Österreichs Fußballverband stellt sich neu auf. Nachdem Josef Pröll das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden, ehemals ÖFB-Präsident, übernahm, wird nun eine Strategie für die Zukunft des Verbandes erarbeitet. Darauf hat sich der ÖFB-Aufsichtsrat in einer Sitzung am Freitag verständigt. Man wolle sich das gesamte Jahr 2026 Zeit nehmen, um dann weit in die Zukunft zu planen – fünf oder gar zehn Jahre, wie Pröll erklärte.
"Es gibt viele Themen: Zwischen Bundesliga, dem Breitensport, den fast 2.000 Vereinen im ÖFB. All das muss auf den Tisch und wir wollen es in eine Strategie für den österreichischen Fußball gießen", sagte der ehemalige Vizekanzler im "ORF".
Einer der Punkte ist dabei auch das Thema Doppelstaatsbürgerschaften bei ÖFB-Kandidaten. Anlassfall war hier Sturm-Graz-Angreifer Leon Grgic, der im Nachwuchs für den ÖFB spielte, sich nun aber dazu entschlossen hat, künftig für die kroatische Nationalmannschaft aufzulaufen. Auf der Gegenseite buhlt vor allem ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick intensiv um den DFB-Nachwuchsteamspieler Paul Wanner, der in Dornbirn geboren wurde, eine österreichische Mutter hat.
"Das ist eine spannende Frage, die uns beschäftigt. Wir sehen auch bei den jungen Nationalteams sehr viele Doppelstaatsbürgerschaften. Das Thema muss auf den Tisch", stellte Pröll klar, warf Fragen auf: "Was brauchen wir dazu, von Reglements, die bis hin zur UEFA oder zur FIFA gehen müssen? Was können wir auch selbst leisten, um Werbung zu machen? Was wir da tun müssen, ist ein Auftrag für die Strategiedebatte."
Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass in der aktuellen Nationalelf "viele spielen, die sich als Doppelstaatsbürger für Österreich entschieden haben", betonte Pröll. Um ähnliche Fälle künftig zu verhindern, müsse man die "Zusammenarbeit mit den Vereinen intensivieren", so der Aufsichtsratsvorsitzende, der auch Grgic nicht als Sündenbock stehen wollte: "Ich kann nicht nachvollziehen, welche schlechten Emotionen da erzeugt wurden. Das hat der Spieler nicht verdient." Grgic hatte Drohungen und Hassnachrichten erhalten.
Teamchef Rangnick sprach bei seiner ÖFB-Kaderbekanntgabe ein weiteres Problem im österreichischen Fußball an: Immer weniger rot-weiß-rote Topvereine setzen auf junge Österreicher. "Die Klubs leisten hervorragende Arbeit in den Akademien, wie die Durchlässigkeit in die Bundesliga stärker forciert werden kann, da müssen wir stärker an einem Strang ziehen. Die Lösung kann nur sein, dass wir als ÖFB mit der Bundesliga und den Klubs daran arbeiten. Da haben wir eine Herausforderung", so der ÖFB-Aufsichtsratsvorsitzende. Man müsse sich "Länder zum Beispiel nehmen, wo der Trendbruch zum Positiven gelungen ist", meinte Pröll.
Österreichs Nationalteam bereitet sich in Windischgarsten in der kommenden Woche auf die richtungsweisenden ÖFB-Länderspiele gegen Zypern (6. September) in Linz und in Bosnien (9. September) vor. Das große Ziel bleibt klar die erste WM-Qualifikation seit 1998. "Mich stimmt positiv, welche Stimmung bei den Spielern vorhanden ist, die merken, es ist etwas Großes nach 28 Jahren möglich. Ich bin absolut optimistisch, dass wir es schaffen können", schmunzelte Pröll.
"Wir werden von dieser Idee nicht abrücken", meinte ÖFB-Boss Pröll auf ein neues Nationalstadion angesprochen. Eine Umsetzung sei aufgrund der budgetären Lage im Land freilich eine große Herausforderung, dennoch habe der ehemalige Vizekanzler ein "gutes Gespräch" mit Wiens Stadtrat Peter Hacker gehabt. "Ich nenne es gerne ein Multifunktionsstadion, weil es nur für den Fußball zu wenig ist. Wenn man neue Infrastruktur schaffen will in Österreich, müssen mehrere Sportarten ihre Heimat dort finden können, und Kulturveranstaltungen", so Pröll, der betonte auch Kontakte zu privaten Investoren zu haben.
Pröll besuchte als Aufsichtsratsvorsitzender des ÖFB die UEFA-Zentrale in Nyon und besprach sich dabei auch mit Präsident Aleksander Ceferin. "Ich will, dass Österreich in den Gremien der UEFA mehr vertreten ist, und ich habe dafür geworben, dass Österreich wieder Standort von UEFA-Spielen auf Klubebene wird", unterstrich der ÖFB-Aufsichtsratsvorsitzende.