Bei der Umsetzung des Milliarden-Sparpakets zur Budgetsanierung ist Österreich bisher auf Kurs. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) und Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) haben vergangene Woche einen Lagebericht auf Basis der Zahlen für die ersten sechs Monate 2025 und einer Prognose für das Gesamtjahr abgegeben.
Quintessenz: Zwar fällt das gesamtstaatliche Minus um eine Milliarde Euro höher aus als geplant – aber "unterm Strich werden wir das Budgetziel von 4,5 Prozent Defizit nach jetzigem Ermessen einhalten können", so Eibinger-Miedl zu "Heute". Und zwar, weil der Bund um rund 800 Millionen Euro und somit deutlich besser dasteht als angenommen – das mache die schlechteren Zahlen von Ländern und Gemeinden wett.
Hintergrund: Es geht um das gesamtstaatliche Defizit – es zählen also die Ergebnisse von Bund, Ländern und Gemeinden.
Im "Heute"-Talk (ganzes Interview im Video unten) erläutert die VP-Finanzstaatssekretärin die Details zu den Budgetzahlen und wie es in den nächsten Monaten weitergeht: Wer mehr einsparen muss, wo jetzt Reformen im System angegangen werden und ob wir uns auf neue Spar- oder Steuermaßnahmen einstellen müssen.
Barbara Eibinger-Miedl über:
"Der Bund ist für heuer an und für sich mit einem Defizit von 3,5 Prozent veranschlagt. Wir liegen nach jetzigen Schätzungen bei 3,2 Prozent. Die verbesserten Zahlen des Bundes werden aber leider durch negativere Zahlen seitens der Gemeinden und Länder aufgewogen."
„Die verbesserten Zahlen des Bundes werden leider durch negativere Zahlen seitens der Gemeinden und Länder aufgewogen.“Barbara Eibinger-MiedlFinanzstaatssekretärin (ÖVP)
Unterm Strich sei man "auf Kurs". Klar sei aber, dass auf Ebene der Länder und Gemeinden nachjustiert werden muss. Derzeit werde ein neuer Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verhandelt, wo festgelegt werde, wer wie viele Schulden machen darf. "Dieser neue Stabilitätspakt soll bis Jahresende das Parlament passieren. Jetzt im Herbst ist die heiße Phase der Verhandlungen. Die Bundesländer sind gerade dabei, ihre Budgets für 2026 zu erstellen. Insofern haben wir zeitnah konkretes Datenmaterial."
Ob es besonders schlimme "Budgetsünder" gebe? "Ich werde mich hüten, auf ein Land mit dem Finger zu zeigen", sagt Eibinger-Miedl – "aber natürlich gibt es hier Länder, die größere Herausforderungen haben".
Datentransparenz sei entscheidend: "Auf Bundesebene ist es selbstverständlich, jeden Monat Budgetberichte vorzulegen." Diese Art der Veröffentlichungen kenne sie aus ihrer Zeit als Landespolitikerin nicht, sagt Eibinger-Miedl. Der Datenfluss von den Ländern zum Bund sei Teil der aktuellen Verhandlungen.
Erst im zweiten Halbjahr würde sich die Wirkung der meisten Sparmaßnahmen zeigen, erklärt Eibinger-Miedl: "Das Doppelbudget 2025/26 wurde im Juni im Parlament beschlossen. Das heißt, dass sich die Sanierungsmaßnahmen erst in der zweiten Jahreshälfte niederschlagen. Das sieht man auch schon bei den ersten Monatsberichten für August, auch für September."
Besonders ins Gewicht fallen große Brocken: "Die Abschaffung des Klimabonus schlägt mit rund zwei Milliarden Euro zu Buche. Das Aus für die Bildungskarenz wird sich ebenso im zweiten Halbjahr zeigen."
Zusätzlich fließen im zweiten Halbjahr "Sonderbeiträge der Banken, auch der Energiewirtschaft – in Summe rund 500 Millionen Euro". Auch die Europäische Union überweist kräftig: "Von der EU sind Ende September 1,6 Milliarden Euro geflossen – Refundierungen für bereits umgesetzte Projekte."
Der Staatshaushalt hängt nicht zuletzt stark von der Konjunkturentwicklung ab. Eibinger-Miedl: "Wir haben vorsichtig budgetiert, im Frühjahr bei der Budgeterstellung sogar mit einer schrumpfenden Wirtschaft gerechnet, mit einem Minus von 0,3 Prozent. Schon im Juni wurde die Prognose auf 0,0 Prozent korrigiert. Dass sich die Wirtschaft etwas besser entwickelt, hilft uns."
Die Gemeinden stöhnen unter finanziellen Engpässen, haben hohe Ausgaben etwa für den Ausbau der Kinderbetreuung und im Sozialbereich. Andererseits sind sie einnahmenseitig nicht flexibel. Wird es da eine Hilfestellung geben, etwa in Form der Erhöhung der Grundsteuer, die ja den Gemeinden zufließt?
„Wir müssen die Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden klarer ordnen.“Barbara Eibinger-MiedlFinanzstaatssekretärin (ÖVP)
Eibinger-Miedl: "Das ist eine Überlegung, die vor allem die Gemeinden selbst aufgebracht haben. Ich möchte aber darauf verweisen, dass wir im heurigen Jahr bereits einiges für die Gemeinden getan haben. Aus den einnahmenseitigen Erlösen des Bundes wird über die Ertragsanteile einiges an Länder und Gemeinden weitergegeben. Und wir haben das Kommunalinvestitionsprogramm so umgebaut, dass es Finanzierungszuweisungen sind, ohne Auflagen."
Wesentliche Aufgabe sei, "sich für die Zukunft die Systeme anzuschauen. Wir müssen die Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden klarer ordnen."
Besonders in Bildung, Gesundheit und Verwaltung brauche es "nachhaltige Reformen, Vereinfachung und Deregulierung". Daher habe man die "Reformpartnerschaft" mit den Ländern vereinbart, die in verschiedenen Arbeitsgruppen bereits verhandelt werde.
"Das geht nicht von heute auf morgen", betont Eibinger-Miedl: "Entscheidend ist, dass es das Bekenntnis gibt, dass wir diese Bereiche angehen und mit der Arbeit begonnen haben."
Österreich hat wegen seines riesigen Budgetlochs in einem EU-Defizitverfahren am Hals. Ist Brüssel bisher zufrieden mit unseren Maßnahmen? Eibinger-Miedl: "Wir haben der EU angekündigt, dass wir heuer ein Defizit von 4,5 Prozent anpeilen. Mit den jetzigen Zahlen können wir das untermauern."
„Es gibt nach wie vor Unsicherheitsfaktoren. Und es kann immer Unvorhergesehenes passieren.“Barbara Eibinger-MiedlFinanzstaatssekretärin (ÖVP)
Für 2026 werden nicht alle Pensionisten die volle Inflationsabgeltung erhalten, außerdem wird die bereits beschlossene Lohnerhöhung für die Beamten gerade verhandelt. Beides Maßnahmen für 2026, die im Doppelbudget nicht enthalten sind. Müssen wir uns auf neue Sparpakete einstellen, damit der Budgetkurs auch 2026 hält?
„Ziel ist es, den Haushalt so aufzustellen, dass wir auch Krisen bewältigen können, ohne dass es uns aus der Bahn wirft.“Barbara Eibinger-MiedlFinanzstaatssekretärin (ÖVP)
Dazu sagt Eibinger-Miedl: "Wir müssen für die nächsten Jahre sehr sorgsam haushalten. Das EU-Defizitverfahren möchten wir bis 2028 beendet haben. Entsprechend müssen wir den Staatshaushalt einnahmen- wie ausgabenseitig konsolidieren. Es gibt nach wie vor Unsicherheitsfaktoren. Und es kann immer Unvorhergesehenes passieren – wie die Hochwasserkatastrophen, die sich im vergangenen Jahr budgetär niedergeschlagen haben. Unser Ziel ist es, den Haushalt so aufzustellen, dass wir auch solche Krisen bewältigen können, ohne dass es uns aus der Bahn wirft."
Ob im Finanzministerium im Hintergrund schon an neuen Steuern für den Fall der Fälle gearbeitet werde? Eibinger-Miedl nennt andere Maßnahmen: "Wir arbeiten im Hintergrund neben dem Stabilitätspakt einerseits mit einer Taskforce daran, bei den Förderungen für die nächsten Jahre effizienter zu werden. Und wir verhandeln gerade ein Betrugsbekämpfungspaket gegen Steuer-, aber auch gegen Sozialbetrug."