Prozess um häusliche Gewalt

Blutergüsse, Schnittwunden: "Ich habe sie geliebt"

Eine Beziehung begann mit Leidenschaft, bevor eine Gewaltspirale Leiden schaffte. Ein heute 22-Jähriger steht wegen häuslicher Gewalt vor Gericht.
Victoria Carina  Frühwirth
01.09.2025, 05:15
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Eine Beziehung, die mit jugendlicher Leidenschaft begann, endete sechs Jahre später im Gerichtssaal: Vor dem Landesgericht Wiener Neustadt musste sich ein heute 22-jähriger Arbeitsloser aus dem Bezirk Baden verantworten.

Ihm wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, seine frühere Freundin mehrfach geschlagen, eingesperrt und auch sexuell missbraucht zu haben. Der junge Mann bestreitet alles – und zeichnet das Bild einer kranken, aber innigen Liebe.

Drogenkonsum traf auf Eskalationen

Bereits 2019, als beide noch minderjährig waren, begannen sie ihre Beziehung. Von Anfang an soll sie von Drogenkonsum, Streit und Eskalationen geprägt gewesen sein. Laut Anklage soll der Angeklagte seine Partnerin "mehrfach geschlagen, zu Boden gestoßen, an den Handgelenken durch die Wohnung gezerrt" und sogar im Badezimmer eingesperrt haben. Dokumentiert sind Hämatome (Blutergüsse) und Rissquetschwunden bei der Frau.

Vor Gericht wies der 22-Jährige die Anschuldigungen zurück und sagte, dass die Vorwürfe gegen ihn "erfunden" seien, berichtet der "Kurier". Die junge Frau leide heute unter schweren psychischen Problemen und nehme deshalb Medikamente. Der Angeklagte selbst sagt, er sei Opfer von Beschimpfungen und Wurfattacken mit Gegenständen geworden.

Er nutzte ihr Dach über dem Kopf

Auf die Frage der Richterin, warum er das über Jahre ertragen habe, antwortete der Angeklagte: "Weil ich sie geliebt habe. Ich komme nicht aus den besten familiären Verhältnissen und habe mit ihr endlich ein Zuhause gefunden. Ich wollte ihr helfen."

Du bist nicht allein

Wenn du in akuter Gefahr bist oder schnelle Unterstützung im Fall von häuslicher Gewalt brauchst, zögere nicht, dir Hilfe zu holen. Jede Frau hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben. Du bist nicht allein.

NÖ Frauentelefon:  0800 800 810

Frauenhelpline gegen Gewalt:  0800 222 555

Rat auf Draht:  147

Telefonseelsorge: 142

Ö3-Kummernummer: 116 123

Gehörlose / Mit Hörbehinderung:  0800 133 133 per SMS

Mit seinen Schilderungen versuchte der 22-Jährigen das Bild einer dramatischen Beziehung zu zeichnen. Während eines Restaurantbesuchs sei seine damalige Freundin plötzlich schreiend hinausgelaufen, überzeugt davon, dass "wir alle elend verbrennen, wenn wir hier bleiben". Immer wieder habe sie gedroht, sich das Leben zu nehmen, wenn er nicht sofort nach Hause komme, sagte er vor Gericht.

Isolation und emotionale Abhängigkeit

Auch von Selbstverletzungen der damaligen Freundin sprach der Angeklagte: "Ich habe Schnittwunden an Unterarmen und Oberschenkeln gesehen. Sie hat gesagt, die inneren Schmerzen werden weniger, wenn man die Verletzungen sehen kann."

Die Frau erzählte bei ihrer zweistündigen Einvernahme eine ganz andere Geschichte. Sie sprach von Gewalt, Isolation und Abhängigkeit. Der 22-Jährige habe sie systematisch von Freunden und Familie getrennt. Wegen seines Drogenkonsums habe sie für ihn sorgen müssen. Der Angeklagte hingegen behauptet: "Sie war in ihrer eigenen Welt, konnte nicht mehr unterscheiden, was wirklich passiert ist, und was es nur in ihrem Kopf gegeben hat."

Freundin "hätte jederzeit gehen können"

Das abrupte Ende kam, als die Frau schließlich auszog. Zwei Bekannte hätten den Angeklagten abgelenkt, damit sie ihre Sachen packen konnte, schilderte sie. Auch das bestreitet der 22-Jährige: "Sie hätte jederzeit gehen können. Sie ist von einem Tag auf den anderen zu einem neuen Partner gezogen, mit dem sie bereits eine Affäre hatte."

Am Ende blieb es bei widersprüchlichen Darstellungen. Da noch weitere Zeugen geladen werden sollen, wurde die Verhandlung vertagt.

{title && {title} } VF, {title && {title} } Akt. 01.09.2025, 12:15, 01.09.2025, 05:15
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