Arbeitsbesuch von Bürgermeister Michael Ludwig (SP) am Donnerstag (30.10.) in der EU-Zentrale in Brüssel. Die Reise stand unter dem Motto "leistbares Wohnen" – ein Thema, das ganz Europa betrifft.
Die Initiative von Bürgermeister Michael Ludwig, das erfolgreiche Wiener Modell des sozialen Wohnens europaweit zu stärken, zeigt bereits Wirkung. In Brüssel sprach Ludwig mit Vertretern der Europäischen Kommission, des Parlaments und des Rates, um leistbares Wohnen als zentrale europäische Zukunftsaufgabe zu verankern. "Wohnen ist ein Grundrecht und darf kein Spekulationsobjekt sein. Dass dieses Thema nun EU-weit Priorität bekommt, ist Ergebnis unseres konsequenten Wiener Engagements", so der Wiener Bürgermeister.
In fast allen EU-Staaten sind die Wohnkosten seit 2015 deutlich gestiegen. Für breite Teile der Bevölkerung wird Wohnen zunehmend zur finanziellen Belastung. Um diese Entwicklung auf europäischer Ebene zu adressieren, hat die Stadt Wien im Frühjahr 2024 Vertreter und Vertreterinnen europäischer Städte sowie der EU-Kommission und des Parlaments eingeladen, um zentrale wohnpolitische Forderungen zu formulieren.
Dabei geht es um eine stärkere Einbindung der Städte in die EU-Politik. Die Einrichtung einer Expertengruppe zum Thema Wohnen in der EU-Kommission – und die Reform des EU-Beihilfenrechts, damit sozialer Wohnbau nicht nur den ärmsten Gruppen vorbehalten bleibt. "Unser Engagement hat Wirkung gezeigt", so Ludwig. "Die europäische Wohnpolitik macht seither entscheidende Fortschritte."
Seit 2024 verfügt die Kommission mit Dan Jørgensen erstmals über einen EU-Kommissar für Energie und Wohnen. Jørgensen arbeitet aktuell an einem europäischen Plan für bezahlbares Wohnen, dessen erste Vorstellung für den 17. Dezember 2025 vorgesehen ist. Direkt danach wird der EU-Kommissar nach Wien reisen, um sich das Wiener Modell vor Ort anzusehen.
Auch das Europäische Parlament begleitet die Entwicklung mit einem Sonderausschuss zur Wohnungsnot, an dem mit Andreas Schieder (SP) ein Wiener Abgeordneter beteiligt ist. Parallel stärkt der Rat der EU die Rolle der Städte und das Subsidiaritätsprinzip. "Zum ersten Mal arbeiten Kommission, Rat und Parlament geschlossen an einer gemeinsamen europäischen Wohnungspolitik. Das ist ein Meilenstein", so Ludwig.
Mehr als 60 Prozent der Wiener Bevölkerung leben in geförderten oder gemeindeeigenen Wohnungen – eine weltweit einzigartige Quote. Die Stadt stabilisiert Mieten, verhindert Spekulation und sichert soziale Durchmischung.
"Wien beweist jeden Tag: Hohe Lebensqualität und soziale Gerechtigkeit gehören zusammen. Wenn Europa diesen Weg mitgeht, stärken wir sozialen Zusammenhalt, wirtschaftliche Stabilität und Klimaschutz zugleich", betont Ludwig. Ein wesentlicher Grund dafür: Wien hat nie privatisiert.
Während viele europäische Städte in den 1990er-Jahren kommunale Wohnungen, Energie oder Wasser an private Unternehmen verkauft haben, entschied sich Wien bewusst dagegen – aus sozialer und wirtschaftlicher Verantwortung.
Heute zeigt sich: Dieses Modell ist nicht Vergangenheit, sondern Zukunft.
Europaweit erleben zentrale kommunale Dienstleistungen eine Rückkehr in die öffentliche Hand. Mehr als 700 dokumentierte Rekommunalisierungen in 20 Ländern belegen den Trend.
Beispiele dafür sind Hamburg mit einem neuen öffentlichen Energieanbieter. Paris und Berlin, die die Wasserversorgung rekommunalisiert haben. London, das Teile des U-Bahn-Netzes wieder öffentlich betreibt.
Die Gründe ähneln sich europaweit: Unzufriedenheit mit der Qualität privater Betreiber, steigende Preise und verschlechterte Arbeitsbedingungen. "In Wien verteidigen wir das Grundprinzip, dass Wohnen dem Gemeinwohl dienen muss", so Ludwig.
Bei seinem Brüssel-Besuch diskutiert Ludwig zudem im Wien-Haus mit Experten über den zukünftigen EU-Wohnplan und bringt dabei Wiens jahrzehntelange Erfahrung ein – von Smart-Wohnungen über geförderten Neubau bis zur klimafitten Sanierung von Gemeindebauten.