Am Mittwoch wurden im Nationalrat zahlreiche neue Gesetze beschlossen, darunter auch die Reform des Waffengesetzes und des ORF. Im Gespräch mit "Heute" erklärt Neos-Klubchef Yannick Shetty nun, was sich für die Österreicher ab jetzt ändert und wer von den Novellen betroffen ist.
Außerdem blickt der Pinke in die Zukunft und verrät, was die Bundesregierung beim Kopftuch plant, ob es bei der Sozialhilfe eine Wartefrist für Österreicher geben wird und ob es eine Quote für Mitarbeiter ab 60 Jahren in Unternehmen geben soll.
"Heute": Herr Shetty, am Mittwoch wurden im Parlament unter anderem Änderungen bei der ORF-Gebühr beschlossen. Sie sagen, Sie schmeißen Politik aus dem ORF raus, doch woran genau halten Sie denn das fest?
Neos-Klubchef Yannick Shetty: Derzeit ist es so, dass, wenn man Chef eines ORF-Landesstudios werden möchte, man zu einer Audienz bei den Landeshauptleuten antanzen muss. Das ist exemplarisch für den Eindruck mancher, dass im ORF zählt, wen man kennt und nicht, was man kann.
Neos sagen seit der Gründung: Politik muss raus aus dem ORF. Jetzt haben wir im Parlament beschlossen: Das Anhörungsrecht ist Geschichte, Landeshauptleute wurden im ORF entmachtet.
Fanden Sie, war der ORF bisher nicht unabhängig genug?
Viele Journalisten leisten exzellente, unabhängige Arbeit, aber es darf niemals der Anschein entstehen, dass die ORF-Führung unter politischem Druck stehen könnte. Wir müssen alles tun, um die Unabhängigkeit sicherzustellen. Wenn ein ORF-Landesstudio-Chef nur mit dem Segen eines Landeshauptmanns eingesetzt wird, ist das kein guter Eindruck.
Es soll sich ja auch bei den ORF-Gebühren etwas ändern. Worum geht es?
Wir haben die Doppel- und Dreifachbelastung für kleine und mittlere Betriebe abgeschafft. Wenn ich z. B. mehrere Friseursalons habe, musste ich bisher für jeden Standort ORF-Gebühr zahlen – das ist absurd und eine Abzocke. Damit ist jetzt Schluss, auch rückwirkend.
Heißt das, nur Unternehmen profitieren?
Genau, für 20.000 Betriebe ist das eine spürbare Entlastung. Für private Haushalte sind derzeit keine Änderungen geplant.
Kommen wir zum neuen Waffengesetz. Wie viel sicherer ist Österreich seit Mittwoch geworden?
Absolute Sicherheit gibt es nie, aber wir konnten Risiken reduzieren. Wir haben strengere Regeln beim Erwerb von Waffen beschlossen, die Psychotests verschärft und den Datenaustausch zwischen Behörden verbessert. Wer beim Bundesheer als untauglich gilt, kann nicht mehr am nächsten Tag eine Schrotflinte kaufen.
FPÖ-Sicherheitssprecher Gernot Darmann hat Ihre Novelle "schändlich" genannt. Sie fordern eine Entschuldigung. Warum?
Weil es kein Umgangston ist, eine von der Mehrheit befürwortete Maßnahme zum Schutz der Bevölkerung so abzuwerten. Man kann inhaltlich diskutieren, aber die Sprache darf nicht verrohen.
Jäger sind von den strengeren Psychotests ausgenommen. Trotzdem können auch sie im Laufe der Zeit eine psychische Erkrankung entwickeln. Wie gehen Sie damit um?
Wir wollten die Tätigkeit von Jägern oder Sportschützen nicht einschränken. Hundertprozentige Sicherheit kann es nie geben. Wir halten derzeit die bestehenden, strikten Regeln bei Jagdscheinen für streng genug.
Auch das Kopftuchverbot liegt auf dem Tisch. Wann wird abgestimmt?
Der Gesetzesentwurf ist derzeit in Begutachtung. Betroffene, Schulen und Lehrer können Rückmeldung geben. Danach wird über das Gesetz im Parlament abgestimmt.
Passt ein Verbot zu einer liberalen Partei wie den NEOS?
Ja, weil Liberalismus bedeutet, Freiheit zu schützen. Zwölfjährige Mädchen sollen sich auf Mathe oder Deutsch konzentrieren, nicht darauf, ob das Kopftuch richtig sitzt. Das Gesetz stärkt ihre Freiheit, solange sie noch als unmündige Minderjährige gelten und besonderen Schutz verdienen.
Wie überzeugen Sie Eltern, die das Kopftuch aus religiösen Gründen verlangen?
Mit klarer Normverdeutlichung: In Österreich gilt das Recht des Nationalrats, nicht ehrkulturelle Gesetze. Wer sich widersetzt, muss mit Strafen rechnen – bis zu 1.000 Euro, gestaffelt. Die Kinder schützen wir, Strafen treffen die Eltern.
Zur Sozialhilfe: Es gibt ein Gutachten des Verfassungsdienstes, wonach auch Österreicher eine Integrationsphase durchlaufen müssten. Sie haben das seinerzeit im Ministerrat strikt verneint. Wie ist die Lage?
Klar ist: Es wird keine europarechtswidrige Regelung geben. Bis 1.1.2027 soll die Reform ihre volle Wirkung entfalten. Aber dass Österreicher in Integrationskurse müssen, ist hirnrissig und wird nicht passieren. Integration gilt für Zuwanderer, nicht für Inländer. Eine Wartefrist muss europarechtskonform gestaltet werden, das wird in Verhandlungen geklärt.
Schließen Sie also aus, dass es eine Wartefrist für Österreicher geben wird?
Die Wartefrist wird derzeit im Detail verhandelt. Aber es wird sicher keine Integrationsphase geben. Niemand wird Österreicher in Integrations- und Wertekurse schicken.
Wie zuversichtlich sind Sie bei den Verhandlungen mit den Ländern?
Es wird herausfordernd, aber Länder haben auch Interesse an einheitlichen Regeln. Wir NEOS wollen hier Motor der Reform sein.
Sozialministerin Schumann (SPÖ) will eine Quote für Mitarbeiter ab 60. Was halten Sie davon?
Wir wollen Anreize statt Quoten. Eine Quote stigmatisiert ältere Arbeitnehmer. Unser Ansatz: Unternehmen belohnen, die Ältere einstellen.
Schumann beharrt aber auf der Quote.
Wir sind drei unterschiedliche Parteien, also wird verhandelt. Ich halte Strafen für Unternehmen für falsch, setze auf Anreize, mit denen man Unternehmen unterstützt. Ich halte wenig davon, ältere Menschen als "Quoten-Senioren" abzustempeln.
Das Klima in der Koalition wirkt rauer. Täuscht der Eindruck?
Vielleicht, weil viel darüber geschrieben wird (lacht). Ja, es gab schwierige Themen, aber wir haben fast alles intern diskutiert. Wenn etwas nach außen dringt, ist das nicht gut – das sehen alle drei Parteien so. Wir wollen hart in der Sache, aber intern diskutieren. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut.