Die neuen Grenzkontrollen unter dem neuen deutschen Bundesinnenminister Alexander Dobrindt sehen vor, dass Asylsuchende direkt an der Grenze zurückgewiesen werden sollen, wenn sie unerlaubt einzureisen versuchen. Nun aber offenbart ein konkreter Fall an der deutsch-österreichischen Grenze nahe Passau ein erhebliches Schlupfloch im System, das sowohl planerische als auch rechtliche Schwächen offenlegt. Das ergab eine Recherche von "Focus Online".
Die Stelle betrifft die Polizeikontrollstelle auf der A3, die erst rund 7,5 Kilometer hinter der tatsächlichen Grenze liegt. Dadurch können Migranten die Kontrollstelle über frühere Abfahrten oder Nebenstraßen umgehen und unerkannt einreisen. Eine Kontrolle direkt an der Grenze findet nicht statt.
Personen, die über Umwege in die Kontrolle geraten, gelten aus Sicht der deutschen Polizei als eingereist, auch wenn unklar bleibt, ob sie die Grenze überhaupt überquert haben. Damit ist eine Zurückweisung rechtlich nicht mehr zulässig – dafür müsste ein aufwendigeres Rückschiebungsverfahren eingeleitet werden, schreibt "Focus Online" weiter.
Eine Einreise gilt nur dann als erfolgt, wenn eine zugelassene Grenzübergangsstelle passiert wurde, heißt es im Aufenthaltsgesetz. Da sich der Kontrollpunkt aber weit hinter der Grenze und nach einer Abfahrt befindet, ist zweifelhaft, ob er überhaupt noch als Grenzübergangsstelle zählt.
Experten vermuten nun, dass bei Suben jahrelang unrechtmäßige Zurückweisungen stattgefunden haben könnten. Für die neue Grenzpolitik ergibt sich daraus ein gravierendes Schlupfloch: Wenn Migranten auf einer stark befahrenen Route aufgrund der ungünstigen Platzierung des Kontrollpunkts nicht zurückgewiesen werden können, wird das gesamte Konzept untergraben.
Die Schweiz kritisierte bereits die strengeren Regeln für Migranten an den deutschen Landesgrenzen als rechtswidrig. Der deutsche Innenminister Alexander Dobrindt hatte am Mittwoch angekündigt, dass die Bundespolizei künftig auch Asylsuchende an der Grenze zurückweisen kann – ausgenommen bestimmte verletzliche Gruppen wie Schwangere oder Familien mit Kindern.
"Systematische Zurückweisungen an der Grenze verstoßen aus Sicht der Schweiz gegen geltendes Recht", schrieb das Schweizer Justizministerium anschließend auf X. Die Schweizer Behörden "prüfen gegebenenfalls Maßnahmen".
Justizminister Beat Jans habe bereits ein Treffen dazu auf Ministerebene vorgeschlagen. Er hat sich bislang nicht dazu geäußert, wie die Schweiz mit zurückgewiesenen Asylbewerbern umgehen will.
Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist eine Abstimmung mit den Nachbarländern über alle Maßnahmen vorgesehen.