Parkhaus wollte 1.400 Euro

30 Parkstrafen – "Jetzt hilft uns 1,30-Euro-Trick"

Christine Andres erhielt eine hohe Forderung vom Parkhausbetreiber APCOA. Nur mit einem Trick kann sie weiterhin "ihren" Behindertenparkplatz nützen.
Aram Ghadimi
26.06.2025, 05:15
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"Sie haben die Nutzungsbedingungen bei 29 Parkvorgängen missachtet, das ergibt eine Pönale von EUR 1.400,- plus den Parkvorgang, für den Sie bereits die Zahlungsaufforderung erhalten haben", schrieb der Parkraumbewirtschafter APCOA im März an Christine Andres.

Die 61-Jährige nützt seit 2010 einen Behindertenparkplatz beim Bahnhof Wr. Neustadt, um mit ihrem Sohn den Zügen nachzusehen. Im März kam plötzlich die "böse Überraschung" in Form der besagten Forderung. Andreas reagierte zügig, schickte eingeschriebene Briefe an die APCOA und die ÖBB. Verzweifelt wandte sie sich im April an "Heute".

Abschied ohne große Worte

"Plötzlich 1.400 Euro Strafe? Das war ein Schock. Meinen Urlaub habe ich bereits als abgesagt betrachtet", sagt Christine Andres jetzt zu "Heute". Die 61-Jährige hat das aber nicht davon abgehalten, weiterhin, jeden Sonntag, mit ihrem Sohn zum Bahnhof Wr. Neustadt zu fahren:

"Jeden Samstag hole ich Gerhard aus der Tagesstätte für Menschen mit Behinderung in Bad Erlach mit dem Auto ab. Am Sonntag muss er zurück", erzählt die 61-Jährige. In der knappen Zeit, die den beiden an den Wochenenden bleibt, erfüllt Christine Andres ihrem Sohn seit Jahren immer denselben Wunsch. Große Worte braucht es dafür nicht.

"Weil Gerhard ein sehr großer Zugfan ist, fahren wir jede Woche, bevor er wieder ins Wohnheim zurückmuss, beim Bahnhof Wiener Neustadt vorbei. Wir stellen das Auto auf einen der Behindertenparkplätze im Parkhaus, gehen zum OKAY-Supermarkt, holen eine Wurstsemmel und setzen uns auf den Bahnsteig. Dann blicken wir auf die Züge und Gerhard isst seine Semmel. So verabschieden wir uns voneinander."

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Behindertenparkplatz nur mit Zugticket

Gegenüber "Heute" sagt Andres jetzt: "Daran hat sich seit den plötzlichen Strafen nichts geändert. Die gewohnte Routine ist für Gerhard sehr wichtig, da es ihm sehr schwerfällt, sich auf neue Situationen einzustellen." Deshalb sei sie jetzt gezwungen, einen Trick anzuwenden.

"Ich kaufe jeden Sonntag ein Ticket für eine Station, von Wr. Neustadt Civitas Nova bis zum Hauptbahnhof. Das hat mir die frühere Nationalratsabgeordnete Hildegard Schorn an Herz gelegt." Der Sohn von Schorn habe auch eine Behinderung, erzählt Andres und fügt an: "So einfach lassen wir uns nicht vertreiben."

Mit gültigem Ausweis ist das Parken auf Behindertenparkplätzen in ganz Österreich kostenlos. "Heute" stellte im April diverse Anfragen, um zu erfahren, warum trotz eines gültigen Ausweises insgesamt 30 Parkstrafen verhängt wurden. Das Ergebnis: In privaten Parkhäusern gelten andere Regeln.

Stadt sicherte Unterstützung zu

Während die ÖBB auf die APCOA verwies, betonte der Parkraumbewirtschafter, dass die Nutzungsbedingungen deutlich ausgeschildert seien. Aus dem Büro des Bürgermeisters von Wiener Neustadt wurde noch im April Unterstützung versprochen. Nikolaus Dopler, der Geschäftsführer der Kulturagenden der Stadt, sagte damals: "Ich habe mich gefragt, ob man da nicht etwas machen kann."

Dopler erinnerte sich an das letzte Ö3-Weihnachtswunder, als täglich zehntausende Besucher nach Wiener Neustadt kamen: "Damals haben wir mit der ÖBB beziehungsweise der APCOA gesprochen, um eine Ausnahme für die Besucher aus den Bundesländern zu schaffen. Ich bin zuversichtlich, dass wir jetzt auch etwas für Frau Andres tun können. Ich werde sie diesbezüglich anrufen." Seitdem sind zwei Monate vergangen.

"Heute" hat daher am Dienstag noch einmal bei Nikolaus Dopler nachgefragt, der jetzt sagt: "Ich war mit der Dame und der ÖBB in Kontakt." Das Thema stehe immer noch auf seiner To-do-Liste. "Die Erstabsprache mit der ÖBB war sehr positiv, seitdem habe ich aber nichts mehr gehört", sagt Dopler. Dabei sei die Lösung des Problems doch "total simpel", man müsse nur das Kennzeichen freischalten, erklärt er.

"Keine Emotionalität" bei der APCOA

Doch schon im April hieß es von der APCOA, dass man nicht bereit sei, eine Ausnahme zu machen. "Emotionalität – dafür werden wir von der ÖBB nicht bezahlt", sagte eine Sprecherin des Parkraumbewirtschafters damals zu "Heute".

"Ich habe gehofft, dass sich die ÖBB, die Stadt Wr. Neustadt oder irgendwer meldet. Aber es hat sich niemand mehr gerührt, obwohl ich eingeschriebene Briefe verschickt habe. Herr Dopler hat sich bis heute nicht gemeldet", erzählt Andres, mit hörbarer Enttäuschung in der Stimme: "Ich habe die Abschlagszahlung von 235 Euro akzeptieren und bezahlen müssen."

Nach der Berichterstattung durch "Heute" im April wurde es still um Andres und ihren Sohn: "Ich sitze mit Gerhard weiterhin jeden Sonntag auf unserem Bahnsteig, nur zahle ich jetzt immer 1,30 Euro dafür. So viel kostet das günstigste Bahnticket. Wenn die Herrschaften nur sehen könnten, wie seine Augen leuchten."

Ein "Heute"-Leser aus Oberösterreich hat Andes später die 235 Euro ersetzt, doch im Urlaub sei sie bisher nicht gewesen. Kurze Stille, dann hebt sich ihre Stimme: "Ich möchte mit Gerhard heuer den Railjet nehmen und für vier Tage nach Klagenfurt fahren, mehr geht sich nicht aus."

{title && {title} } agh, {title && {title} } 26.06.2025, 05:15
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