Sich in andere hineinversetzen zu können, gilt als eine besonders gute Eigenschaft: Sie macht einen menschlich, verbindet, lässt mitfühlen und sorgt dafür, dass man einander besser versteht. Das kann aber auch zur Belastung werden. Nämlich dann, wenn Du ständig die Gefühle anderer aufnimmst, als wären es Deine eigenen.
Wieso zieht Dich der Liebeskummer Deines besten Freundes selbst so runter? Psychotherapeutin Rebecca Love nennt das "toxische Empathie". Gegenüber der "Huffpost" beschreibt sie dieses Phänomen als ein Übermaß an Mitgefühl, bei dem man sich für den emotionalen Zustand anderer verantwortlich fühlt. "Das kann so weit gehen, dass Du Dich selbst vernachlässigst, ständig erschöpft bist oder sogar körperliche Symptome wie Schlafprobleme, Kopfschmerzen oder Magenbeschwerden entwickelst."
Oft stecken mehrere Gründe dahinter. Ganz vorne mit dabei? People Pleasing. Stellst Du die Bedürfnisse anderer über Deine eigenen, verschwimmt Dein Selbstbild und Du beginnst, Dich in den Problemen anderer aufzulösen. "Menschen, die es immer allen recht machen wollen, haben oft Schwierigkeiten, ihren eigenen Wert oder ihre Bedeutung abseits davon zu sehen, dass sie ständig anderen helfen und deren Probleme lösen", so die Psychotherapeutin.
Auch unverarbeitete Traumata können ein Grund sein. "Überidentifikation und Überengagement können ein Weg sein, das zu kompensieren, was man sich selbst früher gewünscht hätte."
„Menschen, die es immer allen recht machen wollen, haben oft Schwierigkeiten, ihren eigenen Wert oder ihre Bedeutung abseits davon zu sehen.“
Ein geringes Selbstwertgefühl kann ebenso eine Rolle spielen - wer immer über seine eigenen Grenzen geht, um anderen zu helfen, glaubt womöglich, sein Wert liege im Selbstaufopfern.
Du erkennst Dich gerade in diesem Muster wieder? Dann wird es schleunigst Zeit, an Deinem Maß an Empathie zu arbeiten. Denn: Es gibt Strategien, um sich besser abzugrenzen.
Auch für die Person, die das Mitgefühl empfängt, kann toxische Empathie negative Folgen haben: Die Grenzen verwischen, die Rollen werden unklar, und schlimmstenfalls entsteht ein Verlust an Eigenverantwortung. "Wenn sich jemand zu sehr mit Deinem Schmerz identifiziert, wirkt es, als übernehme er die Kontrolle über Deinen Heilungsprozess - was Dich hilflos oder abhängig machen kann", sagt Love.
Zudem könne Schuldgefühl entstehen: "Wenn man das Gefühl bekommt, dass das Teilen der eigenen Gefühle den anderen zu viel Energie kostet, zieht man sich zurück. Das führt zu mehr Isolation statt zu Verbindung."