Im Fall Anna-Sophia (Anm. Name der Redaktion geändert) startete am Donnerstag der Prozess gegen zehn weitere Peiniger der damals Zwölfjährigen, die das Mädchen in Wien-Favoriten monatelang missbraucht haben sollen. Die Verhandlung wurde für zwei Tage angesetzt - am Freitagnachmittag wurden schließlich die Urteile gegen die Angeklagten verkündet - und die kamen überraschend: Alle zehn Angeklagten wurden freigesprochen.
Paukenschlag im Prozess: Alle zehn Angeklagten wurden freigesprochen! In seinen Ausführungen sagte der Richter, es seien "Sachen in den Medien behauptet worden, die falsch waren, und auch genutzt wurden, um politische Forderungen zu befördern". Zudem wurden seitens des Gerichts die Opferaussagen angezweifelt und bei kontradiktorischen Einvernahmen der Tatverdächtigen kam es zu Widersprüchen.
In seinen Ausführungen ließ der Richter durchblicken, dass die Aussagen einer ehemaligen Freundin "mit ausschlaggebend waren", da "keine Rede von Zwang oder Nötigung" war. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die größtenteils arbeitslosen und teils wegen Gewaltdelikten vorbestraften "Talahons" waren zu Prozessbeginn im Gänsemarsch ins Landl marschiert - ihre Kapuzenpullis hatten sie sich dabei dicht übers Gesicht gezogen. Schulter an Schulter drängten sie sich danach auf die Anklagebank.
Gemeinsam wurde erst gekichert, dann wurden machohafte Ansagen gemacht, lieber nichts aussagen zu wollen. "Tsts" zischte einer der Jugendlichen kopfschüttelnd zum Richter, anstatt zu verneinen.
Mit Worten wie "Komm schon, mach doch" sollen die Halbstarken aus Wien-Favoriten die damals zwölfjährige Anna-Sophia zu Geschlechtsverkehr in Stiegenhäusern, Wohnungen und einem Hotelzimmer gedrängt haben, erklärte die Staatsanwältin.
"Sie sah keinen anderen Ausweg", so die erschütterte Anklägerin. Vor dem Saal zeigten die Beschuldigten schließlich, wie ernst sie die Sache nahmen: "Wir werden alle mit einem Freispruch rauskommen. Das werdet ihr schon sehen", tönten sie in Richtung Journalisten.
Von den zehn männlichen Angeklagten waren neun zum Tatzeitpunkt Jugendliche und mussten sich demnach wegen des Vergehens der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung verantworten. Bei zwei Angeklagten wurde das Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung angeklagt.
Auch das Verschaffen von Kindesmissbrauchsmaterial und bildlich sexualbezogene Darstellung einer minderjährigen Person wird den Burschen vorgeworfen. Drei mutmaßliche Täter konnten aufgrund von Strafunmündigkeit nicht angeklagt werden, traten aber als Zeugen auf.