Mikl-Leitner an Zugewanderte

"Unser Land, unsere Regeln": Was Landeschefin verlangt

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner pocht im "Heute"-Talk auf "Traditionen und Brauchtum" – und will eine strengere Sozialhilfe.
Clemens Oistric
12.12.2025, 05:10
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Johanna Mikl Leitner (61, VP) empfängt "Heute" in ihrem Büro im Palais Niederösterreich. Sie trägt ein mohnrotes Ensemble, Niederösterreich-Logo am Revers. Vor ihr steht ein Adventkranz, die Landeshauptfrau holt Streichhölzer der Diakonie aus der Handtasche und zündet zwei der weißen Kerzen an. Sie halte viel von Traditionen und Brauchtum, erzählt sie. Das gebe Halt. Von der Bundesregierung erwartet sie sich "mehr Tempo", sagt die mächtige Schwarze zu "Heute".

Das "Heute"-Interview

"Heute": Frau Landeshauptfrau, Sie gelten als sehr mächtige ÖVP-Politikerin – wie man zuletzt auch in der Causa Wirtschaftskammer gesehen hat. Wie beurteilen Sie die aktuelle Performance der Bundesregierung?

Johanna Mikl-Leitner: Ich würde mir mehr Mut und Tempo wünschen. Mit dem Entbürokratisierungspaket und der Ankündigung, den Strompreis mit einer Milliarde zu stützen, wurden aber wichtige Schritte gemacht.

"Heute": Für die Bevölkerung reicht das offenbar nicht aus. 60 Prozent fürchten, dass sich das Land in die falsche Richtung entwickelt.

Mikl-Leitner: Es stimmt, die Stimmungslage ist äußerst herausfordernd. Auch mir geht manches zu langsam. Optimismus und Zuversicht werden erst zurückkommen, wenn die angekündigten Maßnahmen bei den Menschen und Betrieben ankommen. Dann springt auch die Wirtschaft wieder an und neue Arbeitsplätze entstehen.

Video: Mikl-Leitner im Gespräch

"Heute": Bundeskanzler Stocker meinte unlängst, dass die Zeit des Redens vorbei sei. Hat die Regierung bisher Zeit vertrödelt?

Mikl-Leitner: Bundeskanzler Christian Stocker ist ein Mann der Taten. Natürlich braucht er aber auch Koalitionspartner, die ausreichend Umsetzungswillen zeigen. Da würde ich mir noch mehr wünschen – vor allem mit Blick auf die Wirtschaft. Sie ist die Grundlage für die Existenz unserer Familien.

"Heute": Sie haben Harald Mahrer in der Gehaltsdebatte öffentlich scharf kritisiert. Warum war er Ihrer Meinung nach an der Spitze der Wirtschaftskammer nicht mehr tragbar?

Mikl-Leitner: Hunderte Menschen waren damals im Laufe des Sonntags bei meinem Tag der offenen Tür in St. Pölten bei mir, um mit mir zu reden. Und der Unmut in Niederösterreich war mehr als groß, vor allem bei unseren Unternehmerinnen und Unternehmern. Das habe ich deutlich gemacht. Und ich meine, Harald Mahrer hat letztlich die richtige Entscheidung getroffen.

"Heute": Genießt ÖVP-Klubobmann August Wöginger, der sich nun doch seinem Prozess stellen muss, Ihr Vertrauen?

Mikl-Leitner: Ja.

„Es kann nicht sein, dass unsere Landsleute in Wiener Spitälern abgewiesen werden, weil sie Niederösterreicher sind.“
Johanna Mikl-LeitnerLandeshauptfrau NÖ
Landeshauptfrau Mikl-Leitner im Gespräch mit "Heute"-Chefredakteur Clemens Oistric
Sabine Hertel

"Heute": Die Inflation ist in Österreich mit 4 Prozent noch immer wahnsinnig hoch und beschwert die Bevölkerung. Tut die Politik hier ausreichend, um die Teuerung abzufedern?

Mikl-Leitner: Ein Anfang ist gemacht. Jetzt muss es aber auch wirken. Zwei Dinge sind zentral: der begonnene Bürokratieabbau und der Bereich der Energiekosten. Hier wird jetzt eine Milliarde in die Hand genommen. Die Inflation muss Anfang des nächsten Jahres zurückgehen, die Wirtschaft wieder Tritt fassen.

"Heute": SPÖ-Landesparteichef Sven Hergovich bekrittelte in einem "Heute"-Interview, dass die Landesregierung in Niederösterreich nichts unternommen hat, um die Teuerung zu bekämpfen, sogar das Schulstartgeld abgeschafft hat. Hat er recht?

Mikl-Leitner: Das ist Unsinn. 97 Prozent aller Regierungsbeschlüsse in Niederösterreich wurden einstimmig gefasst, zwei Drittel der Bevölkerung sind mit der Arbeit der Regierung zufrieden. Und Sven Hergovich sollte sich vor Augen führen, dass auch er Teil dieser Regierung und nicht in Opposition ist.

"Heute": Ein weiteres drängendes Thema für die Bevölkerung ist die Gesundheitsversorgung. Sie haben einen neuen Gesundheitsplan vorgelegt, der Spitalszusammenlegungen vorsieht. Werden die Wartezeiten damit nicht nochmals länger?

Mikl-Leitner: Wir haben mit mehr als 50 der besten Experten einen Plan entwickelt, um die Gesundheitsversorgung auf höchstem Niveau auch für die nächste Generation garantieren zu können. Dieser sieht eine Modernisierung des Gesundheitswesens vor und wurde einstimmig in der Landesregierung beschlossen. 89 Prozent der Menschen sagen: Wenn Sie krank sind, wollen sie in das beste Krankenhaus, nicht in das nächste.

"Heute": Im möglicherweise besten Spital gibt es derzeit für Nicht-Wiener wegen des nach wie vor schwelenden Gastpatienten-Streits längere Wartezeiten…

Mikl-Leitner: …die Menschen haben überhaupt kein Verständnis dafür, dass man hier künstlich Grenzen hochzieht. Rund 200.000 Niederösterreicher pendeln täglich nach Wien, zahlen dort 220 Millionen Euro Kommunalsteuer und sind dann die, die vor verschlossenen Türen stehen. Auf der anderen Seite werden ausländische Staatsbürger, die nichts ins System einzahlen, aber einen Hauptwohnsitz in Wien haben, behandelt. Es kann nicht sein, dass unsere Landsleute in Wien abgewiesen werden, weil sie Niederösterreicher sind.

"Heute": Zeichnet sich eine Lösung mit Wien ab, etwa eine Gesundheitsregion Ost?

Mikl-Leitner: Es gibt eine ganz klare Vereinbarung, die einzuhalten ist. Niederösterreich zahlt Jahr für Jahr 500 Millionen Euro für Gastpatienten an Wien. Wir haben die Sache unserem Rechtsanwalt übergeben, der nun prüft, welche Schritte möglich sind. Das kann bis hin zur Klage gehen.

„Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein. Unsere Regeln sind streng und klar.“

"Heute": Werden Wiener in niederösterreichischen Spitälern noch behandelt?

Mikl-Leitner: Selbstverständlich. Wir fragen in unseren Spitälern nicht nach dem Meldezettel, sondern wie wir helfen können. Auf diesen Weg sollten wir in der gesamten Ostregion zurück. In den nächsten Tagen gibt es ein Gespräch zwischen Stadtrat Hacker und unserem zuständigen Landesrat Anton Kasser.

"Heute": Sie haben unlängst bei der Sozialhilfe nachgeschärft, pochen aber vehement auf eine bundesweit einheitliche Lösung. Warum eigentlich, wenn Sie selbst ein gutes System haben?

Mikl-Leitner: Bei uns gilt das Motto: Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein. Unsere Regeln sind streng und klar, damit wir weiter jenen helfen können, die wirklich unsere Hilfe brauchen. Wer Arbeit grundlos ablehnt oder falsche Angaben macht, dem wird die Sozialhilfe gekürzt oder sogar gestrichen. Damit sind wir ein gutes Vorbild für ganz Österreich, um dem Sozialhilfe-Tourismus Einhalt zu gebieten. Nach unseren Berechnungen würde sich mit unserem Modell alleine Wien 300 Millionen Euro auf einen Schlag sparen.

"Heute": Wie hat die zuständige SPÖ-Sozialministerin auf Ihr Credo "Kein Cent mehr als in Niederösterreich" reagiert?

Mikl-Leitner: Ich bin überzeugt, dass gerade die Sozialministerin, ein großes Interesse daran haben muss, gegen Sozialmissbrauch vorzugehen. Es geht darum, sorgsam mit dem Geld umzugehen, das jene Menschen erwirtschaften, die täglich hart arbeiten. Denn nur das sichert den sozialen Frieden.

„Menschen, die zugezogen sind, müssen wissen, was uns wichtig ist und wie wir leben. Unser Land, unsere Regeln.“

"Heute": Im Parlament wurde am Donnerstag das Kinderkopftuchverbot beschlossen, trotz Kritik von Verfassungsexperten und Kirche. Begrüßen Sie das Gesetz?

Mikl-Leitner: Auf alle Fälle. Ein Kopftuch für Kinder ist ein klares Symbol der Unterdrückung. Ich will, dass Mädchen frei und gleichberechtigt mit Buben aufwachsen können und verstehe nicht, dass sich die Sozialdemokratie wehrt, das Gesetz im Verfassungsrang zu beschließen. Dann wäre alles geklärt.

"Heute": Sie haben bei unserem Eintreffen zwei Kerzen am Adventkranz angezündet. Wie wichtig sind Ihnen christliche Werte in einer Zeit, in denen es immer weniger Katholiken gibt, in Schulen und Kindergärten?

Mikl-Leitner: Ich halte sehr viel von Traditionen und Brauchtum, weil sie Teil unserer Identität sind. Sie geben uns Halt und Orientierung. Das aus den Klassenzimmern und Kindergärten auszusperren, wäre falsch verstandene Toleranz gegenüber anderen Kulturen und ist schädlich für die Integration. Die Menschen, die zugezogen sind, müssen wissen, was uns wichtig ist und wie wir leben. Unser Land, unsere Regeln.

"Heute": Wie sollen wir als Gesellschaft mit jenen Menschen umgehen, die unsere Werte nicht teilen und sich nicht integrieren wollen?

Mikl-Leitner: Das dürfen wir im Sinne der Gemeinschaft nicht tolerieren. Integration heißt Anpassung.

"Heute": Wie verbringen Sie heuer Weihnachten?

Mikl-Leitner: Im Kreise der Familie. Wir feiern heuer zwei Mal – am 24. und am 25., da meine ältere Tochter als junge Ärztin am Heiligen Abend Dienst macht. Ich denke heuer daher ganz besonders an alle, die unsere Systeme auch zu den Feiertagen am Laufen halten und danke allen für ihren Dienst an der Gemeinschaft.

"Heute": Niederösterreich wählt 2028 einen neuen Landtag. Wie läuft die Zusammenarbeit mit der FPÖ?

Mikl-Leitner: Konstruktiv. Über 60 Prozent unseres Arbeitsprogramms haben wir bereits umgesetzt und da uns mittlerweile zwei Drittel der Landsleute ein gutes Zeugnis ausstellen, können wir eine sehr positive Bilanz ziehen.

"Heute": Ihre Partei kritisiert die Freiheitlichen auf Bundesebene scharf. Schließe ich richtig aus Ihrer Antwort, dass die Lage in Niederösterreich anders aussieht?

Mikl-Leitner: Wir gehen in Niederösterreich unseren eigenständigen Weg. Damit ist die Lage bei uns natürlich auch anders als im Bund.

"Heute": In einem schwarzen Kernland, Oberösterreich, ist die FPÖ laut aktuellen Umfragen drauf und dran, die ÖVP zu überflügeln. Haben Sie diese Sorge auch für Niederösterreich?

Mikl-Leitner: Nein. Und wer sich von Umfragen treiben lässt, verliert den Fokus auf das Wesentliche. Mir geht es darum, die Stärken Niederösterreichs auszubauen und mit den richtigen und mutigen Entscheidungen die beste Zukunft für unsere Kinder zu schaffen.

Frau Landeshauptfrau, vielen Dank für das Gespräch.

{title && {title} } coi, {title && {title} } Akt. 12.12.2025, 09:49, 12.12.2025, 05:10
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