Die schwarze Serie geht weiter. Wieder muss ein alteingesessener Betrieb schließen – Hunderte Menschen verlieren ihre Jobs. Diesmal sind an einem Standort 120 Mitarbeiter betroffen (Leopoldsdorf, NÖ), am anderen 150 (Hrusovany, Tschechien). Der Konzern, zu dem diese beiden Zucker-Fabriken gehörten, ist die renommierte Agrana.
"Es war ein Schockerlebnis", sagt Thomas Buder, er ist Betriebsratsvorsitzender bei Agrana, zu "Heute". Am Tag zuvor erfuhren die Mitarbeiter in Leopoldsdorf vom baldigen Ende. "Die Stimmung war wie auf einem Begräbnis. Es waren etwa 100 Mitarbeiter anwesend, die erfahren haben, dass sie in wenigen Monaten keinen Job mehr haben werden."
Wie in vielen Fällen heißt es aus dem Konzern, dass steigende Produktionskosten, immer größerer Wettbewerbsdruck und neue Regeln die Produktion an diesem Standort unmöglich machen würden. Das Werk in Leopoldsdorf wurde 1901 errichtet, heuer wird es schließen.
"Die Leute fragen sich jetzt, ‚wofür sollen wir zur Arbeit kommen, wir werden diese Geräte nicht mehr bedienen'," sagt der Betriebsrat. Erklärung: Die Arbeit in der Zucker-Fabrik ist saisonabhängig. Gerade jetzt wird die kommende Saison vorbereitet, die Maschinen werden gewartet. Doch wozu, wenn das Werk schließt.
Der Schock war groß, nur zaghaft wurden bei der Versammlung Fragen gestellt: "Was sollen wir jetzt tun?", oder, "sollen wir morgen überhaupt zur Arbeit kommen?" berichtet der Betriebsrat.
Viele der Anwesenden verbinden ihr ganzes Berufsleben mit der Fabrik. Einige sind seit der Lehre an diesem Standort tätig, manche haben 40 Dienstjahre hier gedient, "für die bricht ihre Welt zusammen!"
Jetzt werden die Arbeiter beim AMS zur Kündigung angemeldet, der Betriebsrat muss einen Sozialplan verhandeln. Thomas Buder erzählt von schlimmen Härtefällen: "Mitarbeiter wissen nicht, wie sie künftig die Kredite für ihre Häuser bezahlen sollen, es gibt alleinerziehende Mütter – wir müssen diese Kollegen unterstützen."
"Dann gibt es Menschen, die stehen zwei Jahre vor der Pension – die werden keinen Job mehr bekommen. Die brauchen einen Sozialplan, damit die nicht in der Luft hängen", genau diesen verhandelt Thomas Buder jetzt mit dem Arbeitgeber. Es ist eine Mammutaufgabe.
Für die Agrana-Belegschaft ist das ein Déjà-vu. Bereits vor fünf Jahren wurde hier ein Sozialplan unterschrieben. Doch dann kam Corona, alles war anders, "aber seither hängt das Thema wie ein Damoklesschwert über uns. Viele haben geahnt, dass es irgendwann so weit sein wird, aber wenn es dann kommt, dann ist der Stich ins Herz noch größer!"