Die Freisprüche für die zehn Angeklagten (16 bis 21 Jahre) Ende September am Wiener Straflandesgericht sorgte nicht nur im Gerichtssaal für große Aufregung: Zwei Beschuldigten wurde sexuelle Nötigung, dem Rest die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung vorgeworfen – "Heute" berichtete mehrfach über den Prozess.
Die Burschen sollen in unterschiedlichen Konstellationen zwischen März und Juni 2023 in Favoriten etwa in einem Hotelzimmer, in Stiegenhäusern und einem Hobbyraum sexuelle Handlungen an der damals 12-jährigen Anna-Sophia (Name geändert) gegen deren Willen vorgenommen haben. Das Mädchen soll immer wieder "Nein" und "Ich will das nicht" gesagt haben.
Alle Angeklagten – fünf davon sind vorbestraft – hatten sich nicht schuldig bekannt. Der (Jugend-)Schöffensenat befand die Burschen, allesamt mit Migrationshintergrund, nach knapp einstündiger Beratung für nicht schuldig – das Urteil war allerdings nicht rechtskräftig. Während die Mutter von Anna-Sophia in Tränen ausbrach, grinsten die Angeklagten und klatschten sich gegenseitig ab.
Wie der "Kurier" berichtet, legte die Staatsanwaltschaft keine Beschwerde gegen die Freisprüche ein. Begründet wurde dies damit, dass im Urteil keine Nichtigkeitsgründe erkennbar und das Urteil in sich schlüssig seien. Am Donnerstag läuft die Frist für die Rechtsmittel aus, die Freisprüche für die zehn Angeklagten werden damit wohl rechtskräftig.
Der vielfach kritisierte Richter rechtfertigte die Freisprüche mit zahlreichen Widersprüchen. So hatte etwa eine Zeugin, eine ehemalige Freundin und Klassenkollegin von Anna-Sophia, ausgesagt, dass die damals 12-Jährige nie erwähnt hätte, dass sie zu den sexuellen Handlungen gezwungen worden sei. Sie habe auch schon viel früher (vor den Vorfällen, Anm.) Sex gehabt.
Als weiterer "Beweis" dafür, dass Anna-Sophia nicht die Wahrheit gesagt hatte und die sexuellen Handlungen einvernehmlich waren, wurde auch eine Chat-Nachricht an ihren Ex-Freund (18) angeführt. Nachdem dieser von den sexuellen Handlungen mit den anderen Burschen erfahren hatte und sich von der 12-Jährigen trennen wollte, schrieb sie: "Junge, ich bereue es. Ich mach' das nie wieder, was in der Vergangenheit passiert ist. Bitte lass uns reden." Da half auch die Aussage des Ex-Freundes – er wies im Prozess große Erinnerungslücken auf – zu den Vorfällen nicht: "Sie hat mir gesagt, dass sie es nicht wollte."
Weiters wurde ins Treffen geführt, dass Anna-Sophia in der ersten Polizeiaussage und später dann in der kontradiktorischen Vernehmung unterschiedliche Aussagen gemacht hatte – somit wurde die Glaubwürdigkeit des Mädchens stark angezweifelt.
Für die Mutter von Anna-Sophia war das Urteil ein Schlag ins Gesicht: "Es ist für mich eine Katastrophe. Es war mir zwar klar, dass es aufgrund der dünnen Beweise so ausfallen wird. Das Schlimme ist aber nicht das Urteil selbst, sondern wie Anna-Sophia im Gerichtssaal hingestellt wurde", meinte sie nach der Urteilsverkündung zu "Heute".