Aus für Traditions-Truppe

"25 Jobs weg" – Demo gegen Sparmaßnahmen in Baden

Die geplante Umstrukturierung der Bühne Baden sorgt für heftigen Widerstand. Weiterhin von Jobverlusten bedroht sind die 25 Musiker des Orchesters.
Aram Ghadimi
06.10.2025, 06:30
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Baden ist derzeit in Aufruhr, denn es mehren sich Stimmen gegen die Auflösung des Orchesters der Bühne Baden – nun kam es auch zu einer ersten Demostration. Am Samstagvormittag versammelten sich Kritiker der geplanten Maßnahme der NÖ Kulturwirtschaft (NÖKU). Etwa 500 Personen protestierten am Hauptplatz gegen die Sparpläne.

Auch Badens ehemaliger Bürgermeister August Breininger meldete sich zu Wort: "Es kann nicht sein, dass ein Manager knapp vor der Pension (gemeint ist NÖKU-Geschäftsführer Paul Gessl, Anm.) etwas tilgt, das uns so viel wert ist. Das darf nicht passieren!" Breininger hofft, dass die politisch Verantwortlichen noch eine "Chance zur Korrektur" nützen.

„25 Leute entlassen: Das geht einfach nicht!“
Michael Capek (ÖVP)Kulturstadtrat in Baden

"Wir dürfen uns das nicht gefallen lassen!", sagte Schauspielerin Verena Scheitz in einem Redebeitrag. Solidarität mit den Betroffenen zeigten auch das Radiosymphonieorchester (RSO) und das Volksopern-Orchester, die in Teilen an der Versammlung am Hauptplatz teilnahmen.

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Wie der ORF berichtet, war auch das Tonkünstler-Orchester NÖ stark vertreten. Das Absurde daran: Geht es nach der NÖKU, sollen die Tonkünstler die Jobs in Baden übernehmen und künftig für die Bespielung der Bühne Baden verantwortlich sein.

Tonkünstler wollen nicht übernehmen

Nun sagt Tonkünstler-Betriebsratsvorsitzender Gunter Benedikt: "Niemand vom Tonkünstler-Orchester unterstützt diesen Plan. Das ist ein komplett falscher Ansatz, das geht sich nicht aus. Wir haben ohnehin genug zu tun."

"Optimierung der Musikbespielung"

Nichtsdestotrotz hielt der Geschäftsführer der NÖKU GmbH, Paul Gessl, zuletzt an der Kulturkürzungsmaßnahme fest. Vor rund 20 Jahren sei das ehemalige Stadttheater Baden in die NÖKU aufgenommen worden. Damals habe es geheißen, dass man sich die Förderbeiträge teile: Die Hälfte sollte das Land NÖ übernehmen, die andere Hälfte die Stadt Baden.

Nun sei ein "Optimierung der Musikbespielung in Baden" nötig, sagte Gessl und meint damit die Auflösung des Orchesters: Für den Betrieb der Bühne Baden sei 2024 ein Förderbedarf von etwas mehr als 8 Millionen Euro veranschlagt worden. Seitens der Stadt Baden wurden aber nur etwa 1,2 Millionen Euro übernommen. Nun will Gessl durch die Auflösung des Orchesters rund 1 Million Euro an Gehältern und sonstigen Kosten einsparen.

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Wiener Symphoniker: "Blankes Entsetzen"

Scharfe Kritik daran kommt auch von den Wiener Symphonikern. "Da wird einfach eine Lüge erzählt", sagt deren Betriebsratsvorsitzender Thomas Schindl. Unter den Symphonikern herrsche "blankes Entsetzen" wegen des Vorhabens der NÖKU. Das Ensemble der Bühne Baden auf diese Weise einfach vor vollendete Tatsachen zu stellen, sei "indiskutabel" und "letztklassig".

Die Betroffenen selbst geben sich kämpferisch: "Lassen wir das hier nicht geschehen!", rief Chorleiter Viktor Petrov in das Mikrophon. Und auch der Chefdirigent des Orchesters, Michael Zehetner, will den kulturpolitischen "Kahlschlag" nicht einfach hinnehmen.

Kritik von ÖVP-Kulturstadtrat

In das selbe Horn stößt Badens ÖVP-Kulturstadtrat Michael Capek: "25 Leute entlassen: Das geht einfach nicht!" Er sei gegen "Totsparen im Kulturbereich". Diese Einschätzung teilt auch die Grünen-Landessprecherin und bis vor Kurzem Vizebürgermeisterin in Baden, Helga Krismer: "Es reißt uns das Herz aus der Stadt heraus. Das Orchester der Bühne Baden muss bleiben!"

FPÖ kritisiert, Gewerkschaft sammelt Unterschriften

Protest kam im Vorfeld der Demo auch schon von den Freiheitlichen: "Hände weg von unserem Orchester!", schrieb Gemeinderat Gottfried Forsthuber in einer Aussendung im September. Im selben Monat sammelte die Kulturgewerkschaft younion, mit SPÖ-Politiker Christian Meidlinger an der Spitze, über 5.000 Unterschriften für den Erhalt des Orchesters.

Zur selben Zeit versuchte Badens ÖVP-Bürgermeisterin Carmen Jeitler-Cincelli die Wogen in ihrer Stadtgemeinde zu glätten und lud zu einem gemeinsamen Gespräch aller Beteilgten ins Rathaus. Sie hätte den "Willen zum konstruktiven Miteinander" und ein "positives Signal" vernommen, sagte sie damals gegenüber "Heute". Sie erwarte zumindest die soziale Absicherung der Betroffenen und wolle Gespräche auf Landesebene führen.

NEOS nur kryptisch

So richtig möchte niemand im politischen Spektrum Badens den "schwarzen Spar-Peter" zugeschrieben bekommen, weil er oder sie das Ende des beinahe 200 Jahre bestehenden Orchesters befürwortet. Selbst die Badener NEOS äußerten sich nur kryptisch und beschworen auf der Plattform Facebook die Verantwortung der Stadt.

NÖ hat Schulden-Problem

Und genau hier liegt ein Problem: Wie ein "Kassensturz" im Frühjahr zeigte, wuchs Badens Schuldenstand alleine im Vorjahr von 15,9 auf 19,6 Millionen Euro. Niederösterreichs Gemeinden sind massiv verschuldet. Und auch auf Landesebene wird das Minus immer größer. Derzeit liegt Niederösterreich Budget-Defizit für 2025 bei 630 Mio. Euro Neuverschuldung.

Zum Vergleich: 2023 lag das Defizit noch bei 137 Millionen Euro. Insgesamt ist Niederösterreich mit rund 9,6 Milliarden Euro so hoch verschuldet wie nie zuvor. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner kündigte wiederholt Sparmaßnahmen an und wollte zuletzt 300 Millionen Euro "in der Struktur" und "im System" finden.

{title && {title} } agh, {title && {title} } 06.10.2025, 06:30
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