Schwägerin der Austro-Geisel

"Haben Vater, Tante, Onkel getötet" – Hilferuf in Wien

Shaked Haran besucht zur Zeit Wien. Die Frau aus Israel vertritt eine Geiselfamilie, beschreibt jetzt auch ihr tragisches Schicksal.
Michael Pollak
06.08.2025, 11:28
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Das Leid kennt kein Ende. "Dutzende Terroristen griffen unser Haus von allen Seiten an", Shaked Haran erinnert sich im Interview mit "Heute" an die dunkle Zeit. Die Anwältin aus Israel erzählt vom Horror, als fast ein Dutzend Mitglieder ihrer Familie Opfer von Hamas-Terroristen wurden.

Es war der 7. Oktober 2023, im Haus von Shaked Harans Eltern fand ein großes Familientreffen statt: "Meine Schwester Adi und ihr Mann Tal (er hat auch die österreichische Staatsbürgerschaft) sowie ihre Kinder besuchten meine Eltern, gemeinsam mit der Schwester meines Vaters und ihrer Tochter. Also waren acht Personen in diesem Haus. Mein Onkel und meine Tante waren im Nachbarhaus."

"Sie entführten die Frauen, die Kinder"

Dann begann der Angriff. Es war Samstagfrüh. In Israel schliefen die meisten noch, als Tausende Terroristen aus Gaza ins Land eindrangen und in Wohnsiedlungen (Kibbuzim) eindrangen, mordeten, vergewaltigten und niederbrannten. Zunächst dachte die Familie an einen der regelmäßigen – und leider hier zum Alltag gehörenden – Raketenangriffe. Dann wurde ihnen bewusst, dass Hamas-Terroristen direkt um ihr Haus standen: "Die Männer holten meinen Vater und Tal heraus, bald danach alle Frauen und Kinder. Sie entführten die Frauen, Kinder und Tal (die österreichische Geisel) und ermordeten meinen Vater, meine Tante und meinen Onkel sowie die Pflegekraft meines Onkels."

Gewissheit über die Lage gab es noch lange nicht. "Das wahre Ausmaß erfuhren wir erst Tage später, weil alles im Chaos versank. Das Massaker im Kibbuz Be’eri war so schlimm, dass man uns nicht sagen konnte, wer ermordet wurde, wer noch lebt." Schließlich erfuhr Haran, dass sieben enge Verwandte entführt und drei ermordet worden waren. Tal, ihr österreichischer Schwager, war 505 Tage lang Geisel der Terroristen, bis er schließlich im Februar freikam.

"Wir begannen dann den Kampf unseres Lebens, um zu retten, wen wir retten konnten", sagt Haran 22 Monate später in Wien. Sie reiste hierher als Sprecherin einer weiteren Geisel. Evyatar David (24) ist seit Herbst 2023 seinen Peinigern, den Hamas-Terroristen, ausgesetzt. Er wird von ihnen in einem dunklen, engen Tunnel unter Gaza gehalten. "Jeden Tag wird mein Körper schwächer, ich spüre, es ist bald aus mit mir", sagt er mit schwacher, gebrochener Stimme in einem vor wenigen Tagen veröffentlichten Video der Geiselnehmer – es sorgte weltweit für einen Aufschrei.

David ist völlig ausgemergelt, sieht aus wie ein Skelett. "Ich habe keine Ahnung, ob ich heute was zu essen bekomme", sagt er. Tagelang, so erzählt Evyatar David im Video, muss er ohne Nahrung auskommen. Er musste in Gefangenschaft sogar sein eigenes Grab ausschaufeln.

"Noch schlimmer, als wir uns vorgestellt haben"

Im "Heute"-Gespräch sagt Shaked Haran: "Dieses Video ist verheerend. Sein Zustand erinnert uns alle, dass für die Geiseln keine Zeit bleibt. Es ist noch schlimmer, als wir uns vorgestellt haben" (siehe auch Video oben).

Auf dem Nova Musikfestival töteten Terroristen 364 Menschen, nahmen 40 als Geiseln. Einer von ihnen war Evyatar.
AP / picturedesk.com

Die Familie dieser Geisel durchlebt die Hölle. Evyatar spricht im Video vom Sterben, "meine Zeit läuft ab", sagt er. Die Sprecherin der Familie zu "Heute": "Seine Verwandten beschreiben ihn als sehr, sehr stark. Aber wir wissen von dem, was mein Schwager erzählt hat, nachdem er freikam, selbst wenn man sehr stark ist, ist es fast unmöglich, durchzuhalten. Es ist nicht nur körperliche Folter – sie setzen dich allen möglichen Foltermethoden aus. Ständig sagen sie dir, dass du nie freikommen wirst, dass sich niemand für dich interessiert."

"Globaler Druck" soll Freilassung ermöglichen

Shaked Haran kämpft seit dem Terroranschlag um die Freilassung der Geiseln. Sie glaubt, es gibt einen Weg, das zu erreichen: "Es ist fast unmöglich, diese Art von Terror mit den moralischen Standards der westlichen Welt zu bekämpfen. Ich denke, ohne die internationale Gemeinschaft, ohne ihre klare Anerkennung dessen, was Hamas wirklich ist – eine Terrororganisation –, ist es fast unmöglich, diesen Krieg zu gewinnen.  Es sollte globaler Druck auf Hamas aufgebaut werden, um eine sofortige Freilassung der Geiseln zu erwirken. Dann gibt es wohl auch eine sofortige Deeskalation."

{title && {title} } POM, {title && {title} } Akt. 06.08.2025, 17:00, 06.08.2025, 11:28
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