Auch heuer wurden die Spitzenkandidaten der im Parlament vertretenen Parteien zum ORF-Sommergespräch geladen. Am Montagabend war FPÖ-Chef Herbert Kickl als letzter Kandidat zum großen Finale an der Reihe. Eine Premiere: Erstmals nahm zum Abschluss der Interviewreihe nicht der Bundeskanzler, sondern ein Freiheitlicher Platz.
Von ORF-Innenpolitik-Chef Klaus Webhofer wurde der 56-Jährige gleich zu Beginn auf die schlechten Vertrauenswerte in der jüngsten Umfrage angesprochen. "Schauen wir auf das Wahlergebnis. Einziger Gewinner war die FPÖ, der Politiker mit dem schlechtesten Wert im Vertrauensindex", entgegnet Kickl.
Auch den Vorwurf, dass seine Partei bei den Koalitionsverhandlungen kompromissbereiter hätte sein müssen, lässt der blaue Parteiobmann nicht im Raum stehen. "Man kann auch sagen, jemand steht zu seinen Positionen und Grundsätzen, der Rückgrat hat, der sich nicht kaufen lässt", so Kickl. Er sei kompromissbereit gewesen, sei jedoch nicht bereit gewesen, das, wofür seine Partei gewählt wurde, aufzugeben. Bei diesen Grundsatzfragen könne man keine Kompromisse machen.
"Soll dieses Land untergehen, weil man nicht bereit ist, Weichenstellungen in den Bereichen Asyl und Wirtschaft vorzunehmen?", fragt Kickl. "Oder fährt man Kurs, um unseren Kindern eine gute Zukunft zu sichern. Die Politik hat uns erst in diese Misere gebracht."
Angesprochen auf eine mögliche Kandidatur bei der Landtagswahl in Kärnten, kann sich Kickl einen Seitenhieb in Richtung Bundeskanzler Stocker nicht verkneifen. "Mich wundert, dass Stocker in Zeit der multiplen Krisen spekuliert, ob ich 2028 nach Kärnten gehe. Stocker sitzt in Zypern, während Arbeitslosigkeit und Teuerung dahin galoppieren."
Einen Wechsel aus der Bundespolitik in sein Heimatbundesland schließt der Freiheitliche entschieden aus. "Ich habe das Versprechen abgegeben, den Menschen gute Jahre zu geben. Zu diesem Wort stehe ich", begründet Kickl.
Als nächsten Punkt wollte Webhofer von Kickl wissen, welche Lösungen die FPÖ bei der aktuellen Teuerung hätte. Es brauche Entlastung für die Bevölkerung, die unter Teuerung leidet, insbesondere bei Mieten, Lebensmitteln, Energiekosten. Seine Partei habe Vorschläge gemacht, etwa die Einführung einer Strompreisbremse oder eine Entspannung bei Grundnahrungsmitteln durch Steuerstreichung.
"Das wird nur dann etwas bringen, wenn wir die Ursachen der Teuerung bekämpfen. Das ist die Energiepreisproblematik, die mit der Kriminalisierung von CO2 zusammenhängt", stellt Kickl weiter klar. In diesem Zusammenhang spricht sich Kickl zudem auch für eine Rückkehr zu russischem Gas aus, da dieses "billiger als das aus Saudi-Arabien" sei. "Frankreich nimmt russische LNG-Gas, Holland nimmt es – und wir sollen es nicht nehmen?"
Auf die Frage woher das notwendige Geld zur Entlastung der Österreicher kommen solle, entgegnet Kickl: "Diese Frage kommt nie, wenn es darum geht, Milliarden in die Ukraine zu schicken, wenn Geld ans Ausland verteilt wird, wenn NGOs finanziert werden." Klar sei, dass man 2 Milliarden Euro mehr in die Europäische Union einzahle. "Wir bezahlen unsere Aufpasser, die selber ihre Budgetregeln nicht einhalten. 5 bis 6 Milliarden Euro können leicht eingespart werden", so der FPÖ-Chef.
Die wirtschaftliche Lage bezeichnet Kickl als "desaströs". "Wenn man als Regierung den Versuch unternimmt, das Land nach vorne zu bringen, braucht man Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Dieses Vertrauen haben die Menschen nicht, weil dieselben Politiker den Menschen die Suppe eingebrockt haben", zürnt der Freiheitliche weiter.
Die Wirtschaft sei das "Herz-Kreislauf-System des Landes", man habe keine Alternative als diese zu stärken. Kickl spricht sich dabei etwa für eine radikale Kürzung der Förderungen aus, um das notwendige Geld zur Verfügung stellen zu können: "Wenn wir bei Förderungen auf das Niveau von vor Corona zurückkehren, haben wir 5 Milliarden Euro eingespart."
Angesprochen auf die Pensionsdebatte zeigt Kickl großes Unverständnis. "Da bin ich entsetzt über Kaltschnäuzigkeit der Regierung. Stocker will den Pensionisten beinhart die Pension kürzen. Ich frage mich: Was reitet jemanden, so einen Vorschlag zu machen?", kritisiert er die Pläne der Regierung.
"Pensionisten haben Angst, dass sie im Winter frieren. Und dann herzugehen: Jetzt kürze ich denen die Pensionen, nachdem die Pensionisten schon zur Ader gelassen werden, gleichzeitig kürze ich nicht bei der Mindestsicherung oder bei Geldern fürs Ausland", fährt der Freiheitliche fort. Seiner Ansicht nach müsse man allen Pensionisten die Inflationsangleichung von 2,7 Prozent zusagen. "Das passt hinten und vorne nicht zusammen. Wir brauchen ein ordentliches Wirtschaftswachstum, dann ist das Pensionsproblem kleiner." Wenn man ein ordentliches Wirtschaftswachstum habe, in dem man eine "wirtschaftspolitische Generalmobilimachung" freisetze, würde das Problem "viel, viel kleiner " aussehen.