Fall Anna-Sophia

"Dreckiger Abschaum" – Morddrohungen gegen Richter

Die Freisprüche von 10 Jugendlichen im Fall Anna-Sophia lassen die Wogen hochgehen. Der Richter wurde sogar bedroht, die Justiz verteidigt das Urteil.
André Wilding
03.10.2025, 07:45
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Zehn Jugendliche waren am vergangenen Freitag, 26. September, in einem aufsehenerregenden Prozess am Landl in Wien freigesprochen worden – ihnen waren sexuelle Handlungen mit einer damals Zwölfjährigen vorgeworfen worden. Die Entscheidung sorgte österreichweit für Empörung.

Bereits unmittelbar nach den Freisprüchen wurde ein Foto des vorsitzenden Richters gepostet, mit dem Text: "Das ist das Gesicht des Richters. Ich würde meine Kinder lieber nicht in seine Nähe lassen." Auch "dreckiger Abschaum" war zu lesen, heißt es am Freitag im Ö1-Frühjournal. Sogar Morddrohungen gegen den Richter gab es.

Angriffe "inakzeptabel"

Nun meldete sich das Wiener Oberlandesgericht (OLG) zu Wort und verteidigt die Justiz gegen die massive Kritik im Fall. "In einem Rechtsstaat ist die Richterschaft strikt und ausschließlich an das Gesetz gebunden", betont OLG-Präsidentin Lehmayer. Gerichtliche Entscheidungen dürften nicht von öffentlichem Druck, medialen Erwartungen oder persönlichen Wertvorstellungen beeinflusst werden.

Die Verhandlung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt – zum Schutz des Opfers. Dadurch hätten Medien jedoch keinen vollständigen Einblick in die Beweisführung erhalten. Laut Lehmayer führte das zu falschen Eindrücken und Fehlinformationen, die die Diskussion anheizten und sogar zu persönlichen Angriffen gegen den vorsitzenden Richter führten. "Solche Angriffe sind inakzeptabel", so die OLG-Präsidentin deutlich.

"Kein Raum für Falschinformationen"

Falsche Berichterstattung würden das Vertrauen in die Justiz und damit den Rechtsstaat gefährden. Vor allem in sozialen Netzwerken hätten sich laut OLG Spekulationen und persönliche Einschätzungen verbreitet, die den Fall Anna-Sophia (Anm. Name der Redaktion geändert) verzerrt darstellen. In mehreren Fällen sei es zu Drohungen gegen den vorsitzenden Richter und dessen Familie gekommen.

Lehmayer rief daher zu mehr Sachlichkeit in der Debatte auf und appellierte an Medien wie auch Öffentlichkeit: "Die Justiz misst dem Recht auf freie Meinungsäußerung und kritischem Journalismus größte Bedeutung zu. Aber Falschinformationen dürfen keinen Raum bekommen", stellte die OLG-Präsidentin unmissverständlich klar.

"Rote Linie überschritten"

In einem Rechtsstaat seien Richter strikt und ausschließlich an das Gesetz gebunden. "Sie schöpfen ihre Urteile nach sorgfältiger Würdigung ausschließlich auf Basis der in der Hauptverhandlung aufgenommenen Beweise. Öffentlicher Druck oder mediale Erwartungshaltungen haben ebenso außer Betracht zu bleiben wie andere sachfremde Erwägungen oder persönliche Wertvorstellungen", heißt es in einer Stellungnahme weiter.

Das Wiener Oberlandesgericht will nun rechtlich gegen die Hasspostings im Internet vorgehen. "Das werden wir auch, soweit wir das als Dienstgeber auch können, mit Löschungsanträgen mit 'Hass im Netz', Maßnahmen verfolgen", stellte Lehmayer am Freitag im Ö1-Journal unmissverständlich klar. Es seien "rote Linien" überschritten worden. Politisch hat Justizministerin Anna Sporrer bereits eine Reform des Sexualstrafrechts gefordert.

{title && {title} } wil, {title && {title} } Akt. 03.10.2025, 10:09, 03.10.2025, 07:45
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