"Ich wusste ja gar nicht, dass es sowas wie eine Fahrradpolizei in Österreich gibt!", ärgert sich Armin B. (Name von der Redaktion geändert). Vor zwei Jahren, genau am 4. Mai 2023, war der Wiener (65) mit dem Auto in der Bahnstraße in Brunn am Gebirge unterwegs, als er zwei dunkel gekleidete Radfahrer hinter sich bemerkte.
Er schaute immer wieder in den Seiten- und Rückspiegel, bemerkte, wie die Biker immer näher auffuhren.
B. gegenüber "Heute": "Dann hab ich auch gesehen, wie die mit den Armen winken und auch noch herumschreien, während sie mich noch immer verfolgten. Das hat mir schon Angst gemacht, da wollte ich keinesfalls länger bleiben und fuhr davon." Der Autolenker sieht kein Falschhandeln seinerseits, wie er nochmals gegenüber "Heute" betont.
"Ich bin vorschriftsmäßig 40 Stundenkilometer gefahren, hab auch sonst nichts angestellt. Ich hab' damals nicht angehalten, um einen Konflikt zu vermeiden. Ich habe durchaus eine mögliche Gefährdung meiner Person durch die aggressive und schreiende Fahrweise der Radfahrer für möglich gehalten und an Randalierer gedacht. Ja, ich habe die beiden Radler schreien gehört. Aber es war kein deutlich vernehmbares Geschrei, ich hab keine Worte verstanden."
Der Fahrer des grauen Opel ließ sich von den vermeintlichen Rowdys nicht unterkriegen und fuhr ohne Anhalten weiter zu seinem nächsten Termin. Irgendwann hatte er auch die Radler abgehängt. Was Herrn B. nicht bewusst war: Bei den beiden Radfahrern handelte es sich um behördliche Fahrradpolizisten in Uniform.
Just drei Wochen nach der kuriosen Radfahrer-Verfolgung – Herr B. hatte den Fall längst vergessen – flatterte ein Brief bei ihm zu Hause ein: eine Strafverfügung, ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Mödling.
Sechs Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung werden ihm vorgeworfen, alle sechs Tatbegehungszeiten liegen am selben Tag auf derselben Straße in Brunn zwischen 15:25 und 15:26 Uhr vor. Vier Verstöße beziehen sich auf das Ignorieren der beiden Streifenpolizisten (die er nicht erkannt haben will). Er hätte die Geschwindigkeit verringern und auf Polizeiwunsch rechts ranfahren müssen. Zwei Verstöße betreffen das Übertreten der gedachten Mittellinie auf der Straße.
Dem habe Armin B. nicht Folge geleistet: "Das Nichterkennen von der Polizeiuniform ist kein Strafaufhebungsgrund, hat das Gericht mir dann gesagt. Wie schon gesagt, ich wusste nicht, dass es eine Fahrradpolizei für Autofahrer gibt. Und dass die so normal und unauffällig angezogen sind – mit Sonnenbrille und Handschuhen. Die Polizei-Aufschrift am Rücken von der Uniform sehe ich ja nicht, wenn die Polizisten mir nachfahren."
In einem Schreiben an Armin B. heißt es vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich: "Der Beschwerdeführer hat den ihm zur Last gelegten Sachverhalt lediglich unsubstanziert bestritten und die Missachtung der Anhaltezeichen damit begründet, dass er die ihn verfolgenden Radfahrer nicht als Polizeibeamte erkannt und deren Versuche ihn anzuhalten nicht auf sich bezogen hätte. Diese Verantwortung erscheint im Lichte der Aussagen der beiden Zeugen aber wenig glaubwürdig(...)"
Wie Armin B. gegenüber "Heute" schildert, zeigte er vor Gericht, dass vier der sechs ihm vorgeworfenen Delikte in der selben Minute, an den angegebenen Tatorten über 600 Meter verteilt rechnerisch widersprüchlich seien: "Die Angabe der vier Tatzeiten innerhalb von nur einer Minute über die angegebene Strecke wurde vor Gericht meinerseits rechnerisch klar widerlegt."
Aus allen sechs Ordnungsverstößen ergibt sich eine Gesamtstrafe von 380 Euro – oder eine Ersatzfreiheitsstrafe von 174 Stunden. Armin B. hat daraufhin Einspruch erhoben, der Fall landete vor Gericht. Jetzt, zwei Jahre später, bekam er den letzten Schlag in die Magengrube.
Seine Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen, er müsse die Kosten des (zu seinen Ungunsten verlaufenen) Beschwerdeverfahrens zahlen. Addiert macht das eine Gesamtsumme von stolzen 516 Euro, die B. für die zwei Minuten im Jahr 2023 zahlen muss.
"Ich hab ja nichts angestellt, ich bin nicht zu schnell gefahren, hab nicht randaliert, gar nichts. Ich hatte einfach Angst um meine Person. Und das ärgert mich noch immer, auch wenn ich es versuche zu verdrängen. Ich fühle mich wie ausgeraubt auf offener Straße, jetzt mit 500 Euro weniger in der Tasche. Und ich sehe da schon Kalkül. Ich habe sechs Strafen bekommen für zwei Minuten Autofahrt über 600 Meter. Und jede Strafe kommt auf 50 oder 70 Euro. Weil jeder einzelne Betrag so gering ist, unterstützt mich auch die Rechtsschutzversicherung nicht. Wären diese sechs Verstöße als ein Vergehen mit größerer Summe gewertet worden, wäre ich schon unterstützt worden."
Mit seinem Schicksal will Armin B. auf die Fahrradpolizei aufmerksam machen. Er rät jedem, sich Bilder der Sommer- und Winteruniform anzusehen, von vorne und hinten. Nur so könne Bewusstsein für die Fahrradpolizei geschaffen werden.