G'riss um CO2-Zertifikate

"Verlieren doppelt" – Hattmannsdorfer lässt aufhorchen

Deutschland und Österreich fordern längere Gratiszuteilung von CO2-Zertifikaten. Eine "Frage des industriellen Überlebens", sagt Hattmannsdorfer.
Newsdesk Heute
09.10.2025, 10:45
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Der deutsche Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) hat sich im Bundestag überraschend für eine Verlängerung der kostenlosen CO2-Zertifikate für die energieintensive Chemie-Industrie ausgesprochen. Die Zuteilung von Zertifikaten ende nach jetzigem Plan 2039. "Das ist zu früh", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch bei der Regierungsbefragung vor dem Bundestag. "Wir brauchen einen Übergang."

Die Verschmutzungsrechte sollen Firmen den Übergang zur klimafreundlicheren Produktion erleichtern und eine Abwanderung in Länder mit geringeren Umweltauflagen verhindern. Schneider reagiert damit laut Reuters auf Sorgen in der Branche, gegen internationalen  Wettbewerb ohne CO2-Vorgaben abzubeißen.

Erst wenn ein effektiver Schutz vor klimaschädlicheren Importen sichergestellt sei, könne das Ende der kostenlosen Zertifikaten angedacht werden, heißt es dazu aus dem deutschen Umweltministerium.

"Frage des industriellen Überlebens"

Damit folgt Deutschland jener Linie, die auch Österreichs Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) seit Wochen in Brüssel vertritt: "Wenn Europa die Kosten trägt und andere die Märkte bedienen, verlieren wir doppelt – an Wohlstand und am Klimaeffekt."

Solange CO2-arme Technologien noch nicht flächendeckend umsetzbar seien, brauche die Industrie eine faire Übergangsphase. "Ohne Verlängerung der Gratiszertifikate droht, dass Wertschöpfung und Emissionen einfach nur verlagert werden", betont der Wirtschaftsminister.

Für ein Beispiel blickt er in seine Heimat Oberösterreich: "Die voestalpine steht stellvertretend für viele Betriebe, die in neue, CO2-arme Technologien investieren wollen, aber faire Rahmenbedingungen brauchen". Dem Stahlkonzern würde ein Auslaufen der Gratiszertifikate ohne Umstellungsalternativen laut eigenen Angaben jährlich Milliarden Euro kosten.

Hattmannsdorfer: "Wir dürfen nicht zulassen, dass europäische Leitbetriebe durch überhastete Regelungen geschwächt werden. Die Verlängerung der Gratiszertifikate ist eine Frage des industriellen Überlebens, nicht des politischen Willens."

Er fordert deshalb eine Beibehaltung der Gratiszertifikate über 2034 hinaus und ein Abrücken von der vollständigen Abschaffung. Dazu solle der geplante CO2-Grenzausgleichsmechanismus der EU (CBAM) als Grundlage für jede künftige Reduktion bis 2028 reformiert werden.

"EU-Schutzschirm ist richtig"

Bleiben wir kurz beim Stahl: Die EU-Kommission hat neue Zollmaßnahmen für Stahl- und Aluminiumimporte beschlossen. Diese begrüßt der Wirtschaftsminister, spricht von "wichtigen Signal" zum Schutz europäischer Arbeitsplätze und Wertschöpfung.

Er fordert gleichzeitig eine umfassende europäische Industriepolitik. "Auch wenn Zölle wirtschaftlich nie ein gutes Instrument sind, ist der heutige Schritt ein notwendiges Signal. Europa darf nicht länger Absatzmarkt für Überkapazitäten aus China oder den USA sein", so Hattmannsdorfer.

Er stellt klar: "Wenn wir unseren Industriestandort erhalten wollen, brauchen wir faire Regeln und gleiche Chancen für alle. Ein europäischer Schutzschirm ist kein Ausdruck von Abschottung, sondern von Fairness – es geht darum, Investitionen, Arbeitsplätze und Wohlstand in Europa zu sichern."

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 10.10.2025, 15:45, 09.10.2025, 10:45
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