"Das ist Diebstahl"

Wegen KI: Politiker wollen die Musikbranche retten

Die KI-Band The Velvet Sundown erreicht Millionen. Das Problem: Künstliche Intelligenz (KI) benutzt Inhalte von Musikern, ohne dafür zu bezahlen.
15.08.2025, 19:34
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Rock, Pop oder Hip-Hop? Wer will, kann mittels künstlicher Intelligenz (KI) nach seinem Gusto einen Song erstellen – und das überraschend gut. So erreichte die Band The Velvet Sundown mit KI-generierten Songs ein Millionenpublikum auf Spotify. KI-Systeme werden mit menschlichen Werken trainiert, ohne die Künstlerinnen und Künstler dafür zu honorieren. Musikschaffende sind besorgt über diese Entwicklung.

Weitere KI-Bands erreichen ein Millionenpublikum

Die Band The Velvet Sundown ist dabei nicht die einzige KI-Band, die mit KI-Songs auf Aufmerksamkeit stößt.

So erreichen auch KI-Bands wie Nick Hustles oder Aventhis auf Spotify und YouTube ein Millionenpublikum: Mit dem Song "Mercy on my Grave" im Blues-Stil erreicht Aventhis rund 3,5 Millionen Hörerinnen und Hörer auf Spotify.

In den Kommentaren zeigen sich Fans begeistert: "Das muss weltweit gehört werden, denn es ist unglaublich selten, Texte so zu fühlen. Absolut unglaublich", schreibt ein YouTube-User. Der Kommentar gehört zu den beliebtesten Reaktionen.

Um Künstler, Musik- oder auch Medienschaffende besser zu schützen, will die Schweizer FDP-Ständerätin Petra Gössi jetzt die Urheberrechte stärken: "Künftig sollen KI-Systeme den Zugriff auf urheberrechtlich geschützte Inhalte entgelten, wie das beispielsweise auch beim Kopieren einer Buchseite mit dem Kopierapparat der Fall ist", sagt sie. Der Vorstoß wird vom Bundesrat unterstützt und wurde im Ständerat bereits angenommen. Diese Woche entscheidet nun die zuständige Nationalratskommission.

Bis 10 Milliarden: So hoch sind die vermuteten Einbußen wegen KI

Eine Studie der Internationalen Konföderation der Gesellschaften für Autoren und Komponisten (CISAC) kommt zum Schluss, dass bei keinen Regulierungen im Bereich KI Musikschaffende auf zwei Ebenen Verluste erleben werden: einerseits den Verlust von Einnahmen durch die nicht honorierte Nutzung ihrer Werke, andererseits durch die Verdrängung traditioneller Einnahmequellen durch die Konkurrenz mit KI-generierten Inhalten.

Die Studie geht zwischen 2024 und 2028 global von einem Verlust für Musikschaffende von insgesamt 10 Milliarden Euro aus. Die Einnahmen von Musikschaffenden würden dabei um 24 Prozent sinken.

"Wer will Kreatives erschaffen, ohne dafür bezahlt zu werden?"

Petra Gössi erzählt: "Bei einem Anlass wurde live aufgezeigt, wie Chatbots auf Online-Zeitungsartikel mit Bezahlschranken zugreifen können." Auch von Songs oder Videos lernen KI-Systeme. Für die Schweizer Musik-, Film- und Medienbranche sei diese Entwicklung "gewaltig und brandgefährlich". Denn: "Wer will für Inhalte bezahlen, wenn diese auf ChatGPT & Co. in abgeänderter Form gratis verfügbar sind?" Und gleichzeitig: "Wer kann Kreatives erschaffen, ohne dafür bezahlt zu werden?"

Mit ihrem Vorstoß will die FDP-Frau aber keineswegs die Innovation hindern. KI-Bands wie The Velvet Sundown findet Gössi durchaus spannend: "Die Möglichkeiten von KI sind groß und die Schweiz als Innovationsmeisterin kann vorne mitspielen." Wie alle anderen sollen aber auch KI-Unternehmen für das Kopieren geschützter Inhalte bezahlen: "Geistiges Eigentum ist wichtig und viel wert!"

KI-Produkte dürfen nicht "Markt abräumen"

Auch für Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt ist ein besserer Schutz der Urheberrechte zwingend nötig. Für den Präsidenten der "Parlamentarischen Gruppe Musik" steht dabei die Musikbranche im Vordergrund: KI-Unternehmen würden durch die Verwendung von geistigem Eigentum und der menschlichen Kreativität Gewinne ziehen. Für Musikschaffende bliebe hingegen einzig mehr Konkurrenz.

Verwertungsgesellschaften unterstützen Vorstoß

Zusammen mit den Verwertungsgesellschaften Swissperform, SSA, Suissimage und ProLitteris unterstützt die Suisa die Motion Gössi. Diese fordere "konkrete und dringend benötigte Konkretisierungen" im Urheberrecht.

Die Suisa ist die Genossenschaft der Komponisten, Textautoren und Musikverleger der Schweiz und Liechtensteins: Sie schreibt in einer Mitteilung zum Ständeratsentscheid: "Die jüngsten technologischen Errungenschaften im Bereich KI gehen mit der Unterwanderung urheberrechtlicher Grundprinzipien einher." Zwar anerkenne der Bundesrat die Tatsache, dass KI-Systeme häufig mit geschützten Werken trainiert werden – ob dies erlaubt sei, bleibe jedoch unklar.

KI für die Musikbranche bringt auch Vorteile: "Viele Songs entstehen in einem Pingpong zwischen Songwriter und KI", betont Müller-Altermatt. Dennoch werde es problematisch, wenn "reine KI-Produkte" als Trittbrettfahrer den Markt abräumen. Sowieso: "Gäbe es nur solche Bands, würde die Musik nicht besser, sondern immer plumper." Schließlich brauche Musik – KI hin oder her – immer die menschliche Kreativität, betont der Mitte-Politiker.

Estelle Revaz (SP): Bei KI handelt es sich um "regelrechten Diebstahl"

SP-Nationalrätin und Cellistin Estelle Revaz geht noch weiter und sagt: "Was mit der KI geschieht, ist dramatisch, denn es handelt sich um regelrechten Diebstahl."

Revaz sieht aber noch mehr Handlungsbedarf – etwa bei Online-Plattformen wie Spotify. Das Problem hierbei: KI-Inhalte könnten sich schnell auf Plattformen verbreiten – nicht, weil sie besser oder beliebter seien, sondern einfach, weil der Algorithmus diese pusht. "So kommt es zur absurden Situation, dass gestohlene Musik mehr einbringt als authentisch geschaffene Musik", befürchtet Revaz.

SVP-Hug: Es gibt offene Fragen

SVP-Nationalrat Roman Hug meint dazu: "Ich bin skeptisch, was weitere staatliche Regulierungen angeht. Im KI-Bereich benötigen wir als Nation zuerst eine Gesamtstrategie, bevor partiell Einschränkungen beschlossen werden."

Wichtig für den Bündner sei, dass allfällige Bestimmungen auch umsetzbar sind: Auf einen Entscheid will er sich daher erst nach den Kommissionsanhörungen festlegen.

{title && {title} } red,20 Minuten, {title && {title} } 15.08.2025, 19:34
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