Spar-Chef Hans Reisch rechnet mit der "Shrinkflation" ab – und sieht die Verantwortung dafür klar bei den großen Lebensmittel- und Konsumgüterkonzernen, nicht beim Handel. "Der Lebensmittelhandel kann nichts dafür. Die Erzeuger machen das", sagte Reisch am Mittwoch. "Das ist unerhört."
Seit Jahren sorgt das Phänomen für Ärger: Packungen werden kleiner, der Preis bleibt gleich oder steigt sogar. Das geplante Gesetz gegen "Shrinkflation" sieht Reisch dennoch kritisch – vor allem wegen zusätzlicher Kosten, die damit auf die Händler zukämen.
Am 9. Dezember stimmten ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne im Wirtschaftsausschuss für das "Anti-Mogelpackungs-Gesetz". Damit es in Kraft tritt, braucht es noch die Zustimmung des Nationalrats. Vorgesehen ist, dass Händler – je nach Unternehmens- bzw. Betriebsstättengröße – bis Mitte 2030 befristet kennzeichnen müssen, wenn ein Produkt von "Shrinkflation" betroffen ist.
Der Hinweis soll entweder direkt am Produkt, am Regal, in unmittelbarer Umgebung oder per Informationsschild erfolgen. Kleine selbstständige Kaufleute mit fünf Filialen oder weniger sind ausgenommen: Sie können die Kennzeichnung per Aushang lösen, bei Filialen unter 400 Quadratmetern fällt die Pflicht überhaupt weg.
Reisch verwies auch auf Beispiele aus der Praxis: Zu Jahresbeginn reduzierte der US-Konzern Mondelēz International bei manchen Milka-Schokoladetafeln die Füllmenge von 100 auf 90 Gramm. Bei Spar sei der Absatz dieser Tafeln dennoch nicht gesunken. Der Kunde akzeptiere das, weil er das Markenprodukt wolle, sagte der Spar-Chef im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien.
Gleichzeitig betonte Reisch, wie begrenzt der Einfluss des Handels gegenüber internationalen Konzernen sei – etwa gegenüber Procter & Gamble, Johnson & Johnson oder Nestlé. Spar habe dort keine Marktmacht. Bei Spar-Eigenmarken gebe es hingegen keine "Shrinkflation", so Reisch. Der Eigenmarkenanteil liege bei Spar bereits bei über 40 Prozent.
Unzufrieden zeigte sich der Konzernchef mit der aufgeheizten Debatte rund um Preise. Aus seiner Sicht stehe vor allem der Lebensmittelhandel im Fokus – andere Branchen wie etwa Energieversorger nicht. Es sei leicht, dem Handel "das zuzuschieben", kritisierte Reisch. "Der Konsument kauft jeden Tag bei uns ein." Die Preisentwicklung hänge von Rohstoffpreisen sowie Energie- und Personalkosten ab, sagte er. Senke man Preise stark – wie aktuell etwa bei Butter – komme wiederum Kritik von Bauern.
Mit dem Geschäft in Österreich ist Reisch nach eigenen Angaben "sehr zufrieden". Im kommenden Jahr sollen weitere Standorte dazukommen. Am Mittwoch meldete die Spar Österreichische Warenhandels-Aktiengesellschaft die Übernahme von 23 Unimarkt-Standorten bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) an. Wenn die Wettbewerbshüter zustimmen, sollen diese Filialen von selbstständigen Spar-Kaufleuten geführt werden.
International will Spar vor allem in Norditalien wachsen – konkret in der Emilia-Romagna. Dort sei man aktuell nur die siebtgrößte Supermarktkette, Ziel sei, zur Nummer drei aufzuschließen. In Slowenien sei Spar nach eigenen Angaben bereits größter Lebensmittelhändler, in Kroatien liege man auf Platz drei.
Auch das Einwegpfand in Österreich beschäftigt Spar. Laut Reisch führte die Einführung zu "einem deutlichen Mehraufwand für das Personal". Insgesamt habe die Kette rund 60 Millionen Euro in Pfandautomaten und Umbauten investiert. Das Pfand habe außerdem das Einkaufsverhalten verändert: Seit der Einführung seien um ein Drittel weniger Dosen verkauft worden, erklärte der Spar-Chef. Umsatzseitig spüre man den Rückgang jedoch nicht, weil Kunden vermehrt Flaschen und andere Getränke – etwa Spirituosen – kaufen würden.
Beim Thema Online-Lebensmittelhandel bleibt Spar ebenfalls zurückhaltend: Ende August zog sich das Unternehmen komplett aus der Lebensmittel-Hauszustellung zurück. Reisch sieht für den Online-Lebensmittelhandel "kein Geschäftsmodell" in Österreich. Das Modell Click & Collect – online vorbestellen, im Markt abholen – werde derzeit bei Spar evaluiert.