Sexuelle und geschlechtsbezogene Belästigung ist in vielen Betrieben Alltag - das zeigt eine von der AK Niederösterreich beauftragte Studie, präsentiert beim Frauen-Forum 2025 in St. Pölten.
Demnach haben rund 6 von 10 Frauen geschlechtsbezogene Belästigung im Job erlebt, fast jede Zehnte war schon einmal von körperlichen Übergriffen betroffen. Weitere zehn Prozent der Frauen haben die Belästigung schon einmal an anderen beobachtet.
Dabei geht es um Anstarren (41 % der Frauen) oder sexistische Sprache (38 %). Mehr als 30 Prozent der Frauen berichten von unerwünschtem Körperkontakt, jede vierte Frau musste schon Bemerkungen mit eindeutiger sexueller Absicht über sich ergehen lassen. Häufig bleiben Vorfälle jedoch ohne Meldung, die Dunkelziffer gilt als erschreckend hoch.
Männer sind im Vergleich deutlich seltener in der Schusslinie der Übergriffe: 14 Prozent der Männer berichten davon, angestarrt zu werden, ebenso viele von sexistischen Witzen und Abwertungen. Von unerwünschtem Körperkontakt sind dagegen sechs Prozent der Männer betroffen. "Nur" jeder 25. Mann hat körperliche Übergriffe tatsächlich selbst erlebt oder beobachtet.
Die Studie zeigt auch, dass das Risiko für sexuelle Belästigung in männerdominierten Branchen (Technologie, Bauwesen, Wissenschaft) auffällig höher ist als bei Jobs mit einem hohen Frauen-Anteil. Gleichzeitig bewerten 35,3 Prozent der Frauen den Umgang im eigenen Betrieb als eher oder gar nicht wertschätzend.
"Wenn wir Frauen bestmöglich am Arbeitsmarkt integrieren wollen und wenn wir wollen, dass sie auch verstärkt in sogenannten 'Männerbranchen' Einzug halten, dann ist dafür eine entsprechende Arbeitskultur notwendig und ein Klima, das respektvoll, fair und wertschätzend ist", sagt AK NÖ-Präsident und ÖGB NÖ-Vorsitzender Markus Wieser.
Bist du von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen? Wende dich an die AK Niederösterreich, Arbeitsrechtsberatung, unter +43 5 7171 22000. Die AK bietet kostenlose Rechtsberatung, hilft bei Beweissicherung und Dokumentation, prüft Ansprüche nach dem Gleichbehandlungsgesetz, unterstützt bei innerbetrieblichen Schritten (z. B. Meldung, Betriebsrat, Fürsorgepflicht des Arbeitgebers).
Falls nötig, kann die Arbeiterkammer Mitglieder auch vor dem Arbeits- und Sozialgericht vertreten. Zusätzlich berät die Gleichbehandlungsanwaltschaft vertraulich & kostenlos (Hotline 0800 206 119).
Besonders brisant: Täter sind laut Studie meist männliche Kollegen. Jede dritte betroffene Frau nennt hier die eigene Führungskraft. Ein gutes Betriebsklima senkt die Vorfälle deutlich, zeigen die Studienergebnisse. Die Presseaussendung verweist zudem auf das jüngst in Kraft getretene "ILO-Übereinkommen 190".
Dieser weltweite Arbeitsstandard gegen Gewalt und Belästigung ist in Österreich seit dem 11. September 2025 in Kraft. Damit stehen Arbeitgeber weltweit in der Fürsorgepflicht, in kritischen Berufssituationen präventiv zu handeln.