Seit knapp einer Woche spaziert Elch "Emil" quer durch Österreich. Aus Tschechien kommend, hat er es sich zuletzt in Niederösterreich bequem gemacht. Jetzt wurde das Tier an der Stadtgrenze von Wien gesichtet.
Vermutlich am 18. August spazierte Emil los, vom tschechischen Břeclav über Poysdorf kommend. Seine erste gesicherte Sichtung in Österreich erfolgte bei Großkrut im Bezirk Mistelbach, wo Autofahrer staunten, als der tonnenschwere Vierbeiner plötzlich auf der Fahrbahn stand.
Ein Lenker schilderte im Gespräch mit "Heute" seine Verwunderung: "Hüpft der über das Auto?", fragte sich der Mann.
Auch ein Biker begegnete Emil am Dienstagabend auf einem Radweg im Raum Mistelbach. Von dort zog das Tier weiter, tauchte an Verkehrs-Hotspots auf und wurde binnen Tagen zum Kulttier. Immer wieder hielten Autofahrer und Passanten an, um Fotos zu machen.
Selbst Bahnlinien legte Emil lahm: Am Bahnhof in Bisamberg mussten Züge gestoppt werden, bis er den Gleisbereich wieder verlassen hatte. Schließlich landete er mitten in Korneuburg, wo er sogar auf dem Golfplatz graste und später im Stadtgebiet beobachtet wurde. Am Sonntagabend erreichte Emil schließlich die Wiener Stadtgrenze!
Dass ein Elch tagelang durch Niederösterreich spaziert, ist ein seltenes Ereignis. "Alle paar Jahre taucht einmal ein Elch im Norden Österreichs auf", erklärt Hans Grundner, Forstdirektor-Stellvertreter beim Forst- und Jagdwesen. Das letzte große Ereignis liege 20 bis 25 Jahre zurück. Emil gilt rechtlich als Wild mit ganzjähriger Schonzeit – wie Luchs und Wolf – und darf daher nicht geschossen werden. Auch Sender oder Peilmarken werden nicht angebracht.
Der Pressesprecher des Niederösterreichischen Jagdverbands, Michael Oberbichler, sagt, dass solche Wanderungen nicht komplett untypisch sind: Sie legen weite Strecken zurück, um neue Reviere zu erkunden. Bislang zeigt Emil ein ruhiges und friedliches Verhalten. Deshalb appelliert das Wildtierservice Wien an die Bevölkerung, das Tier nicht zu stören.
Die Polizei warnt vor übermäßiger Nähe oder Kameraführung: Jede Bedrohung könnte Emil ängstigen und unberechenbar machen. In Wien bereitet sich das Wildtierservice bereits auf mögliche Begegnungen vor. Leiter Günther Annerl betonte im ORF-Interview: "Die beste Lösung wäre, wenn Emil von selbst wieder zurückzieht."
Land Niederösterreich, die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg, Polizei und Jagdverband stehen in ständigem Kontakt. Straßen und Plätze werden in Korneuburg gesichert, sobald das Tier auftaucht. Unterstützt werden die Einsatzkräfte punktuell durch Drohnen mit Wärmebildkameras. Ziel aller Maßnahmen ist es, Mensch und Tier zu schützen und Emil so wenig wie möglich zu beunruhigen.
Trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen wurde Emil jetzt doch einmal aufgescheucht: Mitten in Korneuburg geriet das Tier dermaßen in Panik, dass es sich in schnellem Lauf in Richtung A22 bewegte. Bei der Abfahrt Korneuburg Ost sah Emil offenbar keinen anderen Ausweg und betrat die Fahrbahn. Passanten hatten die Polizei alamiert.
Mit drei Fahrzeugen blockierte diese schließlich die Auffahrt zur Autobahn, sodass ein Unfall verhindert werden konnte. Doch die Absperrung hatte gleichzeitig den Effekt, dass das verängstigte Tier abrupt umkehrte und zwischen den Büschen in Richtung Floridsdorf verschwand.
Seitdem durchsuchen die Einsatzkräfte die Umgebung. Aus dem zuvor ruhigen Emil ist ein scheuer, nervöser Vierbeiner geworden, der sich nur schwer einfangen lässt. In Korneuburg konnte er bisher nicht wieder gesichtet werden – trotz zahlreicher Streifen. Die Suche wird vermutlich noch einige Zeit andauern, während Einsatzkräfte weiter darauf achten, dass sowohl Emil als auch Passanten sicher bleiben.