Die aktuelle Auseinandersetzung um das Orchester der Bühne Baden schlägt immer höhere Wellen. Denn gegen die geplante Auflösung mit Ende der Saison 2026/27 regt sich immer mehr Widerstand. Während die FPÖ bereits lautstark politische Konsequenzen fordert, sprechen die Grünen von einem "schlechten Deal" für die Stadt. Seitens der ÖVP versucht man die Wogen zu glätten: Badens VP-Bürgermeisterin preschte vor und rief zum Dialog.
Geht es nach den Plänen der Niederösterreichischen Kulturwirtschaft GmbH (NÖKU), könnten die 25 Musiker der Bühne Baden bald durch externe Ensembles ersetzt werden. Der Aufschrei in der Kurstadt Baden ist groß, denn das Orchester blickt auf eine fast 200-jährige Geschichte zurück und war lange Zeit fixer Bestandteil des dortigen Kulturbetriebs.
Die Freiheitlichen fordern in einem Dringlichkeitsantrag im Gemeinderat, dass die Zahlungen der Stadt an die NÖKU an den Fortbestand des Orchesters gebunden werden, heißt es von FP-Stadtrat Gottfried Forsthuber: "Geld darf es nur geben, wenn das Orchester in seiner bisherigen Form weiterbesteht. Genau das haben wir im Dringlichkeitsantrag festgehalten."
Denn immerhin zahle die Stadt jährlich rund 1,3 Millionen Euro an die Theater Baden Betriebsgesellschaft, dazu 255.000 Euro für Kurkonzerte.
Die Stadt Baden sei mit 26 Prozent an der Theater Baden Betriebsgesellschaft beteiligt und leiste jährliche Zuschüsse von rund 1,3 Millionen Euro. Hier kämen noch 255.000 Euro für die Kurkonzerte hinzu. "Wird die Betriebspflicht (durch die NÖKU, Anm.) nicht erfüllt, können Zahlungen eingestellt oder der Mietvertrag neu verhandelt werden." Die Stadtgemeinde Baden habe die rechtlichen und finanziellen Hebel in der Hand.
Für FPÖ-Kultursprecherin Gabriele Gerstner steht fest: "Das Orchester ist nicht austauschbar. Es gehört zum Charakter der Bühne Baden." Sie sieht auch die Kurmusik in Gefahr, die historisch eng mit dem Tourismus der Stadt verknüpft sei.
"Wie unsensibel kann man sein, wenn man die herausragenden NÖ Tonkünstler verpflichtet, die Bühne Baden mit den Genres Musical und Operette zu übernehmen. Es gibt auch keine Heavy Metal Drummer, die auf Druck Jazz spielen", sagt Helga Krismer, Kultursprecherin der Grünen im Landtag und Badener Gemeinderätin.
Für Krismer ist das geplante Aus des Orchesters ein "schlechter Deal" für Baden – auch weil die Stadt mit 26 Prozent an der Betreiber-GmbH beteiligt sei: "Wenn die neue Stadtregierung keine Kurkonzerte mehr braucht, dann soll sie es öffentlich sagen", so die Grüne. Sie fordert jetzt ein Machtwort von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner:
"Die NÖKU GmbH hat einen überdimensionierten Fördervertrag mit dem Land NÖ, wie schon der Landesrechnungshof dargestellt hat, und zusätzlich Millionen auf der hohen Kante. Die Politik in Person der Landeshauptfrau muss endlich auf die Bremse steigen"
Der Geschäftsführer der NÖKU GmbH, Paul Gessl, reagierte umgehend – und zeigte sich "schockiert" über Aussagen der ehemaligen Vizebürgermeisterin Krismer. Seit über zwei Jahren sei sie über alle Schritte informiert gewesen, betont er. Bereits im Juni 2024 habe der Gemeinderat mit Zustimmung von Bürgermeisterin und Vizebürgermeisterin die strategische Neuausrichtung beschlossen.
"Das ehemalige Stadttheater Baden wurde 2006 als Landestheater in die NÖKU-Organisation aufgenommen. Die damalige notwendige Fördersituation war mit 50 Prozent Förderung Land und 50 Prozent Förderung Stadt Baden gegeben", erklärt Gessl und führt aus, warum aus seiner Sicht eine "Optimierung der Musikbespielung in Baden" nötig ist:
"Im Jahr 2024 war der notwendige Förderbedarf für den Betrieb der Bühne Baden 8,032 Mio. Euro." Davon habe des Landes NÖ 6,85 Mio. Euro übernommen, während seitens der Stadt Baden nur 1,182 Mio. Euro übernommen wurden – trotz Rekord-Kartenverkäufen: Damit sei "dokumentiert, dass die gesamt notwendigen Förder- und Entwicklungskosten durch den operativen Betreiber NÖKU" getragen wurden.
Badens Bürgermeisterin Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) versucht derzeit die Wogen in ihrer Stadtgemeinde zu glätten: Am 22. September lud sie alle Beteiligten zu einem ersten gemeinsamen Gespräch ins Rathaus – darunter Vertreter der NÖ Tonkünstler, der Bühne Baden sowie Personalvertreter.
Jeitler-Cincelli ist sich sicher: "Bei unserem Gespräch haben alle Beteiligten ihre Gesprächsbereitschaft und den Willen zum konstruktiven Miteinander signalisiert." Dieses "positive Signal" stimme sie sehr zuversichtlich.
"Wir haben es mit diesem Gespräch geschafft, Verständnis für die Situation des Gegenübers zu entwickeln und einen zielführenden Prozess einzuleiten. Ein Prozess, der von vielen weiteren Gesprächen und einer Kultur der Wertschätzung und Zukunftsorientierung getragen sein wird."
Klar sei für Jeitler-Cincelli aber auch: "Der Theaterstandort Baden muss in Qualität und Ausrichtung gesichert werden. Und auch unsere Kurkonzerte sollen erhalten bleiben." Wie und in welcher Form das gelingen könne, würden weitere Gespräche zeigen: "Wir erwarten uns zudem eine soziale Absicherung unserer Künstlerinnen und Künstler." Die ÖVP-Politikerin kündigte an, weitere Gespräche mit der Landespolitik führen zu wollen.
Das Rathaus stehe jederzeit als "Raum für Diskurs" bereit. Das zentrale Problem dabei: Ein "Kassensturz" im Frühjahr zeigte, dass Badens Schuldenstand alleine im Vorjahr von 15,9 Millionen auf 19,6 Millionen Euro gewachsen ist.
Gegenüber dem ORF sprach Jeitler-Cincelli im Februar von einer "dramatische[n] Situation" – eine Situation, die auch den Kulturbetrieb in der Stadtgemeinde bedroht.