Seit Jahrzehnten gibt es in China strenge Vorgaben zur Familienplanung. Die Ein-Kind-Politik hat das Land geprägt. Mittlerweile ist die Geburtenrate so tief wie nie: Im Jahr 2024 kamen auf 1.000 Einwohner nur noch 6,77 Kinder. Gleichzeitig werden die Menschen immer älter, die Zahl der Todesfälle steigt. Das führt dazu, dass die Bevölkerung schrumpft – und eine Trendwende ist nicht in Sicht. Wie 20 Minuten berichtet, reagiert Peking jetzt mit neuen Maßnahmen.
Die Regierung hat beschlossen, die Bevölkerung zum Kinderkriegen zu motivieren. Ab 1. Jänner 2026 wird auf Verhütungsmittel wie Kondome die Mehrwertsteuer von 13 Prozent eingehoben. Das macht sie deutlich teurer.
Diese Änderung ist Teil eines neuen Steuergesetzes, das 2024 beschlossen wurde. Das Motto: Zuckerbrot und Peitsche. Während Kondome künftig mehr kosten, bekommen Paare mit Kindern Steuererleichterungen. Auch für Kinderbetreuung und Partnervermittlung gibt es finanzielle Vorteile.
Im Jahr 2025 hat die Regierung in Peking erstmals rund 12,7 Milliarden US-Dollar für Kinderbetreuung ausgeschüttet. Familien mit einem Kind unter drei Jahren erhalten umgerechnet etwa 400 Franken. Das Programm soll im kommenden Jahr noch ausgeweitet werden.
Auch einzelne Provinzen greifen ein: In vielen Regionen dürfen Familien mittlerweile drei Kinder haben. Künstliche Befruchtungen werden günstiger angeboten. Manche Behörden locken sogar mit bezahltem Urlaub nach der Hochzeit, um das Heiraten attraktiver zu machen.
Nicht alle sind mit den Maßnahmen einverstanden. "Sie gehen wirklich bis zum Äußersten, nur damit wir Kinder bekommen", kritisiert ein Nutzer auf Weibo. Berichte chinesischer Frauen sorgen für Aufregung: Lokale Beamte hätten sie telefonisch nach ihrem Menstruationszyklus und Kinderwunsch gefragt. Das schürt die Angst vor noch mehr staatlicher Überwachung.
In der Provinz Yunnan müssen Frauen der Regierung laut lokalen Medien den Zeitpunkt ihrer letzten Periode melden. Die Gesundheitsbehörden erklären, das sei nötig, um Schwangere und werdende Mütter zu erkennen. "Heute müssen Frauen den Zeitpunkt ihrer Periode mitteilen, morgen wird es der Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs sein. Danach werden sie anrufen und zum Sex während der Ovulationsphase auffordern – das ist Massenvermehrung", schreibt ein User auf Weibo.
Der unabhängige chinesische Wissenschafter He Yafu hält die neue Steuer auf Kondome und die Anreize für einen logischen Schritt in der aktuellen Politik. "Die Maßnahme wird aber wohl nicht dazu führen, dass die Geburtenrate signifikant ansteigt", sagt der Demograf gegenüber dem britischen "Guardian". Laut Soziologie-Professor Yun Zhou werden vor allem einkommensschwache Frauen die negativen Folgen der neuen Steuern auf Verhütungsmittel zu spüren bekommen.