"Ich war in meinem Berufsleben jahrelang im Management von Firmen, aber so etwas ist doch eine Unfähigkeitsbescheinigung" – Das sagt Helmut Hofmann, 90 Jahre alt, aus St. Andrä-Wördern. Im April flattert bei ihm Post von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) in den Briefkasten, mit einer Aufforderung ab jetzt jeden Monat 133,10 Euro extra zu zahlen.
"90-Jährige, wie ich, sind in der Regel wehrlos", beginnt Hofmann mit ruhiger Stimme gegenüber "Heute" zu erzählen: "Die allermeisten machen bei so etwas einfach einen Dauerauftrag und zahlen", sagt der studierte Jurist, der heute musikwissenschaftlich engagiert ist. Damals sei es noch gegangen, neben dem Jusstudium Klavier zu studieren, erinnert er sich.
All das ist lange her. Umso verwunderlicher erscheint es da, dass die ÖGK plötzlich im April eine Forderung an Hofmann stellt: "Am 15. April 2025 erhielt ich aus heiterem Himmel eine monatliche Beitragsvorschreibung von 133,10 Euro, als 'Zusatzbeitrag' für Versicherungsbeiträge meiner, seit 1967 mitversicherten, Frau."
Hofmann greift zum Hörer und ruft bei der ÖGK an. Nach einer Zeit in der Warteschleife, erfährt er von einem ominösen Brief, den er aber nie erhalten hat: "Ich wollte wissen, warum meine ÖGK-Beiträge nicht wie bisher von meiner pensionsauszahlenden Stelle einbehalten werden. Darauf hin erklärte mir ein freundlicher Beamter der ÖGK, dass diese damit nichts zu tun habe. Ich müsste im Vorjahr einen Fragebogen bekommen haben, aus dem hervorginge, ob eine Verpflichtung zu zusätzlichen Beiträgen bestünde."
So einen Fragebogen, sagt Hofmann, habe er nie bekommen: "Mag vielleicht daran gelegen haben, dass ich umgezogen bin." Da Hofmann angab, einen solchen Fragebogen nie bekommen zu haben, habe der Beamte am anderen Ende der Leitung gefragt, ob seine Frau "über einen Zeitraum von mindestens 4 Jahren mindestens 2 Kinder betreut hat. Als ich bejahte, fragte er, ob ich das urkundlich nachweisen könne."
"Meine Frau und, ab ihrer Geburt, auch unsere beiden Kinder, waren bei mir mitversichert. Entsprechende Unterlagen müssten doch bei der ÖGK aufliegen", sagt Hofmann dem Mitarbeiter. Das müde Lächeln, das auf diese Aussage folgte, habe er über die Stimmlage des Beamten sogar am Telefon gehört. Man habe keine Unterlagen mehr aus den 1970ern, schallt es dem Pensionisten entgegen.
"Wie komme ich jetzt dazu?", fragt sich der 90-Jährige, beschließt aber sich nicht einfach so kleinkriegen zu lassen. "Vermutlich haben sie sich gedacht, der alte Trottel macht sicher einen Dauerauftrag", scherzt Hofmann im Gespräch mit "Heute".
Er wisse um die desaströse finanzielle Lage der unter Sebastian Kurz fusionierten Kasse, sagt Hofmann. 1960 sei er in einer leitenden Position beim staatlichen Österreichischen Credit-Institut gelandet, später habe er als Manager betriebliche Abläufe verbessert: "Daher weiß ich, seit der Kassenfusion läuft alles schlecht. Bei der ÖGK ist höchster Entbürokratisierungsbedarf vorhanden, der zu stillen wäre, bevor man darangeht, die Versicherten derart zu schikanieren", sagt Hofmann.
Es habe nicht einmal einen Erlagschein gegeben, stattdessen aber einen QR-Code mit dem Hinweis: "Anstelle eines Erlagscheins erhalten Sie untenstehende Einzahlungsinformation als Hilfestellung für die Zahlung von Beträgen an die Österreichische Gesundheitskasse."
"Heute" wollte von der ÖGK wissen, wie sie den Fall sieht. Doch bis Redaktionsschluss war kein Statement zu bekommen. Man müsse sich den Fall im Detail ansehen, hieß es seitens einer Sprecherin.
"Es darf doch nicht sein, dass die nun zusammengelegten Krankenversicherungen aufs Geratewohl Beitragsbescheide ohne Prüfung der Voraussetzungen erlassen, nur weil sie ihre dafür maßgeblichen Unterlagen nicht mehr auffindet oder vernichtet hat", sagt Hofmann weiter.
Man könne von einem 90-Jährigen nicht erwarten, dass er in seinen Unterlagen noch Daten vorfindet, ein halbes Jahrhundert alt, aus denen sich maßgebliche Vorgänge zur Beitragspflicht erschließen lassen. "Das sind doch Daten, welche die ÖGK selber archiviert bzw. gespeichert haben müsste", argumentiert Hofmann: "Ich frage mich, wie wohl Neunzigjährige ohne juristische Vorbildung, ohne im Besitz entsprechender intellektueller Energie zu sein, auf eine solche Beitragsvorschreibung reagieren."
Hofmann gibt sich aber nicht geschlagen: "Mit einer Polizze meiner privaten Krankenversicherung aus den Sechzigerjahren, auf der meine Kinder und meine Frau aufscheinen, hat sich die ÖGK dann zufriedengegeben", so Hofmann, der schließlich, wie er sagt, "ein Storno über den Zusatzbetrag der beitragspflichtigen Mitversicherung erhalten" hat.