In Ägypten verhandeln Israel und die Islamistenorganisation Hamas über einen US-Plan zur Beendigung des Gaza-Kriegs. Über den Verlauf der seit Montag laufenden Gespräche ist bislang wenig nach außen gedrungen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu betonte, sein Land und die USA seien entschlossen, die Verhandlungen auf wenige Tage zu beschränken.
Die Hamas fordert dem Vernehmen nach einen konkreten Zeitplan für den geplanten schrittweisen Abzug der israelischen Soldaten aus dem Gazastreifen. Der vollständige Rückzug, auf den die Hamas pocht, ist laut dem kürzlich von US-Präsident Donald Trump vorgestellten Friedensplan erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen – und zwar, wenn eine internationale Stabilisierungstruppe (ISF) für Sicherheit vor Ort sorgt. Die meisten Zwischenschritte des Rückzugs sind bislang ungeklärt.
Laut Netanyahu soll die israelische Armee weiterhin strategisch wichtige Gebiete "tief im Gazastreifen" kontrollieren. Das dürfte bei den Islamisten für Ärger sorgen. Es ist fraglich, ob sie einer Freilassung der Geiseln, ihres wichtigsten Verhandlungsguts, zustimmen, solange der Abzug nicht genau geregelt ist.
Welche Häftlinge Israel konkret für die Freilassung der von den Islamisten im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln aus seinen Gefängnissen entlässt, gehört ebenfalls zu den Streitfragen. Laut Trumps Plan sollen rund 250 zu lebenslanger Haft verurteilte Palästinenser sowie rund 1700 weitere nach dem 7. Oktober 2023 inhaftierte Palästinenser freigelassen werden.
Die Hamas fordert laut Verhandlungskreisen, dass besonders bekannte Figuren wie Marwan Barghuti aus der Führungsebene der Fatah-Bewegung aus dem Gefängnis kommen. Er wurde 2004 wegen fünffachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Der laut Umfragen sehr beliebte Barghuti könnte aus Sicht der Hamas ein Schlüssel für die Versöhnung der beiden größten, rivalisierenden Palästinenserorganisationen sein. Israel dürfte Barghutis Freilassung ablehnen.
Offen ist auch, ob die Hamas dazu in der Lage ist, innerhalb von 72 Stunden die Geiseln zu übergeben, wie es der Trump-Plan vorsieht, weil sie erst alle Geisel-Leichen finden und bergen muss. Im Gazastreifen werden noch 48 Geiseln festgehalten, von denen nach israelischen Informationen noch 20 am Leben sein dürften – darunter auch deutsche Staatsbürger.
Nachdem die Hamas Teilen von Trumps Plan am Freitag zugestimmt hatte, forderte der US-Präsident Israel auf, sofort die Bombardierung des Gazastreifens einzustellen, damit die Geiseln sicher und schnell freikommen können. Palästinensischen Angaben zufolge gibt es weiterhin Tote aufgrund israelischer Angriffe – allerdings waren es in den vergangenen Tagen weitaus weniger als zuvor. Einem israelischen Medienbericht zufolge herrscht bis zu einer Einigung zwischen den Kriegsparteien keine Waffenruhe im Gazastreifen, sondern nur eine "Reduzierung des Feuers".
Laut Verhandlungskreisen fordern die Islamisten nicht näher erläuterte verlässliche Garantien dafür, dass Israel seine Angriffe nach der Freilassung der Geiseln nicht fortsetzt. Die Terrororganisation befürchtet, dass Israels Offensive andernfalls weitergehen könnte. Vor der Geiselfreilassung soll nach ihrem Willen deshalb der Krieg erst komplett beendet werden.
Die Hamas hat sich derweil bislang nicht dazu bereiterklärt, ihre Waffen niederzulegen, wie es der Friedensplan vorsieht. In der Vergangenheit hat sie diese Forderung abgelehnt. Hamas-Mitglieder sollen dem US-Plan zufolge "friedliche Koexistenz" zusagen und können Amnestie erhalten oder ausreisen.
Auch dazu äußerte sich die Terrororganisation bislang nicht. In ihrer Charta fordert die Hamas die Zerstörung des Staates Israel und die gewaltsame Errichtung eines islamischen Staates Palästina vom Jordan-Fluss im Osten bis zum Mittelmeer im Westen. Laut Friedensplan soll der Gazastreifen eine "entradikalisierte, terrorfreie Zone werden, die keine Bedrohung für ihre Nachbarn darstellt".
Die Islamistenorganisation hat jüngst zwar gesagt, sie sei damit einverstanden, dass das Gebiet nach Kriegsende zunächst von einer Übergangsregierung palästinensischer Technokraten unter Aufsicht eines internationalen Gremiums regiert werde. Es blieb aber unklar, ob sie damit auch der Forderung von Trumps Friedensplan zustimmte, dass sie selbst dabei keine Rolle spielen darf.