Haartransplantationen gehören zu den häufigsten Schönheitseingriffen bei Männern. Doch auch immer mehr Frauen interessieren sich für die Methode, bei der eigene Haarwurzeln entnommen und an anderer Stelle wieder eingesetzt werden. Dabei spricht man von sogenannten Grafts. Eine Studie der International Society of Hair Restoration Surgery (ISHRS) zeigt: Zwischen 2021 und 2024 ist der Anteil der Frauen, die sich für eine Haartransplantation entscheiden, um 16,5 Prozent gewachsen.
Auch in den sozialen Medien macht sich der Trend bemerkbar. Junge Frauen verkleinern ihre hohe Stirn oder wollen den Haarausfall am Ansatz bekämpfen – und teilen ihre Reise von der Operation bis zur Heilung. Eine von ihnen ist TikTokerin Yas. Ihr beliebtestes Video hat fast 40 Millionen Aufrufe. Sie zeigt sich direkt nach der OP, mit Kruste auf den implantierten Stellen und einer rasierten Stelle am Hinterkopf, die als Spenderareal diente. "Deine größte Unsicherheit war deine hohe Stirn, also bist du mit 16 in die Türkei geflogen, um eine Haartransplantation zu bekommen", schreibt sie zum Clip.
In den Kommentaren bekommt sie für ihre Entscheidung viel Kritik. Jemand schreibt etwa: "Es ist ungleichmäßig geworden." Eine andere Person sagt: "Ich bin froh, dass ich mich damals dagegen entschieden habe." Genauso häufig liest man aber "Ich möchte das auch machen, was hast du gezahlt?" oder "Das sieht so gut aus, gib mir alle Infos".
Doch ganz so einfach ist es bei Frauen nicht, wie die Schweizer Chirurgin und Expertin für Haarausfall Yeliz Balci gegenüber "20 Minuten" erklärt:
"Frauen reagieren bei Haarausfall sehr früh. Das ist gut, denn eine Haartransplantation, die bei den meisten Männern funktioniert, ist nicht immer möglich", so Balci. Das liege an den unterschiedlichen Ursachen für Haarausfall. "Bei Männern ist Haarausfall zu über 80 Prozent anlagebedingt."
Zwar spielt auch bei Frauen die genetische Veranlagung eine Rolle, aber, so die Chirurgin: "Auch Eisenmangel, Vitaminmangel, hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren oder nach einer Schwangerschaft, Schilddrüsenerkrankungen oder Stress können Haarausfall verursachen." Bei Frauen seien solche Gründe weitaus häufiger ein Faktor.
Die Unterschiede spiegeln sich in der Art des Haarausfalls wider. "Während Männer häufig von Haarausfall am Oberkopf betroffen sind, sehen wir bei Frauen oft diffusen Haarausfall", so die Ärztin. Das heißt, dass die Haare über den Kopf verteilt lichter werden – auch am Hinterkopf, wo bei Männern oft starke Follikel sitzen, die man gut verpflanzen könne. "Bei diffusem Haarausfall können wir nur wenige Grafts entnehmen und raten von einer Haartransplantation ab." Bei schlechter Beratung besteht die Chance, dass die transplantierten Haare später ausfallen, weil sie ebenfalls vom Haarausfall betroffen sind.
„Bei diffusem Haarausfall können wir nur wenige Grafts entnehmen und raten von einer Haartransplantation ab.“
"Therapien wie PRP oder die medikamentöse Behandlung ergeben mehr Sinn – vorausgesetzt, man klärt zuerst die Ursache für den Haarausfall ab und behandelt diese." Dr. Balci nennt ein Beispiel: "Wenn jemand an kreisrundem Haarausfall leidet, ist das eine Autoimmunerkrankung. Der Körper stößt die Haarfollikel ab." Natürlich könne man dann für viel Geld operieren. "Aber auch die transplantierten Haare würden wieder abgestoßen." Auch wer wegen Stress Haare verliere und versuche, mit einer Transplantation dagegen anzuarbeiten, könne sich nicht viel erhoffen.
Noch etwas schreckt viele Frauen ab: "Wenn wir mehr Grafts benötigen, müssen wir im Hinterkopfbereich entsprechend mehr rasieren. Die Stelle wird schwieriger zu verstecken." Werden nur wenige Grafts benötigt, reicht es laut der Chirurgin aus, ein kleines Fenster zu rasieren, das man mit den restlichen Haaren verstecken könne.
Auch die Gründe für den Wunsch nach einer Haartransplantation unterscheiden sich bei den Geschlechtern. Dr. Balci sagt: "Während Männer sich meist dichteres Haar am Oberkopf wünschen, geht es vielen Frauen um eine Verdichtung oder Versetzung der Haarlinie. Ist es nur ein kleiner Bereich, ist eine Operation eher möglich."
"Wenn sich die Haare im Stirnbereich bereits komplett zurückgebildet haben oder nie da waren, ist die Transplantation die einzige Möglichkeit, zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen." Bei leichter Ausdünnung rät die Ärztin hingegen zu einer Behandlung mit PRP und Medikamenten.
In Österreich starten die Preise bei rund 4.000 Euro. Je nach Ausprägung des Haarausfalls und betroffenem Bereich fällt der Preis höher aus.