Seit Tagen halten FPÖ und ÖVP das Land am Schmäh. Erst mit einer 40-minütigen Farce-Sitzung am Freitag. Nachdem man unverrichteter Dinge ins Wochenende geglitten war, setzte man sich am Montag immerhin 90 Minuten zusammen.
Danach gab es Durchhalteparolen in Form von Stehsätzen. Inhaltlich sei es "weiter sehr hart" zugegangen, hieß es. "Die Stimmung war jedoch besser als am Ende der letzten Woche!", hielten Verhandler fest.
Schon am Dienstag jedoch drohe Blau-Schwarz der Kollaps: Ein hochrangiger ÖVP-Verhandler sagt: "Wir haben Punkte, die für die Volkspartei außer Streit stehen, in die Verhandlungen eingebracht. Diese wurden aber wieder nicht diskutiert."
Der FPÖ-Vorschlag für Ministerienverteilung:
FPÖ: Bundeskanzler, Kanzleramtsminister (Verfassung, Medien, Kultur, Deregulierung), Gesundheit/Sport, Soziales/Integration, Finanzen, Inneres
ÖVP: Vizekanzler, Äußeres mit EU-Koordinierung, Frauen/Familie/Jugend, Landwirtschaft/Umwelt, Wirtschaft/Energie/Arbeit, Bildung/Wissenschaft/Forschung, Infrastruktur, Landesverteidigung
Unabhängig: Justiz, Staatssekretär im Innenministerium für Nachrichtendienst DSN
Im Vordergrund stand neuerlich ein Tauziehen ums Innenministerium. Auch hier konnte man sich nicht einigen. Sowohl FPÖ als auch ÖVP beharren auf dem zentralen Polizei-Ressort mit Sitz in der Wiener Herrengasse. "Es ist völlig unvorstellbar, dass die Blauen beides bekommen – Finanz- und Innenministerium. Herbert Kickl muss seinen Machtrausch beenden."
Im Wahlergebnis hätten die beiden Parteien nur 2,5 Prozent getrennt, so der schwarze Grande: "Herbert Kickl kann also keine Alleinregierung bilden. Und da er einen Partner braucht, sei ihm ins Stammbuch geschrieben: Es heißt regieren und nicht dominieren!"
Die FPÖ gab sich tendenziell optimistischer, will jedoch von ihren Forderungen nicht heruntersteigen. "Asyl- und Migration war ein zentrales Wahlmotiv für uns. Das Innenministerium ist für uns daher nicht verhandelbar."
Doch die Koalition droht nicht nur an diesem Posten zu zerschellen. Auch inhaltlich sind – wie ausführlich berichtet – zahlreiche wichtige Themenfelder nach wie vor auf Rot gestellt. So etwa das nächste freiheitliche Wahlversprechen, die Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe, die Verlängerung von Wehr- und Zivildienst oder außenpolitische Themenkomplexe.
Für den in der ÖVP einflussreichen Wirtschaftsbund absolutes No-Go: Das blaue Rütteln an der steuerlichen Absetzbarkeit von Kirchenbeitrag und Spenden an gemeinnützige Organisationen. Dissens herrscht auch über Grenzzäune. Kickl will bekanntlich "sensible Grenzabschnitte mit Zäunen sichern". Da stimmt die ÖVP nicht zu. "Fußfessel für Risiko-Asylanten" hat noch Diskussionsbedarf. Der Punkt ist im 223-seitigen Geheimdossier auf Gelb gestellt.
Die nächste Krisensitzung soll zu Mittag in Wien beginnen. Hier trifft sich neuerlich die "Sechserrunde" der beiden Parteichefs Christian Stocker und Herbert Kickl samt ihrer engsten Vertrauten. Ist es schon die letzte derartige Zusammenkunft?
Dienstagfrüh hat Wiens mächtiger SPÖ-Bürgermeister der ÖVP neue Gespräche angeboten. Die Hand der Roten sei "weit ausgestreckt" ...