Zehn Jahre lang war Faika El-Nagashi auf mehreren Ebenen für die Grüne aktiv. Von 2019 bis zur Wahl im Vorjahr saß sie sogar im Nationalrat. Jetzt reicht es ihr. Sie trat nach schweren Verwerfungen aus der Ökopartei aus.
Im deutschen Magazin "Cicero" begründet die bekennende lesbische Feministin diesen Schritt in einem ausführlichen Gastbeitrag mit dem Titel "Wenn Frau-Sein zur Gefühlsfrage wird, können wir uns nicht mehr für Frauenrechte einsetzen".
Der Austritt sei keine leichte Entscheidung gewesen, sondern das "Ergebnis der Abkehr der Partei von den Grundhaltungen Demokratie, Pluralismus und Feminismus". Sie habe auch "schnell gelernt, dass es innerhalb der eigenen Partei Feindseligkeiten gibt", schreibt sie.
Begonnen habe die Eskalationsspirale dann vor drei Jahren mit Aussagen von ihr zum "Trans-Thema": "Ich versuchte, mit recht moderaten Worten, darauf aufmerksam zu machen, dass wir uns nicht mehr für Frauenrechte einsetzen können, wenn das Frau-Sein zu einer Beliebigkeit oder einer ,gefühlten Identität‘ wird. Dass der Zuwachs an Kindern und Jugendlichen, die sich als trans identifizieren, uns zu denken geben sollte – vor allem in Bezug auf ihre Behandlung und Begleitung."
El-Nagashi übt heftige Kritik an Social Media und anderen, die es als "brave and beautiful" ansehen, "wenn lesbische und schwule Jugendliche, die mit ihrem Anderssein hadern, das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht verlassen. Dass es grenzüberschreitend ist gegenüber Lesben, von ihnen zu verlangen, sich heterosexuelle Männer als Teil ihres Datingpools zu imaginieren – auch wenn diese sagen, dass sie Frauen seien."
Die Folge dieser Aussagen seien Online-Shitstorms, Aufforderungen nach Parteiausschluss und Mandatsentzug, ein Offener Brief gegen sie und Diffamierungen als rechts gewesen. Zudem hätten sich langjährige persönliche und politische Weggefährten von ihr distanziert, sie habe Droh-E-Mails bekommen. "Die Kreise zogen sich bis in mein persönliches Umfeld. Rückblickend weiß ich nicht, wie ich diese Zeit des vollumfänglichen Rufmordes hinter mich gebracht habe", schreibt die Ex-Grüne emotional.
„Rückblickend weiß ich nicht, wie ich diese Zeit des vollumfänglichen Rufmordes hinter mich gebracht habe.“Faika El-NagashiEhemalige Grün-Politikerin
Viele dieser Dinge hätten sich innerhalb ihrer eigenen Partei abgespielt. "Ich wurde intern mehrfach vorgeladen, erhielt Standpauken und Belehrungen. Mein Parlamentsklub warf mir Nähe zur Rechten vor." Besonders gegen sie agitiert habe ein "als trans identifizierter Mann" aus dem Vorstand einer Wiener Frauenorganisation. "Weder Parteigremien noch Führung haben sich distanziert."
Tiefpunkt sei dann im Frühjahr ein Ausschlussantrag gegen sie gewesen. Begründung: Verstoß gegen die grünen Grundwerte Selbstbestimmung, Gewaltfreiheit und Solidarität. Der Ausschluss erfolgte letztendlich zwar nicht. Es wurde aber eine "Entfremdung" zu den Grundwerten festgestellt. El-Nagashi selbst bezeichnet diese in dem Beitrag "angesichts aktueller Vorstöße der Partei nunmehr unüberwindbar".
Doch nicht nur die "unkritische Übernahme queer-aktivistischer Forderungen ins grüne Parteiprogramm" habe den Bogen überspannt. Dazu komme ein geplanter "Code of Conduct" der Wiener Grünen. Mit den darin vorgesehenen Maßnahmen sei dieser "Steuerungselement zur ideologischen Gleichschaltung".
„Eine Kurskorrektur ist nicht in Sicht.“Faika El-NagashiEhemalige grüne Nationalratsabgeordnete über die Linie ihrer früheren Partei
Daher bleibe ihr nur der Austritt. Der Beitrag schließt mit den Sätzen: "Eine Kurskorrektur ist nicht in Sicht. Ich würde sie den Grünen, wenn auch jetzt zum Abschied, wünschen."