Der 8. Mai gilt in ganz Europa und weiteren Ländern als "Tag der Befreiung", der mit Gedenkveranstaltungen oder Paraden begangen wird. Heuer jährt sich das Ende des NS-Regimes zum 80. Mal.
Ausgerechnet am Vortag sagt Josef "Sepp" Schellhorn in einer TV-Sendung, dass er sich, als er von Betrunkenen angepöbelt wurde, "wie vor 85 Jahren" gefühlt habe. Nur wenige Stunden zuvor hatte die Bundesregierung die Errichtung eines Holocaust Museums bekanntgegeben.
Alles begann mit einer "Heute"-Recherche zu den Dienstautos der neuen Bundesregierung. Ausgerechnet der für "Deregulierung" und Budgeteinsparungen zuständige Josef "Sepp" Schellhorn wollte nicht auf den ihm zustehenden Audi A6 zugreifen, sondern bestellte noch in der ersten Woche einen neuen Audi A8 in der Lang-Version, um Überlandfahrten mit mehr Komfort bewerkstelligen zu können.
Schellhorns Rechtfertigung: Der neue Vertrag sei billiger als der alte, eine Kostenersparnis also. Was nicht dazu gesagt wird: Der "alte" A6 verbleibt im Pool des Außenamts, der Vertrag läuft weiter. Es sind also zusätzliche Kosten. Auch darf bezweifelt werden, dass der neue A8-Vertrag billiger als ein neuer A6-Vertrag und der lange A8 billiger als die Standard-Variante ist.
Ein Deregulierungs-Staatssekretär, der sich als eine der ersten Amtshandlungen ein größeres Auto gönnt – die Ironie der Abfolge war offensichtlich. Ein entsprechend breites Medienecho folgte, zigtausende Kommentare fluteten die Foren und Sozialen Netzwerke.
Nebenher musste im Außenministerium, zu dem Schellhorn organisatorisch gehört, ein "Koordinierungskabinett" mit fünf Mitarbeitern geschaffen werden. Begründet wird die Notwendigkeit damit, dass im Ressort vor allem Personen mit außenpolitischer Expertise tätig sind, die Koordinierung aber eben alle Themen der Regierungsarbeit betrifft
Viele Aufreger also, die wohl auch der Grund waren, weshalb "Puls24" den Staatssekretär am 7. Mai in die Sendung "Beide Seiten live" zum Interview des Tages geladen haben. Dort ging es einleitend freilich wieder um die Achter-Causa.
Darin wehrt er sich gegen den "populistischen" Vorwurf, in "großen Autos" herumzufahren (der Listenpreis des Audi A8 liegt bei rund 120.000 Euro). Letztlich gesteht er eine "unglückliche Entscheidung" ein, hält aber fest: "Wir sparen ein." Die Berichterstattung habe hingegen Hass produziert, der sich auf die Bevölkerung umgelegt hätte. Und so sei es zu besagtem Zugvorfall gekommen, zwischen Schellhorns Salzburger Heimat Schwarzach und St. Pölten.
Vier Betrunkene hätten ihm dort derbe Sprüche an den Kopf geworfen. "Die Frage ist dann immer: Was mach ich jetzt? Und ich hab mich so gefühlt wie vor 85 Jahren. Soll man flüchten? Soll man aufstehen? Wohin geht man? Man kann nicht auf die Straße, man kann nicht die Straßenseite wechseln, man könnte höchstens das Abteil, den Waggon wechseln."
Kurz nach dem "Heute"-Bericht bezog Schellhorn schließlich Stellung: "Für meinen Vergleich auf Puls24 möchte ich mich aufrichtig entschuldigen. Er war absolut unpassend und ist in einer Emotion passiert. Es war niemals meine Absicht, jemandes Gefühle damit zu verletzen. Das Leid, das Menschen vor 85 Jahren angetan wurde ist unvergleichbar. Als Zeichen mit jenen, denen heute auch in Israel Gewalt angetan wird, trage ich aus Solidarität seit Monaten das gelbe Band."