Die deutsche Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel sorgte am Mittwoch (26.11.) im deutschen Fernsehen für Aufsehen: "Wir alle haben nicht vermocht, alle, ich, alle anderen haben nicht vermocht, diesen Krieg zu verhindern", so frühere Regierungschefin in der Talkshow "phoenix persönlich".
Hintergrund ist ein früheres Interview Merkels mit einem ungarischen Journalisten. Sie hatte damals geschildert, dass sie 2021 ein neues Dialogformat mit Wladimir Putin angestrebt habe, das aber von Polen und den baltischen Staaten blockiert worden wäre. Kurz darauf folgte die russische Invasion.
Das wurde von Kritikern als Schuldzuweisung seitens der CDU-Politikerin gewertet. Doch dies sei aus dem Kontext gerissen und eine "absolut falsche Auslegung" ihrer Worte: "Das wurde gar nicht gesagt. Es ist über zeitliche Abläufe gesprochen worden", so Merkel. "Das konnte nur jemand so auffassen, dass man das als Fake News bezeichnen muss."
In "phoenix persönlich" präzisiert die Altkanzlerin, dass sie den Eindruck hatte, dass es in der Folge der Corona-Pandemie, als es überhaupt keine persönlichen Kontakte mehr gab, das Minsker Abkommen alleine nicht mehr ausreichen würde, um die Ukraine zu schützen. "Dass da eine ernsthafte Gefahr ist, das war mir seit vielen vielen Jahren klar."
Ihr Grundsatz, damals wie heute, sei immer gewesen, dass Dialog unumgänglich ist: "Wenn ich in der internationalen Politik etwas erreichen will, muss ich auch mit Menschen sprechen, die eine völlig andere Überzeugung und völlig andere Meinung haben. Ansonsten hat die Diplomatie keinen Raum mehr."
Wenige Tage bevor sie diesen Vorschlag für ein neues Dialogformat im Europäischen Rat gemacht habe, hatte sich der amerikanische Präsident Joe Biden mit Putin getroffen. "Ich fand es nicht gut, dass wir Europäer nicht das Gespräch mit Putin suchen und das den Amerikanern überlassen."
Dennoch habe es die damals die Ablehnung der Balten gegeben, "als EU" direkt mit Putin zu sprechen. "Das habe ich einfach noch einmal erwähnt. Damit ist aber keine Schuldzuweisung verbunden, wer für den Krieg verantwortlich ist", betont Merkel.
Sie selbst schied wenige Monate später, im Dezember 2021, nach 16 Jahren Regierung aus dem Amt. Den Kreml-Despoten hatte sie noch Ende August ein letztes Mal persönlich in Moskau getroffen:
Im Februar 2022 gab Putin schließlich den Angriffsbefehl: "Er hat unsere Welt verändert. Das ist eine Aggression der Russischen Föderation und Wladimir Putins. Insofern gibt es an den Gegebenheiten gar keine Zweifel zu setzen."
Weder Polen noch die baltischen Staaten treffe eine Mitschuld: "Wir alle haben nicht vermocht, alle, ich, alle anderen, haben nicht vermocht, diesen Krieg zu verhindern. Inklusive auch der Gespräche mit den Amerikanern", hält die deutsche Ex-Kanzlerin somit ein für alle Mal fest.