Plötzlich fehlen in der Bilanz von Wirecard 1,9 Milliarden Euro, bis dahin war der Zahlungsdienstleister ein deutsches Vorzeigeunternehmen. Ein Österreicher steht im Mittelpunkt eines gigantischen Finanzskandals: Seit mehr als fünf Jahre ist der Wiener Jan Marsalek auf der Flucht.
Das Innenministerium will dem flüchtigen Ex-Wirecard-Manager jetzt die Staatsbürgerschaft aberkennen. Wie die APA aus dem Ministerium erfuhr, wurde eine entsprechende Prüfung bereits eingeleitet. Was steckt dahinter? Wie "Heute" berichtete, soll sich Marsalek in Russland aufhalten, für den dortigen Geheimdienst arbeiten und auch über einen russischen Reisepass verfügen. Fotos zeigen Marsalek zudem in Militärmontur mit dem russischen Kriegssymbol "Z".
Diese Informationen hätten eine "akribische und umfassende Prüfung" eines Antrags zur Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft Marsaleks notwendig gemacht, teilte das Ministerium mit. An sich sind Staatsbürgerschaften zwar Ländersache, in einigen Fällen hat jedoch das Innenministerium das Recht, die Aberkennung zu beantragen.
Bei Marsalek könnte das durchaus der Fall sein. Als Beispiel für eine Aberkennung dient die Schädigung der Interessen oder des Ansehens der Republik durch Dienst für einen fremden Staat etwa durch Spionage. Der Eintritt in den Militärdienst eines anderen Landes oder freiwilliger Kampfeinsatz im Ausland für organisiere, bewaffnete Gruppen können ebenfalls zum Verlust der Staatsbürgerschaft führen. Der automatische Verlust erfolgt beim Erwerb einer fremden Staatsbürgerschaft ohne Genehmigung.
Die Staatsanwaltschaft München ermittelt gegen Marsalek unter anderem wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, des besonders schweren Falls der Untreue sowie weiterer Vermögens- und Wirtschaftsdelikte. Die deutschen Behörden haben Marsalek zur Fahndung ausgeschrieben und ein Rechtshilfeersuchen an Moskau gestellt. Russische Stellen bestreiten, offiziell seinen Aufenthaltsort zu kennen.