Die Einkommen in Europa sind in den vergangenen 20 Jahren deutlich gestiegen – doch Österreich kann dabei laut EU-Statistikbehörde Eurostat nicht mithalten. Das zeigt eine Auswertung der real verfügbaren Haushaltseinkommen pro Kopf, also jenes Geldes, das uns nach Steuern und Abgaben tatsächlich zum Leben bleibt – und zwar preisbereinigt, also ohne den Effekt der Teuerung.
Im EU-Schnitt kletterte das reale Einkommen pro Kopf demnach zwischen 2004 und 2024 um 22 Prozent. In Österreich lag der Zuwachs jedoch nur bei 14 Prozent und damit im hinteren Feld aller Mitgliedstaaten. Schlechter lief es laut Eurostat nur noch in Griechenland und Italien mit einem Minus von –5 Prozent bzw. –4 Prozent, sowie in Spanien (+11 Prozent).
Besonders dynamisch entwickelten sich hingegen die Haushalte in Osteuropa, die natürlich von einem deutlich niedrigeren Niveau aus starteten: Rumänien schaffte +134 Prozent, Litauen +95 Prozent, Polen +91 Prozent und Malta +90 Prozent. Allerdings können sich mittlerweile etwa auch die mit uns besser vergleichbaren Deutschen um 24 Prozent mehr leisten als 2004, die Schweden kommen auf 28 Prozent, die Iren sogar auf 32 Prozent.
Der gesamteuropäische Trend der vergangenen zwei Jahrzehnte zeigt ein klar erkennbares Auf und Ab. Zu Beginn wuchsen die Einkommen kräftig, ehe die Finanzkrise von 2008 den Aufwärtspfad abrupt stoppte. Zwischen 2008 und 2011 stagnierte die Entwicklung, in den Jahren 2012 und 2013 kam es sogar zu Rückgängen. Nach einer längeren Phase soliden Wachstums folgte 2020 der pandemiebedingte Einbruch, bevor 2021 ein deutlicher Sprung nach oben gelang. Die Jahre 2022 und 2023 brachten wieder nur verhaltene Zuwächse, während die ersten Zahlen für 2024 eine neuerliche Beschleunigung nahelegen.
Grund dafür ist laut Jan Kluge, Ökonom der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria, ein langfristig schwaches Wirtschaftswachstum: Seit der Finanzkrise hinke Österreich vielen Ländern hinterher, weil rekordverdächtig hohe Steuern und Abgaben, teure Energie, ein fehlender Kapitalmarkt sowie Arbeitsmarkt- und Demografieprobleme das Land bremsen. "Wir können nur das verdienen, was wir erwirtschaften – und die reale Wirtschaftsleistung ist eben langsamer gewachsen als in den meisten anderen europäischen Ländern", sagt Jan Kluge. Daher blieben auch die Einkommen im internationalen Vergleich zurück.
Auch nach Ansicht des gewerkschaftsnahen Momentum Instituts hat Österreich nach mehreren Krisen nicht mehr richtig Tritt fassen können. "Österreich ist durch Finanzkrise, Corona und die Inflationskrise schlechter gekommen als viele andere Länder – das hat die Realeinkommen spürbar gebremst", erklärt Vize-Chefökonomin Barbara Schuster im "Heute"-Talk. Dazu seien Jahre mit Lohnabschlüssen gekommen, die die Inflation nicht voll abgegolten haben, sowie Sozialleistungen, die lange nicht ausreichend an die Teuerung angepasst wurden. All das habe dazu geführt, dass Real-Einkommen im EU-Vergleich langsamer gewachsen sind.