In den vergangenen Tagen kam es über Flughäfen in ganz Europa zu Drohnensichtungen. Experten vermuten, dass diese möglicherweise russischer Herkunft sind. Mit Gewissheit lässt sich das allerdings nicht sagen, da bislang keine dieser Drohnen abgeschossen oder anderweitig zu Boden gebracht wurde. Eine technische Untersuchung der Flugobjekte war daher bislang nicht möglich.
Nun hat die Diskussion bezüglich der Abwehr von Drohnen auch in Österreich Fahrt aufgenommen. Zuletzt reagierte das Verteidigungsministerium auf die potentielle Bedrohung und informierte darüber, wie Österreich im Ernstfall reagieren würde. Nur so viel: Der Abschuss einer solchen Drohne gilt in einem derartigen Szenario als Ultima Ratio. Die Grünen fordern nun eine eigene nationale Strategie zur Drohnenabwehr. Das Innenministerium müsse die technischen Mittel dazu beschaffen. Das sei noch nicht geschehen, so der stellvertretende Grünen-Chef Werner Kogler, der diesbezüglich "eine riesige Lücke" ortet.
Das will man seitens der Innenministeriums so nicht gelten lassen. Man habe am 24. September – auch mit den Stimmen der Grünen, wie betont wird – das RKE-Gesetz (Resilienz kritischer Einrichtungen-Gesetz) beschlossen. Dieses verfolge "einen risikobasierten All-Gefahren-Ansatz, wobei durch Drohnen besonders gefährdete kritische Einrichtungen ermittelt und bei der Etablierung verschiedenster Abwehrstrategie unterstützt werden".
Auch auf operativ-taktischer Ebene seien entsprechende Maßnahmen bereits eingeleitet worden. So sei in der Direktion Spezialeinheiten in Wiener Neustadt ein Spezialfachbereich Drohnen eingerichtet und technisches Equipment zur Abwehr von Drohnen angekauft und Spezialisten ausgebildet worden.
Am Dienstag war Drohnen-Expertin und Politologin Ulrike Franke vom European Council on Foreign Relations in Paris zu Gast. Erste Drohnensichtungen über Flughäfen habe es bereits vor dem Ausbruch des russischen Angriffskrieges in der Ukraine gegeben, führt sie aus. "Spätestens 2018" hätte man auf derartige Bedrohungsszenarien reagieren müssen, ist sie überzeugt. Damals wurde der Londoner Flughafen Gatwick nach einer Drohnensichtung für zwei Tage lahmgelegt.
Bezüglich der Drohnensichtungen über Flughäfen führt die Politikwissenschafterin aus, dass diese vom Typ eher in Richtung "Modellflugzeug" gingen. Diese seien anders konzipiert als Geräte, die im Handel erhältlich seien. Diese Modelle könnten länger fliegen oder in der Nacht eingesetzt werden. All das verdichte sich zu einem Bild, dass diese Drohnen nicht von einem Hobbyflieger gesteuert wurden. Sie vermutet einen "organisierten, kompetenten und womöglich staatlichen Akteur", der hinter diesen Sichtungen steckt. Der Zweck sei es womöglich zu spionieren, jedenfalls aber Unruhe zu stiften.
Die Herkunft lasse sich nicht so einfach identifizieren, weil es "keine lückenlose" Flugüberwachung in der NATO gebe, so Franke. Jedenfalls nicht in der Höhe, in der Drohnen fliegen– etwa 0 bis 1.000 Meter. Kampfflugzeuge seien deutlich höher unterwegs. Auch militärische Drohnen würden nicht immer entdeckt, hält die Expertin fest.
In der Frage der Drohnenabwehr gebe es mehrere Mittel – etwa Netze oder das Übernehmen der Drohne mittels Hacking. Es sei nicht so, dass man sich als Staat nur ein System zulegen brauche und dann eine Ruhe habe. Hier sei wohl in Zukunft ein Austausch mit der Industrie notwendig, so Franke. Denn der reine Abschuss einer Drohne sei das Mittel letzter Wahl. Denn alles was man in die Luft schieße, komme auch wieder runter.
Kollateralschaden wolle man jedenfalls vermeiden. Wichtigster Punkt im Kampf gegen Drohnen sei eine bessere Detektion. Außerdem müsse man sich überlegen, welche neuralgischen Punkte der kritischen Infrastruktur es zu schützen gelte. Franke nennt neben Flughäfen etwa auch Kraftwerke. Das gelte auch für das neutrale Österreich.