Dieser Mann gibt der aktuellen Debatte um Gastpatienten im Osten Österreichs ein (schmerzverzerrtes) Gesicht: Otto K. aus Melk ist heute 61 Jahre alt. Seit seiner Geburt lebt er in Österreich, hat früher bei einer Versicherung gearbeitet, war als Techniker, als Lkw-Lenker und zuletzt als Bezirksleiter einer Flüssiggasfirma aktiv.
Heute ist der Melker (NÖ) ein arbeitsloser Mann, gezeichnet von körperlichen und seelischen Schmerzen – auch nach einer regelrechten Spitals-Odyssee. "Trotz der sichtbaren Lähmungserscheinungen und nur mehr mit Morphium und Rollator und der Hilfe meiner Frau musste ich den mehr als schmerzhaften Alltag über mich ergehen lassen", sagt er gegenüber "Heute".
Rückblick: Ein Jahr lang war laut K. ein Rücken-Eingriff in einem Wiener Krankenhaus geplant, Voruntersuchungen fanden dort bereits statt. Dann, wenige Wochen vor dem Termin, die mündliche Absage. Otto K. beschreibt die neue Situation so: "Der OP-Termin im Wien wurde mündlich abgesagt, da ich Niederösterreicher bin. Nach einigen Spitalsterminen wieder ein Jahr für Nichts."
Tatsächlich soll eine Obergrenze an Gastpatienten dafür sorgen, dass die Kapazität an Wiens Spitälern vorrangig für die eigene Bevölkerung genutzt wird. Akute medizinische Notfälle werden selbstverständlich weiterhin behandelt, ganz gleich der Herkunft. Bei nicht dringenden, nicht lebensnotwendigen OPs wird aber unterschieden.
K. weiter: "Ich habe gearbeitet von der Zeit, als ich 15 war, bis ich 58 Jahre alt war. Ich war jahrelang Lkw-Fahrer, war Techniker und habe im Außendienst gearbeitet. Und jetzt werde ich nicht in Wien operiert, nach all den Jahren, wo ich in die Kassen eingezahlt habe? Das ist eine Sauerei!", sagt er.
Nach der Absage aus Wien schaute sich Otto K. in St. Pölten, Krems und sogar Linz um: "Auf Nachfragen wegen eines Spinalkanalstenose-OP-Termins hieß es: Wartezeiten von anderthalb bis zwei Jahren auf einen OP-Termin."
Die Schmerzen lassen ihm letztlich keine Wahl. K. hat mittlerweile Pflegestufe 1 und einen Behindertenausweis mit 70 Prozent. Längeres Sitzen oder Gehen fällt ihm schwer, arbeiten kann der Niederösterreicher so auch nicht – also muss der 61-Jährige auf den Eingriff in einer privaten Klinik ausweichen.
Otto K.: "Ich konnte nicht mehr weiter und habe in einer Privatklinik in Salzburg 9.524,80 Euro für die lebenserhaltende Spinalkanal-OP selbst bezahlt." Der Eingriff fand dieses Jahr in der Salzburger Privatklinik Wehrle-Diakonissen statt. Viel zu spät, wie der Mann "Heute" erzählt: "Nach der Rücken-OP in Salzburg bin ich kein voller Mensch mehr. Ich wurde klinisch kaputtgemacht."
Finanziell rutschte er nach der Operation in Salzburg ab. Weiterhin kann der 61-jährige K. aufgrund der starken Rückenschmerzen nicht arbeiten. "Für das AMS bin ich arbeitsfähig, jedoch unvermittelbar, da ich noch dringend notwendige Physiotherapien und Reha machen muss."
Ein Gehalt bekommt er also nicht, aber während des monatelang andauernden Martyriums sind auch die Zahlungen des Krankengelds versiegt. "Weil ich ausgesteuert bin, heißt es. Ausgesteuert – wer kann mit diesem Wort etwas anfangen?", fragt K. hoffnungslos.
"Heute" fragte bei der Österreichischen Gesundheitskasse nach. Diese erklärt, dass der Anspruch auf Krankengeld nach Erreichen der gesetzlichen Höchstdauer („Aussteuerung“) endet. Die ÖGK schreibt: "In Anbetracht der Sachlage muss weiterhin angenommen werden, dass seit der Aussteuerung am 31.07.2024 leider keine tatsächliche Arbeitsfähigkeit eingetreten ist, weshalb er kein Krankengeld von uns beziehen kann." Man handle im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben, heißt es seitens der ÖGK.
Der 61-Jährige hofft, von der ÖGK Geld für die OP-Kosten zurückzubekommen. Er hat schließlich weder in Wien noch in Niederösterreich oder Linz einen zeitlich für ihn ertragbaren OP-Termin bekommen, sagt er. "Heute" gegenüber bestätigt die ÖGK Otto K.s stationären Aufenthalt vom 15. bis 17. Mai 2025 in der Diakonissen & Wehrle Privatklinik Salzburg.
Wie die ÖGK schreibt, ist die Salzburger Klinik PRIKRAF-finanziert. Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF) heißt: Die Sozialversicherung zahlt der Privatklinik die Grundversorgung pauschal – also Zimmer, Verpflegung, Pflege, ärztliche Behandlung und Standard-Medikamente der allgemeinen Gebührenklasse. Extras wie Sonderklasse (Einzelzimmer, Chefarzt) oder Privathonorare sind nicht abgedeckt – dafür gibt es keinen weiteren Kostenersatz.
Zu K.s Spießrutenlauf zwischen verschiedenen Spitälern schreibt die ÖGK: "Bezüglich der Diskussion um die Krankenhausfinanzierung und die Gastpatienten weisen wir darauf hin, dass für den Betrieb, die Organisation und die Finanzierung der Spitäler die Länder zuständig sind." Der Gesetzgeber sieht vor, dass die ÖGK (wie alle Krankenversicherungsträger) ihren Beitrag zur Spital-Finanzierung an die Landesgesundheitsfonds leistet. Und weiter: "Verwaltungsagenden von Spitälern, die über die Gesundheitsfonds betrieben werden, sowie die Strukturplanung im Spitalswesen fallen aber nicht in unseren Zuständigkeitsbereich."