Die Herstellung von Schlangen-Gegengiften hat sich im letzten Jahrhundert kaum verändert. Traditionell wird Schlangengift per Hand gemolken und Pferden oder anderen Tieren in kleinen Dosen injiziert, um eine Immunreaktion hervorzurufen. Dann wird dem Tier Blut entnommen und gereinigt, um Antikörper gegen das Gift zu gewinnen. Dieses Verfahren ist zwar wirksam, kann aber zu unerwünschten Reaktionen auf die nicht-menschlichen Antikörper führen.
Bei der Suche nach Möglichkeiten, diesen Prozess zu verbessern, stießen Wissenschaftler auf eine Person, die hyperimmun gegen verschiedene Schlangenneurotoxine war: Tim Friede, ein in Kalifornien ansässiger, autodidaktischer Schlangenexperte, der sich über einen Zeitraum von fast 18 Jahren hunderte Male dem Gift von Schlangen aussetzte, indem er es sich selbst injizierte und sich von Schlangen beißen ließ. Darunter auch von den tödlichsten Schlangen der Welt wie Kobras, Mambas und Klapperschlangen. Dabei entwickelte er Antikörper, die gegen mehrere Schlangenneurotoxine gleichzeitig wirksam waren.
2017 entschied sich Friede, mit dem Immunologen Jacob Glanville zusammenzuarbeiten. Er spendete Glanville und seinen Kollegen eine 40-Milliliter-Blutprobe. Jetzt, acht Jahre später, wurden Details eines neuartigen Antiserums präsentiert, das – zumindest bei Mäusen – vor Bissen von 19 Giftschlangenarten schützen kann. Das Gegengift basiert auf Antikörpern in Friedes Blut und einem giftblockierenden Medikament. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Cell veröffentlicht.
Bei einem Giftbiss hilft nur das richtige Antiserum! Das Gift wirkt auf Nerven, Muskeln und die Blutgerinnung. Deshalb ist sofort ein Arzt aufzusuchen. Ein überstandener Schlangenbiss hat in der Regel keine bleibenden Folgen – abgesehen von möglichen Gewebeverlusten (durch abgestorbenes Gewebe) und eventuell einer Amputation. Die vollständige Genesung kann Wochen oder Monate dauern.
In Österreich ist nur eine Giftschlange heimisch: die Kreuzotter
Nachdem sich der Gegengift-Cocktail im Tierversuch als wirksam erwiesen hat, will das Team seine Wirksamkeit nun in der Praxis testen. Zunächst verabreicht es das Gegengift Hunden, die in australischen Tierkliniken wegen Schlangenbissen eingeliefert werden. Darüber hinaus möchten sie ein Gegengift gegen die Vipern, eine andere große Schlangenfamilie, entwickeln. "Das geplante Endprodukt wäre ein einziger, universeller Antigift-Cocktail. Alternativ könnten wir zwei herstellen: einen für die Giftschlangen und einen für Vipern, da es in manchen Regionen der Welt nur das eine oder das andere gibt", sagt Hauptautor Peter Kwong.