Im Zollkonflikt mit US-Präsident Donald Trump schlägt die EU jetzt eine härtere Gangart ein – damit habe sich Österreichs Position in Brüssel durchgesetzt, erklärte Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) am Freitag. "Österreich war neben Frankreich beim EU-Handelsministerrat jenes Land, das ein härteres Vorgehen gegenüber Trump gefordert hat", so Hattmannsdorfer.
Trump droht der EU ja, wie berichtet, mit Zöllen in Höhe von 30 % auf alle Waren ab 1. August. In Reaktion darauf hat die EU ein erstes Paket mit Gegenzöllen in Höhe von 21 Mrd. Euro beschlossen, das am 6. August in Kraft treten soll. Ein weiteres Konvolut an Vergeltungszöllen im Volumen von 72 Mrd. Euro liegt bereit. Auf den Weg gebracht hat die EU jetzt auch ein drittes Paket, in dem statt Produkten Dienstleistungen ins Visier genommen werden, konkret geht es darum, die US-Digitalriesen zu treffen.
"Oberstes Ziel ist aber, dass wir eine Lösung am Verhandlungstisch zusammenbringen", so Hattmannsdorfer. Trotzdem: Falls das nicht gelingt und die Zölle tatsächlich kommen, bereite man sich auf diesen Ernstfall vor.
Was ein Handelskrieg mit den USA für Österreichs Wirtschaft bedeuten würde und welche Maßnahmen in diesem Fall zu treffen seien, habe er am Freitag mit "führenden Ökonomen" beraten, erklärte Hattmannsdorfer. Gemeinsam mit IHS-Chef Holger Bonin und Wifo-Experten Harald Oberhofer äußerte er sich im Anschluss vor Journalisten dazu.
Sollten die Gegenzölle wirksam werden, rechne die EU daraus mit Mehreinnahmen von 15 bis 16 Milliarden Euro. "Diese sollten nicht einfach im EU-Haushalt verschwinden, sondern verpflichtend zweckgewidmet werden", fordert Hattmannsdorfer – "und zwar für Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und zur Unterstützung besonders betroffener Branchen und Firmen".
„Zoll-Mehreinnahmen sollten nicht im EU-Haushalt verschwinden, sondern verpflichtend zweckgewidmet werden zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft.“Wolfgang HattmannsdorferWirtschaftminister (ÖVP)
Trumps Argumentation für seinen Zoll-Feldzug gegen die EU kann Wifo-Ökonom Oberhofer indes nicht nachvollziehen. Der US-Präsident spreche immer von einer massiven Schieflage im Handel zwischen Amerika und Europa. "Berücksichtigt man aber sowohl den Handel mit Waren als auch mit Dienstleistungen, hat die EU insgesamt einen Überschuss von 50 Mrd. Euro." Das seien gerade mal 3 % des gesamten Handelsvolumens EU/USA von 1,7 Billionen Euro.
Mit den geplanten Zollmaßnahmen werde Trump der US-Wirtschaft mehr schaden als den Europäern, haben die Wirtschaftsforscher errechnet. Verhänge Trump seine 30-%-Zölle, würde das die Wirtschaftsleistung der EU um 0,5 % schmälern, auch Österreichs Wirtschaft würde um 0,5 % zurückgehen. Der US-Wirtschaft würde es hingegen 1,2 % kosten, erklärte Oberhofer.
Werden die EU-Gegenzölle Realität, würde das ebenfalls die USA mehr treffen. Österreichs Wirtschaft würde dadurch um 0,6 % zurückgehen (statt 0,5 % ohne Gegenzölle). In den USA hingegen läge das Minus in diesem Fall bei knapp 2 %.
Diese Zahlen würden zeigen, dass Trump nicht rational agiere, sagte IHS-Chef Bonin: "Seine Zölle schaden den USA massiv – mehr als Europa."
Für Österreich sind die USA nach Deutschland der zweitwichtigste Handelspartner. Da unsere US-Exporte prinzipiell gut laufen, hätten die Zollmaßnahmen bei uns etwas stärkere Auswirkungen als in anderen EU-Ländern. Besonders betroffene Branchen: Fahrzeugbau und Metallverarbeitung.
Insgesamt sei es wichtig, dass sich unsere Wirtschaft und die europäische unabhängiger mache von einzelnen dominierenden Handelspartnern wie den USA, so Hattmannsdorfer.