Der Markt für In-Ear-Kopfhörer ist in den jüngsten Jahren regelrecht explodiert. Kaum ein Monat vergeht, ohne dass neue Modelle von bekannten Herstellern wie Apple, Samsung, Sony, Huawei oder Bose vorgestellt werden. Gerade in dieser Flut an Geräten sticht die Marke Nothing mit ihrem ganz eigenen Designansatz hervor. Schon mit den ersten Ear-Modellen hat das junge Londoner Unternehmen ein unverwechselbares Markenzeichen geschaffen: transparente Gehäuse mit Einblick in die Technik, gepaart mit minimalistisch-futuristischem Look. Nun legt Nothing mit den Ear (3) nach – und verspricht eine Evolution wie bei der Marke selbst.
Doch kann die dritte Generation wirklich an die ambitionierten Versprechen anknüpfen? Wo liegen die Schwächen im Vergleich zur starken Konkurrenz? Und polarisiert das neue Design so sehr, wie es zuletzt beim Nothing Phone (3) der Fall war? "Heute" hat die neuen In-Ears ausführlich unter die Lupe genommen. Der Namensschritt zurück zu "Ear (3)" statt wilden Wechseltiteln dürfte der Orientierung der Community übrigens guttun: Ear (1), Ear (2) und jetzt Ear (3). Für Verwirrung hatte zuvor gesorgt, dass die jüngste In-Ear-Generation Nothing Ear und Nothing Ear (a) getauft wurde, nun soll es wieder mehr Klarheit mit dem 3er-Modell geben.
Schon beim ersten Blick wird klar: Die Ear (3) sind keine Kopfhörer wie alle anderen. Das waren die Audio-Produkte bei Nothing aber schon bisher nicht. Während die meisten Hersteller weiterhin auf matte oder glänzende Kunststoffoberflächen setzen, wagt Nothing eine Evolution seines ikonischen Stils. Die transparente Bauweise bleibt zum Teil bestehen, doch diesmal ergänzen feine Metallakzente das Gesamtbild, das bei den Vorgängern von Kunststoff geprägt war. Besonders auffällig ist dabei die neue MIM-Antenne, die nicht nur optisch einen futuristischen Akzent setzt, sondern gleichzeitig die Signalqualität verbessert.
Das Ladecase der Kopfhörer verdient eine eigene Erwähnung: Es besteht in der Metallteil-Basis zu 100 % aus recyceltem Aluminium und vermittelt eine unerwartete Hochwertigkeit, die man bei dieser Preisklasse nur selten findet. Nothing hat es geschafft, dass das Material fast nahtlos mit den transparenten Kunststoffelementen rundherum und des Deckels zu verschmelzen scheint. Der Clou: Es wird laut dem Hersteller komplett ohne Klebstoff zusammengesetzt, was dem Nachhaltigkeitsgedanken von Nothing zugutekommt. Das Case wirkt dadurch fast wie ein technisches Kunstobjekt – kantig, klar und doch edel.
Auch haptisch setzen die Ear (3) neue Akzente. Die neuen Buds selbst sind leicht, sitzen sicher im Ohr und tragen sich auch über längere Zeit angenehm. Das IP54-Rating sorgt für Schutz gegen Staub, Schweiß und leichten Regen – ideal also für den Alltag zwischen Büro, Fitnessstudio und Bahnfahrten. Soweit, so gut, aber auch so gewöhnlich. Die größte Überraschung der Ear (3) ist jedoch nicht auf den ersten Blick sichtbar, sondern verbirgt sich im Ladecase: das sogenannte "Super Mic". Hierbei handelt es sich um ein innovatives Dual-Mikrofonsystem mit integriertem Umgebungsfilter, das direkt im Case untergebracht ist.
Auf Knopfdruck lässt sich das Mikrofon aktivieren, und schon wird die Stimme des Nutzers glasklar eingefangen – ganz gleich, ob man sich in einer lauten U-Bahn, auf einer belebten Straße oder in einem Großraumbüro befindet. In der Praxis funktioniert das überraschend überzeugend, außer wenn man die Funktion direkt neben einem laufenden Presslufthammer nutzen will. Die Einsatzmöglichkeiten sind interessant: Das "Super Mic" kann nicht nur für Telefonate genutzt werden, sondern auch für spontane Sprachnotizen, die automatisch im hauseigenen Cloud-Dienst "Essential Space" gespeichert und sogar transkribiert werden.
Für Vieltelefonierer, Content-Creator oder Geschäftsleute eröffnet das "Super Mic" neue und spannende Möglichkeiten. Ein Druck auf den "Talk"-Button am Case reicht – und die Aufnahme startet. Zusätzlich verfügt jeder Earbud über drei weitere Mikrofone sowie eine Voice Pick-up Unit mit Knochenschall-Technologie. Diese erkennt Vibrationen des Kiefers und wandelt sie in Signale um – ein Verfahren, das selbst in lautesten Umgebungen für klare Sprachübertragung sorgt. Kombiniert mit einem KI-System, das auf über 20 Millionen Stunden Audioaufnahmen trainiert wurde, ergibt sich eine Sprachqualität, die viele Konkurrenten alt aussehen lässt.
Active Noise Cancelling (ANC) ist dagegen längst Standard im Premiumsegment. Doch nicht jedes Modell überzeugt gleichermaßen. Nothing hat beim Sprung von den Ear zu den Ear (3) nachgelegt. Die adaptive Geräuschunterdrückung arbeitet nun mit bis zu 45 dB und passt sich alle 600 Millisekunden dynamisch an die jeweilige Umgebung an. Selbst kleine Veränderungen im Sitz der Buds werden durch ein automatisches Leckage-Management korrigiert, das alle 1,875 Millisekunden nachjustiert. Im Alltag bedeutet das: Ob in U-Bahn, Flugzeug oder der lauten Innenstadt – störende Umgebungsgeräusche werden zuverlässig und stark minimiert.
Besonders Windgeräusche, die vielen ANC-Systemen Probleme bereiten, werden dank spezieller Filterung um bis zu 25 dB reduziert. Das macht die Ear (3) zu einem verlässlichen Begleiter, wenn es darum geht, Musik oder Podcasts ohne Ablenkung zu genießen. Neben Design und Technik zählt am Ende vor allem eines: der Klang. Und hier liefern die Ear (3) eindrucksvoll ab. Die neuen 12-mm-Treiber bestehen aus einer Kombination von Materialien, die ursprünglich aus der Luft- und Raumfahrt stammen – darunter PMI und TPU. Diese Konstruktion sorgt dafür, dass Verzerrungen bei hohen Lautstärken kaum wahrnehmbar sind.
Das Klangbild ist geprägt von satten, druckvollen Bässen, klaren Mitten und brillanten Höhen. Im direkten Vergleich zum Vorgänger fällt besonders auf, dass die Bässe kräftiger und die Höhen präziser wirken. Nothing spricht von einem Plus von bis zu 6 dB im Tieftonbereich und 4 dB mehr Klarheit in den Höhen. In der Praxis bedeutet das: Songs mit komplexer Instrumentation klingen ausgewogener, Stimmen setzen sich besser durch, und elektronische Tracks bekommen die nötige Wucht, ohne ins Dröhnen abzurutschen.
Ein paar kleine Wermutstropfen bleiben allerdings. Etwa: Statt auf Head Tracked Spatial Audio – also räumlichen Klang, der sich an der Kopfbewegung orientiert – setzt Nothing auf Static Spatial Audio. Das sorgt zwar für ein weites, immersives Klangfeld, wirkt aber im direkten Vergleich zu den immersiven 360-Grad-Systemen anderer Hersteller etwas konservativ. Wer also den ultimativen Kino-Effekt mit Kopfbewegung sucht, wird hier nicht fündig. Fairerweise muss aber auch erwähnt werden, dass die Ear (3), die es in schwarzer und weißer Farbe geben wird, mit 179 Euro auch ein Ticken weniger kosten als die Flaggschiffe der Konkurrenz.
Ein weiteres wichtiges Kriterium bei In-Ears ist die Akkulaufzeit, die hier zwar gut, aber nicht überragend ist. Die Ear (3) liefern hier eine spürbare Verbesserung gegenüber den Ear: Pro Bud stehen nun 55 mAh zur Verfügung, was bis zu zehn Stunden ununterbrochene Wiedergabe ermöglicht. Mit Ladecase kommt man auf insgesamt 38 Stunden. Das ist solide, liegt aber unter dem, was Spitzenmodelle von Sony oder Sennheiser bieten, die teilweise über 45 Stunden mit Case erreichen. Praktisch ist die Schnellladefunktion: Zehn Minuten am USB-C-Kabel reichen für weitere zehn Stunden Spielzeit. Auch kabelloses Laden wird unterstützt.
Technisch sind die In-Ears mit allem ausgestattet, was man 2025 erwarten darf: Bluetooth 5.4 mit LDAC für hochauflösenden Sound, niedrige Latenz von unter 120 ms für Gaming und Video, sowie Unterstützung für Fast Pair (Android) und Swift Pair (Windows und iOS). Über die Nothing-X-App lassen sich zudem individuelle Einstellungen vornehmen – etwa für Steuerungsgesten, Equalizer oder die Verknüpfung mit dem hauseigenen Sprachassistenten. Einmal mehr: Die App ist mit das Beste, was es am Kopfhörer-Markt gibt! KI ist übrigens auch mit an Bord – in Form des ChatGPT-Assistenten, mit dem man sich unterhalten kann.
Im täglichen Einsatz zeigen die Ear (3) tolle Eigenschaften. Sie sitzen gut im Ohr, verrutschen bei Bewegung kaum und bieten dank IP54-Schutz Widerstandsfähigkeit für Sport oder Outdoor-Aktivitäten. Die Bedienung über die Stiele der Buds reagiert zuverlässig und kann angepasst werden, und das Super Mic erweist sich in vielen Situationen als echter Gamechanger. Gerade in lauten Umgebungen wie Bahnhöfen oder beim Spaziergang entlang einer Straße ist die Sprachqualität bei Telefonaten beeindruckend. Das Ladecase ist nicht nur ein Blickfang, sondern auch praktisch. Der Talk-Button ist gut erreichbar, die Verarbeitung robust.
So viel Lob die Ear (3) auch verdienen – ganz ohne Kritik kommen sie nicht davon. Auffällig ist die Akkulaufzeit. Zwar wurde sie im Vergleich zum Vorgänger verbessert, doch im Premium-Segment sind inzwischen Modelle mit deutlich längerer Ausdauer erhältlich. Auch beim Thema räumlicher Klang gilt: Während Apple oder Sony Head Tracked Spatial Audio anbieten, beschränkt sich Nothing auf die statische Variante. Das sorgt zwar für mehr Räumlichkeit als klassischer Stereo-Sound, erreicht aber nicht die gleiche Immersion wie die Konkurrenz. Für viele Nutzer wird das jedoch nicht nur verschmerzbar, sondern egal sein.
Die Nothing Ear (3) sind mehr als ein simples Update. Sie markieren einen wichtigen Schritt in der Evolution des Unternehmens – sowohl im Design als auch in der Technik. Das transparente Design mit Metallakzenten macht die Buds zum Hingucker. Das Super Mic im Ladecase ist eine clevere Innovation, die Gespräche erleichtert. Die aktive Geräuschunterdrückung gehört inzwischen zur Spitzengruppe, und auch der Klang überzeugt mit Kraft und Klarheit. Für alle, die Wert auf außergewöhnliches Design, starke Sprachqualität und ein rundes Gesamtpaket legen, sind die Ear (3) eine der spannendsten Neuerscheinungen des Jahres.