Mit "Kirby Air Riders" bringt Nintendo einen ungewöhnlichen Klassiker zurück - und das exklusiv auf der Nintendo Switch 2. Was früher ein Geheimtipp war, wird nun zum vollwertigen Rennspiel, das versucht, moderne Technik, nostalgische Elemente und Kirbys chaotischen Charme miteinander zu verbinden. Schon nach den ersten Minuten merkt man: Hier wird nicht einfach ein altes Konzept neu aufgewärmt, sondern konsequent weiterentwickelt. Das überrascht auch deshalb, weil man eigentlich keinen und schon gar nicht einen so guten Konkurrenten für das Nintendo-Switch-2-Abenteuer "Mario Kart World" erwartet hätte.
Das Herzstück bleibt die berühmte Ein-Knopf-Mechanik. Auf den ersten Blick ist alles simpel: Die Maschinen gleiten automatisch vorwärts, mit einer Taste bremst du, driftest und lädst deinen Boost auf. Doch genau hier liegt die Tiefe. Wer Kurven falsch einschätzt, verliert entscheidende Sekunden. Wer Boost und Drift nicht im Rhythmus beherrscht, wird von erfahrener Konkurrenz gnadenlos überholt. Zusätzlich kommen zwei moderne Ergänzungen hinzu: Ein Spin-Angriff mit dem Stick und eine Attacke, die sich im Rennen auflädt. Dadurch fühlt sich die Steuerung trotz Minimalismus zeitgemäß an - und überraschend anspruchsvoll.
Kirby ist im Spiel natürlich nicht allein. Die Auswahl an spielbaren Charakteren wächst deutlich an: Meta Knight gleitet schneller durch die Lüfte, König Dedede setzt seine brachiale Kraft ein, Bandana Waddle Dee punktet mit schnellem Boost-Aufbau. Zudem unterscheiden sich die gefahrenen und geflogenen Maschinen stärker als je zuvor. Manche schweben mühelos durch die Luft, andere preschen wie Raketen über den Boden. Das Experimentieren mit Fahrer-Maschinen-Kombinationen wird schnell zum eigenen Spiel im Spiel. Der zentrale Rennmodus "Air Ride" bietet indes 18 Strecken - modernisierte Klassiker und komplett neue Kurse.
Jede Strecke ist anders aufgebaut: mal weitläufig, mal labyrinthisch, mal mit schwebenden Abkürzungen. Die neuen Staffelrennen bringen zusätzliche Taktik ins Spiel, da Maschine und Fahrer nach jeder Runde wechseln können. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt: Online-Bestenlisten für die Zeitrennen fehlen. Wer seine Rekorde teilen will, muss dies ausschließlich lokal tun. "Top Ride" kehrt als chaotischer Top-Down-Modus zurück. Die Steuerung kann klassisch oder richtungsorientiert eingestellt werden, und bis zu acht Spieler gleichzeitig sorgen für pure Reizüberflutung. Die Items sind hier noch verrückter als in "Air Ride".
"City Trial" war schon im Original aus dem Jahr 2003 Kult - und jetzt ist es noch chaotischer. Du rast über eine große Insel, sammelst Power-Ups, wehrst Gegner ab und hoffst auf die richtigen Events. Über 40 zufällige Zwischenereignisse sorgen dafür, dass keine Runde wie die andere abläuft. Dazu zählt alles: Bosskämpfe, Mini-Rennen, Arena-Duelle, Überraschungspower-Ups. Nach einem Zeitlimit entscheidet eine Abstimmung oder Zufall darüber, welches Finale gespielt wird - Weitsprung, Derby, klassisches Rennen oder etwas völlig anderes.
"City Trial" ist damit der unberechenbarste, aber auch der süchtigmachendste Modus des Spiels. Wer allein spielt, wird im "Road Trip"-Modus durch eine Art Missionsreise geführt. Die Kombination aus Rennen, Mini-Events, Bossen und wechselnden Maschinen sorgt für viel Abwechslung. Auch wenn keine tiefere Geschichte erzählt wird, vermittelt der Modus erstaunlich gut die Mechanik hinter dem Spiel - und belohnt regelmäßig mit neuen Maschinen und Extras.
Lokal läuft das Spiel mit bis zu vier Spielern - allerdings sinkt die Bildrate dann auf 30 fps. Es bleibt gut spielbar, aber der Abstrich ist spürbar. Online sieht es gemischt aus: Alle Modi funktionieren auch im Internet, was löblich ist. Doch Couch-Koop mit mehreren Spielern auf einer Konsole wird online nicht unterstützt. Das sorgt dafür, dass gemeinsame Online-Abende in der Gruppe komplizierter sind als nötig. Immerhin: Der neue Rider-Pass mit personalisierbaren Symbolen, Farben und Sprüchen sorgt für Motivation beim Ranglisten-Klettern.
"Kirby Air Riders" schöpft die Power der Nintendo Switch 2 generell nicht vollständig aus, sieht aber sauber und flüssig aus. Die farbigen Welten, die schwebenden Strecken und die Designs der Maschinen liefern ein stimmiges Gesamtbild. Spielerische Klarheit stand offensichtlich über grafischer Pracht - und das tut dem Spiel gut. Die Musik bleibt typisch "Kirby": fröhlich, eingängig und kraftvoll. Besonders die neue Ansagerstimme verleiht den Rennen eine charmante Atmosphäre. Individualisierungen gibt es jede Menge - teilweise fast zu viel. Man kann HUD-Elemente verschieben, Farbfilter aktivieren, Maschinen optisch umbauen, Steuerung neu belegen und Wiederholungen speichern. Für Profis ein Traum, für Einsteiger etwas viel.
Über 750 Herausforderungen, freischaltbare Maschinen, Charaktere, Sticker und kosmetische Elemente sorgen dafür, dass Kirby Air Riders ein Spiel bleibt, das man immer wieder startet. Zusammen mit City Trial wird daraus ein langlebiges Rennspiel, das weit mehr bietet als einfache Fun-Rennen. Trotz seiner Stärken gibt es klare Schwächen. Die Lernkurve ist höher als erwartet. Manche Modi entfalten ihre besten Seiten erst nach mehreren Stunden. Der Online-Couch-Koop fehlt merkbar. Und die 30 fps im lokalen Vier-Spieler-Modus sind ein klarer Rückschritt.
Trotzdem überwiegen die positiven Aspekte deutlich - vor allem für Spieler, die Lust haben, sich auf das ungewöhnliche System einzulassen. "Kirby Air Riders" ist kein gewöhnlicher Fun-Racer - und das macht genau seinen Reiz aus. Mit seiner simplen, aber taktischen Steuerung, den vielfältigen Modi wie "Air Ride", "Top Ride", "City Trial" und "Road Trip", der starken Personalisierung und dem nostalgischen, aber modernen Design bietet es sowohl Fans des Originals als auch Neueinsteigern ein sehr reichhaltiges Erlebnis.
Wer geduldig ist, sich mit den Mechaniken auseinandersetzt und nicht nur auf schnelle Arcade-Rennen aus ist, bekommt ein Spiel, das langfristig motiviert. Der "City Trial"-Modus glänzt als Herzstück des Spiels, die Solo-"Reise" im "Road Trip" gibt einen hervorragenden Einstieg, und die Multiplayer-Komponenten - lokal wie online - liefern Spannung, auch wenn es ein paar Einschränkungen gibt.
Technisch macht das Spiel vieles richtig: stabile Performance, schöner Soundtrack, charmantes Design. Kritisch anzumerken sind die Lernkurve, die umfangreichen (deshalb unübersichtlichen) Einstellungen und die online-bezogenen Limitierungen. Für Fans von "Kirby" und ungewöhnlichen Rennspielen ist "Kirby Air Riders" eine herzerfrischende Rückkehr. Für Racer, die nur einfache Spaßrennen wollen, ist es vielleicht ein wenig zu komplex - aber gerade das macht es so besonders. Ein echter Switch 2-Exklusiv-Titel mit Charakter.