Heftige Ukraine-Entwicklung

"Das ist das, was Wladimir Putin aufhalten wird"

Trump dürfte Kriegstreiber Putin mit Gebietsgeschenken belohnen wollen, um einen wackligen Frieden zu erreichen. Die Ukraine kann da aber nicht mit.
Newsdesk Heute
24.04.2025, 14:38

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas richtete nach dem tödlichen Drohnen- und Raketenangriff auf ein Wohnviertel mitten in Kyjiw deutliche Worte an Russland: "Das ist kein Streben nach Frieden, sondern eine Verhöhnung dessen".

Das "wahre Hindernis" auf dem Weg zum Frieden sei "nicht die Ukraine, sondern Russland", fügte Kallas hinzu. Putins Kriegsziele hätten sich nicht geändert.

Dass US-Präsident Donald Trump nun dem Kreml einen großen Teil der Ukraine zum Geschenk machen will, entsetzt nicht nur Kyjiw. Laut amerikanischen Medienberichten bietet der MAGA-Anführer Putin in seinem "Deal" nicht nur die Anerkennung der bereits 2014 annektierten Halbinsel Krim an.

Das Weiße Haus wolle faktisch auch die bisher nur zum Teil russisch besetzten Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja der Ukraine absprechen.

Verfassung steht im Weg

Es ist ein Angebot, dem die Ukraine gar nicht zustimmen kann. "Nach der ukrainischen Verfassung ist die Krim ein rechtlich anerkannter und untrennbarer Teil der Ukraine. Die ukrainische Regierung kann keine Gesetze verabschieden, die der Verfassung des Landes widersprechen. Die Verfassung kann während des Kriegsrechts nicht geändert werden", berichtet der englischsprachige "Kyiv Independent" am Donnerstag.

Die einzige legale Möglichkeit wäre demnach ein Volksentscheid per Referendum. Zwar sollen im Jänner 2025 rund 38 Prozent der Ukrainer zu territorialen Zugeständnissen bereit gewesen sein, eine Mehrheit habe sich aber weiterhin dagegen ausgesprochen.

Und: In den Umfragen wurde aber nicht zwischen de facto und de iure unterschieden. Eine rechtsgültige Anerkennung von russischen Eroberungen dürfte einen deutlich schweren Stand haben, berichtet das ukrainische Medium.

"Keine Chance"

"Keine ukrainische Regierung hat das Mandat, die Krim als russisch anzuerkennen", erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Selenskyj-Partei Sluha narodu (Diener des Volkes), Halyna Jantschenko, gegenüber dem "Kyiv Independent".

Halyna Jantschenko ist Aktivistin, Korruptionsjägerin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Selenskyj-Partei im ukrainischen Parlament
IMAGO/Ukrinform

"Jedes Friedensabkommen, das eine solche Bestimmung enthält, würde das Risiko bergen, Unruhen im Lande auszulösen. Deshalb würde keine ukrainische Führung einem solchen Abkommen zustimmen." Eine solche Vereinbarung habe auch im ukrainischen Parlament "keine Chance".

US-Druck stärkt Selenskyj

"Die Vorschläge des Teams von Donald Trump beweisen eines: Die amerikanische Regierung hat derzeit keinen wirklichen Plan, den Krieg in der Ukraine zu beenden", sagt der ukrainische Politologe und Direktor des Instituts für Weltpolitik in Kiew, Jewhen Mahda, gegenüber gazeta.pl. Washington operiere zunehmend nach dem Prinzip: Druck auf Schwächere ausüben, um kurzfristig (irgend)etwas zu bewirken. Trumps Team habe weder Verständnis für die Bedürfnisse der Ukraine, noch sei es sich bewusst, wie groß die russische Bedrohung ist.

"Die Annahme, dass Russland und die Ukraine sich gegenseitig etwas geben müssten, ist ein dramatisches Missverständnis", betont er mit Blick auf eine Anerkennung der Krim als russisch: "Trumps Team sollte verstehen, dass kein ernsthafter ukrainischer Politiker einen solchen Schritt akzeptieren würde. Jeder Vorschlag, der darauf abzielt, Putins Ambitionen zu befriedigen, würde die ukrainische Gesellschaft nur weiter um Wolodymyr Selenskyj zusammenrücken lassen – nicht ihn schwächen." Das war auch nach dem Eklat im Oval Office zu beobachten.

"Emotionen sind hochgegangen"

Der ukrainische Präsident versuchte noch Mittwochnacht, die Wogen zu glätten: "Die Emotionen sind heute hochgegangen. Aber es ist gut, dass sich Ukraine, die USA, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Deutschland getroffen haben, um dem Frieden näher zu kommen."

Jeder Teilnehmer habe sich bedeutsam eingebracht und die eigene Perspektive erläutert: "Die amerikanische Seite teilte ihre Sichtweise mit. Die Ukraine und andere Europäer brachten ihre Beiträge ein. Und wir hoffen, dass genau diese gemeinsame Arbeit zu einem dauerhaften Frieden führen wird."

Dennoch stellte Selenskyj klar: "Die Ukraine wird immer im Einklang mit ihrer Verfassung handeln, und wir sind absolut sicher, dass unsere Partner, insbesondere die USA, im Einklang mit ihren starken Entscheidungen handeln werden." Dabei erinnerte er Washington an die amerikanische "Krim-Deklaration" 2018. Darin wurde, während Donald Trumps erster Amtszeit, die russische Annexion der Halbinsel nicht anerkannt und öffentlich als Bruch des Völkerrechts verurteilt.

Was, wenn Trump aussteigt?

Der von Donald Trump angedrohte Ausstieg der USA aus der militärischen Unterstützung wäre jedenfalls ein harter Rückschlag für die Ukraine, den die europäischen Verbündeten kurzfristig nicht ausgleichen könnten.

"Die Ukraine muss sich auf sich selbst und ihren eigenen Einfallsreichtum verlassen", analysiert Ian Garner, Assistenzprofessor für Totalitarismusforschung am Pilecki-Institut in Polen. Er hält es für "durchaus möglich und plausibel", dass die Ukraine "eine Verteidigungslinie hält". Das werde aber "nicht einfach" werden und "weitere große Opfer in Form von Menschenleben und Geld erfordern".

In der Zwischenzeit solle die Ukraine weiter international selbstständig auftreten, die Korruption im Land bekämpfen und weiter demokratisieren, um sich den europäischen Verbündeten anzunähern, rät Garner. "Das ist das, was Wladimir Putin aufhalten wird: Wenn die Menschen europäisch und liberal eingestellt sind, dann werden sie niemals eine russische Invasion und eine russische Besatzung akzeptieren, sei es diplomatisch, politisch, wirtschaftlich, kulturell oder auch militärisch."

{title && {title} } red, {title && {title} } 24.04.2025, 14:38