Die Kult-Motorradmarke KTM ist wieder in den Schlagzeilen. Am Donnerstag kündigte der Chef des neuen indischen Mehrheitseigentümers Bajaj Auto ein hartes Sparprogramm an. Rajiv Bajaj sagte in einem Interview mit dem Sender CNBC TV18: „Die Gemeinkosten müssen um mehr als 50 Prozent sinken." Dem abgelösten KTM-Management wirft der Investor (800 Millionen Euro hineingepumpt) "Gier" vor.
Bei "Heute" meldete sich jetzt ein Michael L. (Name der Redaktion bekannt), er kennt den Betrieb von innen. L. zeichnet ein schockierendes Bild, es würden Bikes ausgeliefert, die nicht ganz funktionstüchtig seien: "Mit Leichen sind Motorräder gemeint, die zwar gefertigt werden, aber nicht ausgeliefert werden können."
Er beschreibt weiter, dass diese unfertigen Fahrzeuge im Lager landen würden, "weil wesentliche Komponenten fehlen, etwa Motorsteuergeräte, Drosselklappen oder andere elektronische Bauteile."
Das Problem liege – so der Insider – in der Zusammenarbeit mit Zulieferern, besonders mit den Großen: "Etwa mit Hitachi aus Japan. Diese liefern entweder nur gegen Vorkasse oder mit monatelangen Verzögerungen." Es folgen weitere harte Worte: "KTM ist für solche Konzerne schlicht zu klein, und nach der Insolvenz ist das Vertrauen ohnehin stark beschädigt."
"Heute" konfrontierte KTM mit diesen Vorwürfen. Dass es "Motorrad-Leichen" gäbe, wird heftig dementiert. Zu der angegebenen Problematik mit den Lieferanten heißt es aus der Konzernzentrale: "Es ist gängige Praxis, dass Lieferanten nach einer Insolvenz zunächst Vorauskasse verlangen. Mittlerweile liefert die Hälfte unserer rund 500 Lieferanten wieder ohne Vorauskasse. Diese Halbierung ist ein großer Erfolg und klares Zeichen, dass das Vertrauen zurückkehrt."
Unser KTM-Informant legt nach: "Wenn der Geschäftsführer öffentlich sagt, man kaufe 'wo es billiger ist, auch in China', ist das für österreichische Lieferanten ein Schlag ins Gesicht. Viele kommen sich dadurch schlicht als Idioten vor."
Um wieder einer der "führenden Marken weltweit" zu werden – so der Konter der Motorrad-Produzenten – gehöre auch, "regelmäßig zu analysieren, wo und wie wir Kosten sparen können – beispielsweise durch große Einkaufsgemeinschaften, mit denen etwa Versicherungsleistungen günstiger bezogen werden können."
Die eigentliche Katastrophe zeichne sich jedoch im Vertrieb ab, so der KTM-Insider: "Händler, mit denen man seit Jahren eng verbunden ist, berichten, dass sie längst auf Zweit- und Drittmarken umgestiegen sind, weil KTM kaum noch Umsatz bringt. Offiziell wird kommuniziert, man habe nur wenige Händler verloren, in Wahrheit leben viele inzwischen von anderen Marken."
Auch damit konfrontierten wir KTM. Aus der Zentrale heißt es, die Zusammenarbeit mit Händlern laufe vorbildlich: "Mit diesen stehen wir in engem Austausch und beziehen ihr Feedback aktiv in unsere Produktionsplanung ein, um künftig besser auf die Marktnachfrage reagieren zu können. Die Stärke von KTM – gerade im Vergleich zu asiatischen Herstellern – ist nach wie vor unser starkes Händlernetzwerk."
Es steht wie so oft Wort gegen Wort. Doch unser Informant zieht ein negatives Fazit: "Derzeit stehen wieder tausende Fahrzeuge herum, die nicht startfähig sind. Oder die werden ausgeliefert und stehen beim Händler herum."