Nach blutigen Unruhen

Regierungschef geflüchtet – Krise im Himalaya-Staat

Ein Social-Media-Verbot löst in Nepal schwere Unruhen aus. Der Regierungschef trat zurück. Unklar ist, wer nun die Verantwortung trägt.
12.09.2025, 13:37
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Nach einer vorübergehenden Blockade von Onlinenetzwerken durch die Regierung waren Anfang der Woche tausende Menschen in Nepal auf die Straßen gegangen. Nach Polizeiangaben sind in dieser Woche mindestens 51 Menschen getötet worden. Doch wie ist es überhaupt so weit gekommen und wie geht es weiter? Ein Überblick.

Wie ist es zu den Protesten gekommen?

Die Proteste hatten sich entzündet, nachdem die Regierung des Himalaya-Staates in der vergangenen Woche 26 Online-Netzwerke verboten hatte. Nepals Regierung warf diesen vor, sich nicht ordnungsgemäß registrieren zu lassen. Der Oberste Gerichtshof hatte im August angewiesen, die betroffenen Online-Dienste müssten unter staatliche Aufsicht gestellt werden, um unter anderem die Verbreitung von Falschinformationen über das Netz besser bekämpfen zu können.

„Wir sind hier, um zu fordern, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird.“
Narayan Acharya, Demonstrant

Die Demonstranten kritisierten neben dem Gesetz auch die verbreitete Korruption und forderten den Rücktritt des Ministerpräsidenten Khadga Prasad Sharma Olis. "Wir sind hier, um zu fordern, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird und das derzeitige Regime gestürzt wird. K.P. Oli sollte verjagt werden", sagte der Demonstrant Narayan Acharya.

Weshalb ist der Unmut bei den Demonstranten so groß?

Die Proteste wurden den Berichten zufolge vor allem von jüngeren Menschen – den etwa 18- bis 30-Jährigen – angeführt und sind auch Ausdruck einer allgemeinen Unzufriedenheit: Viele junge Menschen blicken verärgert auf die Familien der politischen Elite, die im Luxus schwelgen und Vorteile genießen, während ein Großteil der Jungen Schwierigkeiten hat, Arbeit zu finden. Daher sind die sogenannten "Nepo Kids", also Kinder von wohlhabenden Politikern, zum Symbol für Korruption und Ungleichheit geworden.

In Nepal ist fast die Hälfte der Bevölkerung unter 25 Jahre alt. Die Jugendarbeitslosigkeit lag nach Angaben der Weltbank im vergangenen Jahr bei 20 Prozent. Die Regierung schätzt, dass mehr als 2000 junge Nepalesinnen und Nepalesen jährlich auswandern, um im Nahen Osten oder Südostasien nach Arbeit zu suchen.

Wie reagierte die Regierung?

Der Zorn der Demonstranten kannte zeitweise keine Grenzen mehr – auch nicht, als die Regierung die Social-Media-Sperre wieder zurücknahm. In der Hauptstadt Kathmandu und anderen Landesteilen setzten aufgebrachte Menschen die Wohnsitze und Büros mehrerer Minister sowie anderer Politiker in Brand und griffen sie mit Steinen an, wie die Zeitung "The Kathmandu Post" und andere lokale Medien berichteten. Wegen der schweren Unruhen, die Montag ausgebrochen waren, trat Ministerpräsident Khadga Prasad Sharma Oli zurück.

Das Büro des Ministerpräsidenten zitierte Oli damit, er wolle mit seinem Rücktritt den Weg für eine politische Lösung für die aktuelle Situation im Land frei machen. Zuvor waren schon mehrere Minister, darunter der Innenminister, zurückgetreten.

Wer trägt nun die Verantwortung?

Nach dem Rücktritt des Regierungschefs ist unklar, wer in dem Himalaya-Staat die Verantwortung trägt. Nach zwei Tagen der Proteste hatte die nepalesische Armee am Dienstagabend die Kontrolle in Kathmandu übernommen. Jetzt patrouillieren Soldaten in den Straßen der Hauptstadt, kontrollieren Fahrzeuge und bieten Hilfsbedürftigen Unterstützung an. Derweil läuft die Suche nach einer Interimsregierungschefin oder einem Interimsregierungschef.

Nachdem Oli seinen Rücktritt eingereicht hatte, bat ihn Präsident Ram Chandra Poudel, bis zum Antritt eines neuen Kabinetts die Regierungsgeschäfte weiterzuführen. Doch Oli flüchtete aus seinem Amtssitz, sein Aufenthaltsort ist nicht bekannt.

Wer könnte das Amt übernehmen?

Vertreter der Protestierenden trafen sich am Mittwoch mit Militärs am Armeehauptquartier in Kathmandu, um über einen Übergangsregierungschef zu diskutieren. Einige machten sich für die Juristin Sushila Karki stark, ehemals Oberste Richterin des Obersten Gerichtshofs und die erste Frau, die dieses Amt innehatte.

Rehan Raj Dangal, ein Vertreter der Demonstranten, sagte, Karki sei als Interimsministerpräsidentin vorgeschlagen worden. Unter den Demonstrierenden, die sich vor dem Armeehauptquartier versammelt hatten, waren aber nicht alle von der Idee überzeugt.

Anup Keshar Thapa, ein pensionierter Regierungsbeamter, der die verkohlten Amtssitze der Minister besichtigte, sagte, es sei unklar, wer das Land führen werde und ob die Menschen ihnen tatsächlich zuhören würden. "Wenn die Proteste organisiert abgelaufen wären, wäre klar, wer die Führung hat", sagte er. Die parlamentarische Demokratie Nepals ist jung. Von 1996 bis 2006 herrschte Bürgerkrieg, die jahrhundertealte Monarchie wurde 2008 abgeschafft.

{title && {title} } red,20 Minuten, {title && {title} } Akt. 12.09.2025, 14:50, 12.09.2025, 13:37
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