Freisprüche Fall Anna

"Unqualifizierte Politker": Richter sauer über Kritik

Nach Kritik an Freisprüchen im Missbrauchsprozess um Anna-Sophia verteidigt Tirols OLG-Präsident Gosch die Justiz und erteilt Politikern eine Schelte.
Newsdesk Heute
06.10.2025, 15:24
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Nach den Freisprüchen für zehn Jugendliche am Wiener Landesgericht Ende September, die noch nicht rechtskräftig sind, ist viel Kritik am Urteil laut geworden. Jetzt hat Innsbrucks Präsident des Oberlandesgerichts, Klaus-Dieter Gosch, am Rande eines Pressegesprächs die Justiz verteidigt.

Er findet sachliche Kritik zwar in Ordnung, aber die Aussagen von "unqualifizierten Politikern" stoßen ihm sauer auf. Gosch betonte am Montag: "Wer Urteile kommentiert, verunglimpft und kritisiert, ohne den Inhalt zu kennen, der tut dem Rechtsstaat nichts Gutes." Besonders störte ihn, dass Politiker "massive Kritik an einem unabhängigen Urteil" geübt hätten.

Für Verschärfung des Sexualstrafrechts

Warum die Öffentlichkeit bei solchen Prozessen meist ausgeschlossen wird? Das diene vor allem dem Schutz der Opfer. OLG-Richterin und Mediensprecherin Claudia Hagen erklärte, dass nur der Richter – der nach dem Prozess auch bedroht wurde – den gesamten Akt kennt.

Die aktuelle Debatte um eine Verschärfung des Sexualstrafrechts sieht Gosch grundsätzlich positiv. Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) will das Zustimmungsprinzip "Nur Ja heißt Ja" umsetzen. Laut Gosch ist das zwar eine politische Frage, aber er persönlich befürworte "alles, was die sexuelle Freiheit und Autonomie stärkt". Das "Ja-Prinzip" würde er daher nicht von vornherein ausschließen, sondern "darüber nachdenken".

Auch zur geplanten Bundesstaatsanwaltschaft äußerte sich Gosch: Die Einrichtung sei "ein Schritt in die richtige Richtung". Dass an der Spitze ein Dreiergremium steht, hält er für "eine gute Lösung". Mit der reinen Bestellung durch den Nationalrat ist er aber nicht einverstanden. Er wünscht sich, dass unabhängige Personalsenate einen Vorschlag machen, wie es etwa bei der Bestellung von OGH-Präsident und Vizepräsident üblich ist. Der Nationalrat könnte dann aus diesem Vorschlag wählen. Wichtig ist für Gosch aber, dass nur Richter oder Staatsanwälte infrage kommen, weil diese die nötige Unabhängigkeit mitbringen.

Wenig Budget

In seinem Zuständigkeitsbereich, dem OLG-Sprengel für Tirol und Vorarlberg, will Gosch trotz knapper Kassen den Service für die Bevölkerung verbessern. Das gesamte Budget steckt er derzeit ins Personal. So kann er zwar alle offenen Stellen nachbesetzen, eine dringend nötige Aufstockung ist aber nicht möglich.

Die Arbeit wird immer mehr: Zwischen 2023 und 2025 gab es bei den Landesgerichten im Bereich der Insolvenzen einen Anstieg um 37 Prozent, bei den Strafsachen bis zu 23 Prozent. Auch die Zivilsachen sind um acht Prozent gestiegen. Gosch erklärt das einerseits mit der wirtschaftlichen Lage, andererseits mit mehr Planstellen bei Polizei und Staatsanwaltschaft: "Wenn viel ermittelt wird, landet es auch irgendwann bei uns."

Zusätzliche Aufgaben durch neue Gesetze machen die Situation nicht leichter. Gosch nannte etwa die neue Regelung bei der Handysicherstellung, die Veröffentlichungspflicht von OLG-Entscheidungen und das neue Informationsfreiheitsgesetz. Einen Ansturm auf die Gerichte gab es deswegen aber nicht: Seit Anfang September wurde nur eine Anfrage ans OLG gestellt.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 06.10.2025, 15:28, 06.10.2025, 15:24
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