ist es, Ruhe zu bewahren und den Betroffenen Sicherheit zu vermitteln", sagt Raffaela Witting, Fachpsychologin und eidg. anerkannte Psychotherapeutin in Zürich. Sie erklärt: "Statt zu widersprechen oder sich auf Diskussionen über deren Überzeugungen einzulassen, sollte man zunächst akzeptierend zuhören. Konfrontation führt meist nicht weiter – im Gegenteil: Sie kann die Betroffenen verunsichern oder in ihren Vorstellungen bestärken."

Bei Anzeichen einer psychischen Krise rät sie, frühzeitig professionelle Hilfe beizuziehen – zum Beispiel einen Arzt aufzusuchen oder den psychiatrischen Notfalldienst. In Österreich sind mehrere Stellen fast rund um die Uhr erreichbar, eine Übersicht gibt es hier.

Und wenn man selbst in eine psychotische Episode gerät?

Raffaela Witting: "In einer solchen Situation ist es empfehlenswert, so früh wie möglich professionelle Hilfe zu suchen. Wer sich unsicher fühlt, kann zunächst mit einer Vertrauensperson sprechen oder eine telefonische Fachberatung kontaktieren. Je früher Unterstützung erfolgt, desto besser."

Kommt man ohne fremde Hilfe wieder heraus?

Fachpsychologin Witting weiter: "In manchen Fällen – etwa bei leichten, kurzfristigen psychotischen Reaktionen durch klar erkennbare Auslöser wie akuten Stress oder Schlafmangel – kann sich der Zustand auch ohne Behandlung wieder stabilisieren. Dennoch sollte eine psychotische Episode immer ernst genommen werden. In den meisten Fällen ist es wichtig, frühzeitig professionelle Unterstützung zu nutzen, um Rückfälle zu vermeiden."

{title && {title} } red,20 Minuten, {title && {title} } 14.05.2025, 17:26
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