Tierische Opfer

Sündenbock! Otter kann gar nichts für Fischrückgang

Wissenschaftliche Studien widerlegen den Fischotter als Ursache für den Fischrückgang – Kritik an Kärntens Abschussregelung wächst.
Heute Tierisch
15.12.2025, 10:21
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In Kärnten wurden zwischen 2019 und 2024 offiziell 226 streng geschützte Fischotter getötet. Die Dunkelziffer dürfte aber noch viel höher sein. Diese Abschüsse wurden auf Basis einer landesrechtlichen Quotenregelung durchgeführt. Das verstößt laut Berner Konvention klar gegen das internationale Artenschutzrecht.

Der Fischotter wird seit Jahren als Sündenbock für die Probleme in den heimischen Gewässern hergenommen. Dabei wird der Schutz von beliebten Fischen oft vorgeschoben, um die Otterjagd zu rechtfertigen. Besonders auffällig ist das beim Huchen: "Kärnten erklärt ihn als unbedingt vor dem Fischotter zu schützenden Fisch – und erlaubt gleichzeitig seine Bejagung, anstatt ihn ganzjährig zu schonen", erklärt Michaela Lehner, Leiterin der Stabstelle Recht bei Tierschutz Austria. Dieses Vorgehen sei mehr als widersprüchlich.

„Das Töten der Otter führte in keinem einzigen Fall zu einer Erholung der Fischbestände.“
Friedrich WulfTierschutz Austria, Pro Natura

Das zuständige Komitee hat bestätigt, dass die von Tierschutz Austria vorgelegten Studien belegen, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Fischotter und dem Rückgang der Fischbestände gibt. "Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen, darunter auch Studien, die sogar im Auftrag der Kärntner Landesregierung entstanden sind, aber aufgrund der Ergebnisse von dieser totgeschwiegen wurden, zeigen klar, dass Faktoren wie Gewässerverbauung, Krankheiten, Schadstoffbelastung, steigende Wassertemperaturen und Wasserkraftnutzung die wahren Gründe für den Fischrückgang sind", so Friedrich Wulf, Vertreter von Tierschutz Austria und Leiter internationale Biodiversitätspolitik bei Pro Natura.

Das Komitee zeigt sich auch besorgt über den Einsatz von Conibearfallen und anderen nicht-selektiven Tötungsmethoden, die nach der Berner Konvention verboten sind. "Conibearfallen sind extrem grausam und nicht selektiv. Sie sind in allen anderen österreichischen Bundesländern sowie in Deutschland verboten", betont Lehner. Kritisiert wird auch, dass die Tötungen nicht einzeln geprüft, sondern pauschal über Quoten genehmigt werden. Alternativen wurden nicht ausreichend geprüft.

So sieht eine sogenannte "Conibear-Falle" aus und hat im Grunde eine ähnliche Funktion wie eine Mausefalle.
Screenshot©Kettner

Durch die Abschüsse in Kärnten sterben zudem viel mehr Otter als offiziell angegeben. "So werden laufend auch säugende Weibchen getötet, worauf die Jungtiere qualvoll verhungern. Durch Schuss verwundete Otter flüchten ins Wasser, auch ihr Tod ist ein unsichtbarer Leidensweg, denn Hunde können der Blutfährte im Wasser nicht folgen. Sie alle werden der Quote in der Kärntner Fischotterverordnung nicht zugerechnet, weshalb die Dunkelziffer der getöteten Fischotter in Kärnten weitaus höher ist als die offizielle Zahl", so Lehner.

Die Kärntner Regelung hat mittlerweile auch andere Bundesländer beeinflusst. Ähnliche Gesetze gibt es nun in Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark. Das Komitee fordert daher die Bundesregierung auf, einen umfassenden Bericht über das Otter-Abschusswesen in allen betroffenen Bundesländern vorzulegen – samt Monitorenddaten, rechtlicher Grundlage, Vollzugspraxis sowie einer Bewertung von Selektivität und Verhältnismäßigkeit.

Im Burgenland wird gezeigt, dass es auch anders geht: Dort setzt man auf Prävention, etwa durch ottersichere Zäune, die Förderung von Naturteichen, gezielte Beratung und professionelles Konfliktmanagement. So können Mensch und Otter ohne Abschüsse nebeneinander leben. Während Kärnten weiterhin Otter schießt und Schäden an ungeschützten Fischen nachträglich entschädigt – 2025 entstanden laut Landesangaben 130.000 Euro Schaden, davon wurden 94.000 Euro durch Steuergelder ausgeglichen –, zeigt das Burgenland, dass es mit Prävention besser geht.

Lehner sagt abschließend: "Artenschutz funktioniert nicht mit der Flinte, sondern mit Prävention, Transparenz und wissenschaftlicher Ehrlichkeit. Die Berner Konvention hat heute klargemacht, dass Kärnten seinen Kurs ändern muss – und zwar jetzt."

Das Komitee der Berner Konvention hat beschlossen, die Otterjagd in Kärnten als offenes Verfahren weiterzuführen. Die Republik Österreich und das Land Kärnten müssen bis zum Herbst 2026 über Fortschritte berichten.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 15.12.2025, 14:59, 15.12.2025, 10:21
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